Drei Dinge, die bei Frankreich gegen Deutschland auffielen: Der Kroos-Effekt befreit die Nagelsmann-Elf
Der Kaderumbruch ist gelungen, der Start ins EM-Jahr geglückt. Die deutsche Nationalmannschaft hat Frankreich mit 2:0 geschlagen und gegen den Vizeweltmeister einen überzeugenden Auftritt hingelegt. Dabei stach Rückkehrer Toni Kroos ebenso hervor wie ein taktischer Schachzug von Bundestrainer Julian Nagelsmann. Drei Dinge, die uns bei Frankreich gegen Deutschland auffielen.
Deutschland siegt im Härtetest gegen Frankreich
Quelle: SID
Die deutsche Nationalmannschaft ist beim Freundschaftsspiel gegen Frankreich durch einen überzeugenden 2:0-Sieg erfolgreich in das EM-Jahr 2024 gestartet.
Das Blitztor von Florian Wirtz zum 1:0 nach rund sieben Sekunden brachte das Team von Bundestrainer Julian Nagelsmann früh auf die Siegerstraße.
Dabei wusste die Elf des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) auch gegen den Ball zu überzeugen und spielte erstmals seit knapp einem Jahr wieder zu null.
Gefeierter Held des Tages war aber Rückkehrer Toni Kroos, der dem Spiel der Deutschen direkt seinen Stempel aufdrücken konnte.
1.) Der Kroos-Effekt wirkt sofort
Das Comeback von Toni Kroos hätte kaum besser losgehen können. Keine zehn Sekunden dauerte es, da hatte der Routinier bereits einen Assist gesammelt.
In seinem ersten Spiel für die deutsche Nationalmannschaft seit fast drei Jahren zeigte der 34-Jährige, wieso er vor seiner Rückkehr als Heilmittel für die fußballerische Depression der DFB-Elf angepriesen worden war.
/origin-imgresizer.eurosport.com/2024/03/23/3935960-79951968-2560-1440.jpg)
Thomas Müller (li.) mit Toni Kroos (re.)
Fotocredit: Imago
Der Star von Real Madrid brachte Ruhe und Sicherheit ins Spiel, die nach den schwierigen Jahren in der Vergangenheit scheinbar unwiederbringlich verloren gegangen waren. Es gab längere Ballbesitzphasen, hinter Pässen steckte eine merkliche Spiel-Idee - ganz wie in den besten Zeiten des deutschen Fußballs.
Aber auch gegen den Ball war der Kroos-Effekt mehr als spürbar: Etwa in der 26. Minute, als der Weltmeister von 2014 mit einem taktischen Foul auf Höhe der Mittellinie den Spiel-Rhythmus unterbrach, nachdem die Franzosen gleich mehrmals gefährlich vor das Tor von Marc-André ter Stegen gekommen waren.
Oder in der zweiten Halbzeit, als Kroos in der 60. Minute mit einer Monstergrätsche gegen seinen Vereinskollegen Aurélien Tchouaméni ein deutliches Zeichen setzte, nachdem Dayot Upamecano hart gegen Havertz eingestiegen war. Die Botschaft: Wir lassen uns nicht herumschubsen.
Ganz nebenbei lenkte der fünfmalige Champions-League-Sieger mit lautstarker Kommunikation auch noch die deutsche Defensive, die den französischen Sturm um Kylian Mbappé zwar nicht ausschaltete, aber über weite Strecken unerwartet stark in Schach hielt.
Nach Abpfiff wollte Kroos jedoch nichts davon wissen, der alleinige Grund für den Umschwung beim DFB gewesen zu sein. Er sei "ganz sicher nicht" die Ursache für die spürbare Veränderung, so der Routinier.
"Es wurde ja einiges geändert", sagte er, bevor den Fokus auf seine Mitspieler legte: "Wenn ich zum Beispiel Maxi Mittelstädt sehe, der sein erstes Länderspiel macht, wie abgeklärt der das heute gespielt hat. Das ist absolut hervorzuheben." Worte eines echten Führungsspielers.
2.) Deutschland kann wieder Mannschaft
Eine weitere erfreuliche Erkenntnis des Härtetests gegen Frankreich: Die DFB-Elf funktioniert wieder als Mannschaft - und zwar nicht im Sinne der abgedroschenen Marketingphrase, die zunehmend zum Symbol für die deutsche Krise geworden war.
Während bei den katastrophalen Auftritten gegen die Türkei (2:3) und Österreich (0:2) der Eindruck einer Truppe von Einzelkämpfern entstanden war, die zufällig in denselben Trikots auf dem Rasen agierten, war es gegen Frankreich ganz anders.
Kein einziges Mal war im Groupama Stadion in Lyon zu sehen, dass ein Spieler einen Zweikampf abschenkte oder gar in einer Umschaltsituation stehen blieb. Stattdessen arbeiteten die "Nagelsmänner" im Verbund gegen den Ball.
