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Opinion
FußballWM

WM 2018: Oliver Bierhoff denkt laut über Mesut Özil nach: Große Chance vertan

Florian Bogner

Update 06/07/2018 um 11:23 GMT+2 Uhr

Oliver Bierhoff sorgte mit einem Interview zum WM-Aus der deutschen Nationalmannschaft für Aufsehen, weil er sagt, "man hätte überlegen müssen, ob man sportlich auf Mesut Özil verzichtet". Bei der Begründung dieser Aussage bleibt er jedoch seltsam vage - und gibt damit der unsäglichen Erdogan-Debatte und denen, den sie nützt, nur noch mehr Feuer.

Oliver Bierhoff und Mesut Özil

Fotocredit: Imago

Ein Kommentar von Florian Bogner
"Man hätte überlegen müssen, ob man sportlich auf Özil verzichtet", sagt Oliver Bierhoff, Manager der deutschen Nationalmannschaften, in einem Interview mit der "Welt" und tut damit weder sich noch dem DFB einen Gefallen.
Man hat nun wirklich nicht erwartet, dass Bierhoff nur neun Tage nach dem WM-Aus gegen Südkorea schon handfeste Antworten oder gar die vom DFB-Präsidium geforderte umfangreiche Analyse des Scheiterns bieten kann.
Man hat aber erst recht nicht erwartet, dass der Manager der Nationalmannschaft zwischen all dem lauten Nachdenken und Rechtfertigungen, die er in seinem Interview zum Ausdruck bringt, der mittlerweile unsäglich gewordenen Erdogan-Debatte noch ein weiteres, unrühmliches Kapitel hinzufügt, in dem er durch Andeutungen einen einzelnen Spieler anzählt.

Bierhoff macht viele vage Andeutungen

Was genau meint Bierhoff denn, wenn er sagt, "man müsse eben auch mal festhalten, dass Mesut das, was von ihm erwartet wurde, aus bestimmten und offensichtlichen Gründen so hätte nicht sagen können"? Dass Özil mit Erdogan private Kontakte pflegt und sich eben nicht öffentlich von seinem Bekannten distanzieren konnte? Wem dient es, dass Bierhoff das so zum Ausdruck bringt?
Statt im Stile des #zsmmn-Hashtags pro Mesut Özil Stellung zu beziehen oder eben klar einzugestehen, einen Fehler begangen zu haben, die Spieler für ihre Foto-Aktion nicht sanktioniert zu haben, bleibt Bierhoff vage und zaudernd. Eine Haltung, die der Nationalmannschaft als Gesamtkonstrukt angesichts der schleichenden Entfremdung von der eigenen Fanbasis nicht im Geringsten hilft.
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Löw und Bierhoff werden von "Maulwürfen" attackiert

Fotocredit: SID

Gilt es denn nicht auch für ihn selbst, dass, wie er in einer anderen Passage des Interviews so wunderbar sagte, bei der Aufarbeitung des WM-Debakels "zunächst die Analyse stehen" müsse, man generell "keine Alibis suchen" darf und "differenzieren" müsse, und es vor allem nicht darum gehe, "ein paar Schuldige auszudeuten"?
Statt im Nebel der eigenen Überlegungen zu stochern, hätte Bierhoff bei diesem ausführlichen, offensichtlich mit Bedacht gewählten Interviewtermin zumindest Haltung annehmen und sich prima gegen alles, was das Erdogan-Regime in der Türkei symbolisiert, stellen, als auch die Foto-Aktion entschieden verbal verurteilen können - energischer und differenzierter jedenfalls, als es alle DFB-Beteiligten bisher getan haben.

Keine Aktion à la Durmaz zu erwarten

Noch viel mehr hätte man sich allerdings erhofft, Bierhoff hätte sich in diesem Interview auch endlich mal gegen die rechten Strömungen im eigenen Land gestellt, gegen all die hetzenden Pöbler und AfD-Politiker, die seit - der unbestritten schwachen - Foto-Aktion der zwei Nationalspieler keine Gelegenheit mehr auslassen, den Rücktritt beider aus der Nationalmannschaft zu fordern, oder gleich das gesamte WM-Versagen krakeelend alleine an diesen beiden "Türken" festzumachen.
Man wagt ja längst nicht mehr von einem vergleichbaren Statement wie das der schwedischen Nationalmannschaft zu träumen, die sich ohne großes Tamtam am Tag nach vergleichbar nicht zu tolerierenden Anfeindungen gegen den nicht schwedischstämmigen, aber in Schweden geborenen (Parallelen erkannt?) Jimmy Durmaz, hinter ihren Spieler stellten und entschlossen klar machten: Fuck Racism!
Unterm Strich bleibt: große Chance zur Aufklärung und Richtigstellung vertan. Dafür noch viel mehr Fragen aufgeworfen.
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