3 Dinge, die bei Iran gegen Spanien auffielen: Ein Presslufthammer gegen den persischen Beton
Die krasse Defensivtaktik des Iran mit Sechserkette geht beim 0:1 gegen Spanien fast auf. Fernando Hierro muss in der Pause einen wichtigen Punkt anmahnen. Andrés Iniesta beweist schließlich, dass er auch in einem eher schwachen Spiel noch Gold wert sein kann. Und Diego Costa hat einen Lauf, bei dem man auch mal mit dem Knie trifft. Was uns beim spanischen Sieg in Gruppe B auffiel.
Diego Costa (Iran vs. Spanien)
Fotocredit: Getty Images
1. Persischer Beton
Formell im 4-1-4-1 gestartet, nagelte Iran die Außenverteidiger eng an den Innenverteidigern am eigenen Sechzehnereck fest und zog die beiden äußeren Mittelfeldspieler soweit nach außen zurück, dass man mit einer Sechserkette verteidigte (6-3-1).
Spanien spiegelte das: Hinten hielt es nur Gerard Piqué, Sergio Ramos gesellte sich im Spielaufbau fast auf die Höhe von Sergio Busquets und Dani Carvajal, während alle anderen rund um den Strafraum Alarm machen wollten (1-3-6).
Irans Plan jedoch, Spaniens Spiel mit der Sechserkette trichterförmig nach innen zu leiten, wo die Selección den Ball dann zwangsläufig an eins der vielen Beine verlieren musste, klappte vor allem in der ersten Halbzeit hervorragend: Spanien ging zwar mit 82 Prozent, aber eben auch ohne Torerfolg und im Grunde auch ohne hundertprozentige Torchance in die Pause.
Das sah auch der spanische Coach. "Wir wollten nach der Pause mehr über die Flügel kommen und ich glaube wir hatten dann auch sehr gute 20 Minuten", sagte Fernando Hierro nach der Partie, gestand aber auch ein, dass Iran ein schwerer Gegner gewesen ist - der durch Karim Ansarifard beinahe sogar in Führung gegangen wäre (53.).
Der in der Startelf vorgenommene Wechsel in der Offensive - Lucas Vázquez statt Koke - sollte dem spanischen Spiel mehr Breite verleihen und Vázquez gemeinsam mit dem zurückgekehrten Carvajal die gegen Portugal eher offensivschwache rechte Seite verstärken. Doch Vázquez rechtfertigte den Vorzug vor beispielsweise Marco Asensio mit seiner Leistung nicht, blieb zu oft in der iranischen Abwehr hängen oder brachte seine Flanken nicht an. So war die linke Seite mit Isco erneut deutlich aktiver.
"Dass sie sich so hinten reinstellen gehört zum Spiel", sagte Carvajal nach der Partie, schimpfte aber auch ein bisschen:
Wenn den Spaniern etwas fehlt, dann gefährliche Außenstürmer, die im Eins-gegen-Eins einen Gegenspieler auseinandernehmen und von der Grundlinie in den Rücken der Abwehr spielen können, wenngleich dies zumindest dem fleißigen Isco (138 Ballkontakte!) gegen den Iran ein paar Mal sehr gut gelang.
Trotz der Niederlage war Irans Coach Carlos Queiroz sehr stolz:
2. Iniesta ist der Schlüssel
Isco war sicher der Stärkste bei Spanien, aber es war gewiss kein Zufall, dass nur Andrés Iniesta beim 1:0 einen Raum fand, der eigentlich nicht da war und mit seinem Zuspiel in die Drehung von Diego Costa das Spiel mitentschied.
Der 34-Jährige spielt sein letztes großes Turnier, ehe er nach der WM zu Vissel Kobe wechselt und aller Voraussicht nach seine Nationalmannschaftskarriere beendet.
Wer Iniesta jedoch nach seinem emotionalen Abschied vom FC Barcelona für einen WM-Tourist hält, der täuscht sich: die Genialität des Spielers mit der Nummer sechs sticht immer wieder durch und ist immer noch atemberaubend - auch wenn er sich deutlich längere Kunstpausen gönnt als früher noch.
Das Aber: Iniesta wurde ansonsten vom Iran sehr gut aus dem letzten Spieldrittel gehalten. Seine Puste reichte auch diesmal nur bis Minute 70 und mit seiner Auswechslung veränderte sich erneut die Statik des spanischen Spiels.
In der Schlussphase jedenfalls kam der Iran vermehrt zu Ballgewinnen und hätte beinahe noch den Ausgleich erzielt. "Wir hatten viele Schwierigkeiten gegen dieses Team", musste auch Hierro zugeben. Und meinte, auf Iniestas angeblich dürftige Leistung angesprochen:
So schlecht war Iniesta dann aber gar nicht.
3. Presslufthammer Costa
Diego Costa war 2014 angeschlagen und 2016 nicht nominiert - 2018 jedoch gibt er Spanien jedoch eine wichtige Zutat: die Brechstange.
Gegen Portugal schon zweimal (1:1, 2:2) höchst mittelstürmeresk erfolgreich, war der Angreifer von Atlético Madrid auch gegen den Iran Dosenöffner (54.) wie letztlich Matchwinner.
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Diego Costa (Spanien vs. Iran)
Fotocredit: Getty Images
Costas auffälligste Szene in Halbzeit eins war noch, als er dem iranischen Torwart leicht auf die Zehen latschte; ansonsten trabte er recht gut gedeckt im iranischen Deckungsverband umher und lauerte auf Zuspiele und Flanken (die er nicht bekam).
Als sich dann aber doch einmal knapp 40 Zentimeter Raum boten, bot er Andrés Iniesta den logischen Passweg an, drehte sich schnell um die eigene Achse und bugsierte den Ball schließlich mit purem Willen, seinem linken Knie, aber auch einer großen Portion Glück über die Linie (was Costa im Interview danach zugab).
"Wir wussten, dass wir gegen sie Geduld brauchen werden", sagte Costa auch noch: "Ich bin sehr froh, wie es gelaufen ist, denn das Wichtigste war einfach zu gewinnen."
Dass er am Ende weniger Ballkontakte als Torwart David de Gea (22:25) hatte - völlig egal, wenn man in seinem neunten Startelfeinsatz für Spanien das neunte Tor schießt und bei dieser WM mit vier Torschüssen bereits dreimal erfolgreich war.
"Er ist sehr entschlossen und kann sogar noch besser spielen", sagte Hierro. "Er arbeitet vorne und hinten hervorragend mit."
Die Kür zum "Man of the Match" war aber vielleicht des Guten zu viel, auch wenn er das Spiel de facto entschied - die Auszeichnung hätte eher Isco gebührt.
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