Die drei "Zehner" Jamal Musiala, Ilkay Gündogan und Florian Wirtz verschoben in einer lange nicht gesehenen Synchronität, während Kai Havertz den jeweils Ball-führenden Franzosen anlief. Das erschwerte den Spielaufbau der "Bleus" enorm, da gleichzeitig die Viererkette im deutschen Rückraum gegen Mbappé, Marcus Thuram und Ousmane Dembélé absicherte.
Ein weiteres Beispiel: die Zusammenarbeit von Joshua Kimmich und Antonio Rüdiger, die auf der rechten Abwehrseite immer wieder eng zusammenrückten, wenn Mbappé in die Mitte zog und so die Geschwindigkeitsnachteile im Eins-gegen-Eins aufhoben.
Da passte auch Torhüter ter Stegen gut ins Bild. Der Keeper des FC Barcelona hatte in einem der laut Nagelsmann "unangenehmsten Gespräche, die ich geführt habe", vom Bundestrainer mitgeteilt bekommen, dass er als Nummer zwei hinter Manuel Neuer in die Heim-EM gehen wird.
Doch von Verbitterung keine Spur. Ter Stegen gab sich keine Blöße und zeigte einen seiner stärksten Auftritt im DFB-Trikot in der jüngeren Vergangenheit, pointiert durch seine Weltklasse-Parade, als er bei einem Chip-Ball von Mbappé in der ersten Halbzeit gerade noch den linken Arm hochriss und den sicher geglaubten Ausgleich zum 1:1 verhinderte.
In Sachen Teamgeist durfte Comebacker Kroos natürlich nicht fehlen. Nagelsmann hob dessen Aktion, bei der er Tchouaméni "mit Ball aus den Schuhen gegrätscht hat" (O-Ton Nagelsmann im "ZDF") noch einmal exemplarisch für das neue Mannschaftsgefühl hervor.
Ins gleiche Horn stieß Debütant Mittelstädt, der nach Abpfiff im "ZDF" die Geschlossenheit im Team betonte. Es sei ihm leicht gemacht worden, sich in die Mannschaft einzufügen, sagte er und schwärmte: "Ich glaube, hier entsteht etwas Großes. Das hat man heute im Ansatz gesehen, dass wir Bock haben zu spielen und uns miteinander sehr gut verstehen und sehr gut harmonieren."
3. Die Hochbegabten finden sich
Mit der Aufstellung von Musiala, Gündogan und Wirtz hinter der Sturmspitze Havertz wählte Nagelsmann gegen Frankreich eine ungewöhnliche Formation ohne klassische Außenspieler.
Doch der taktische Winkelzug des Bundestrainers ging auf - vor allem, weil die ebenso jungen wie hochbegabten Stars Musiala, Wirtz und Havertz zum ersten Mal gemeinsam harmonierten.
Das war zu keinem Zeitpunkt besser ersichtlich als beim 2:0 durch Havertz, das das Trio in Eigenregie herausgespielt hatte.
/origin-imgresizer.eurosport.com/2024/03/24/3935988-79952528-2560-1440.jpg)
Jubel im DFB-Team: Jamal Musiala, Kai Havertz und Florian Wirtz
Fotocredit: Imago
Der in die Tiefe stoßende Musiala wurde traumhaft von Wirtz bedient, zog nach außen, riss so ein Loch für den kreuzenden Havertz und dribbelte Torwart Brice Samba aus. Das perfekt sitzende Zuspiel des Bayern-Youngsters nahm der Arsenal-Profi Havertz direkt und schweißte den Ball in das französische Tor - Fußball kann so einfach sein.
Auch sonst bereiteten die Hochbegabten der erfahrenen Abwehr der Franzosen ein ums andere Mal Probleme. Insbesondere nach dem Seitenwechsel, als die deutsche Mannschaft mit der Zwei-Tore-Führung im Rücken mit zunehmend mehr Selbstbewusstsein auftrat, blitzte der Spielwitz und die Kreativität der drei Profis immer wieder auf.
Dabei schien vor allem Wirtz von seinem Blitztreffer zum 1:0 zu profitieren, der zudem sein erstes Länderspieltor markierte. "Ich bin froh, dass ich endlich mein erstes Tor für Deutschland geschossen habe", sagte der Spielmacher von Bayer Leverkusen sichtlich erleichtert im "ZDF".
Angesichts der Offensiv-Kraft, die das Trio gegen den amtierenden Vizeweltmeister entfaltete, dürfte Nagelsmann seine Drei-Zehner-Taktik bestätigt sehen. Ein Umstand, dem der wegen seiner Rot-Sperre fehlende Leroy Sané mit Blick auf die EM kaum mit so viel Enthusiasmus begegnen dürfte wie der Rest des Landes.
Das könnte Dich auch interessieren:Kane reist aus England ab - Bayern bangt um Superstar für BVB-Duell
/origin-imgresizer.eurosport.com/2024/03/14/3929220-79817168-2560-1440.jpg)
Knalliges Pink: Gewagtes EM-Trikot für Nationalmannschaft
Quelle: Eurosport
Werbung
Werbung
/origin-imgresizer.eurosport.com/2024/09/16/image-7b588819-c629-4120-80b7-28d29eeec768-68-310-310.jpeg)