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EM 2022 - Deutschlands Traum platzt in Wembley: Kelly schießt England in der Verlängerung zum Titel

Celine Jäntsch

Update 31/07/2022 um 21:22 GMT+2 Uhr

Deutschlands EM-Traum in Wembley ist geplatzt. Die Mannschaft von Martina Voss-Tecklenburg unterlag England 1:2 nach Verlängerung. Chloe Kelly (111.) erzielte den entscheidenden Treffer kurz vor Schluss. In der regulären Spielzeit hatte Lina Magull (79.) die englische Führung von Ella Toone (62.) nach einem herrlichen Spielzug ausgeglichen und die DFB-Elf somit in die Verlängerung gerettet.

Chloe Kelly erzielt den Siegtreffer

Fotocredit: Getty Images

Die Partie hatte noch gar nicht angefangen, da ereilte die deutsche Mannschaft und Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg eine erste Hiobsbotschaft: Kapitänin und Top-Torschützin Alexandra Popp hatte sich beim Aufwärmen verletzt und fiel kurzfristig mit muskulären Problemen aus. Ersetzt wurde sie von Lea Schüller, die selbst nach dem Auftaktspiel gegen Dänemark mit einer Corona-Infektion ausgefallen war.
So entwickelte sich vor 87.192 Zuschauern im Londoner Wembley-Stadion eine intensive, von vielen Zweikämpfen und hitzigen Duellen geprägte Partie. Einem ersten Abschluss für die Engländerinnen durch Ellen White (4.) folgte ein ordentlicher Schussversuch von Sara Däbritz (10.).
Nach knapp 20 Minuten prüfte dann Lucy Bronze Merle Frohms im deutschen Tor mit einem Kopfball (19.). Kurz darauf brannte es lichterloh im englischen Strafraum: Eine Ecke von Lina Magull flog gefährlich vors Tor, wo Marina Hegering im Getümmel irgendwie an den Ball kam. Mit vereinten Kräften konnten Englands Kapitänin Leah Williamson und Torhüterin Mary Earps die Situation aber schließlich bereinigen (26.).
Auf der anderen Seite vergab White kurz vor der Pause die beste Möglichkeit für die "Lionesses": Beth Mead, aus abseitsverdächtiger Position gestartet, war rechts frei durch und spielte zurück in den Sechzehner, wo White aus 14 Metern mit ihrer Direktabnahme nur knapp drüber zielte (38.). Bis zur Pause passierte nichts mehr.
Die deutsche Elf kam mit viel Druck aus der Kabine. Nach einem Fehler von Millie Bright war die eingewechselte Tabea Waßmuth frei durch, ihr Abschluss aus sieben Metern halblinker Position konnte Earps aber nicht gefährden (48.). Wenig später kam Magull aus 13 Metern zum Abschluss, zielte aus zentraler Position nur knapp links vorbei (50.).
England hatte Glück – und ging dann mitten in dieser starken deutsche Phase in Führung. Ein langer Ball von Keira Walsh hebelte die Innenverteidigung um Hegering und Kathrin Hendrich aus, im Zentrum war die eingewechselte Ella Toone durch, blieb vor Frohms eiskalt und hob den Ball über die deutsche Torhüterin hinweg ins Tor (62.).
Die Deutschen aber ließen sich von diesem Rückschlag nicht unterkriegen und bauten mehr und mehr Druck auf die englische Hintermannschaft auf. Martina Voss-Tecklenburg reagierte und brachte zunächst Nicole Anyomi für Lea Schüller (67.) und schließlich Sydney Lohman für Däbritz (73.). Vor allem Letztere brachte viel Schwung in die Partie und war auch am verdienten Ausgleich beteiligt: So steckte Lohmann rechts durch zu Waßmuth, die am ersten Pfosten Magull bediente. Die Bayern-Akteurin stand goldrichtig und schoss mit links ein (79.).
Deutschland war nun obenauf – ein Treffer gelang der DFB-Elf allerdings nicht mehr. So ging es nach 90 Minuten in die Verlängerung.
Dort blieben klare Torchancen für beide Mannschaften zunächst aus. Erst in der zweiten Halbzeit wurde es dann wieder so richtig spannend. Nach einer Ecke von der rechten Seite verlängerte Bronze zu Chloe Kelly, die den Ball aus kurzer Distanz durch die Beine von Frohms über die Linie stocherte (111.).
Von diesem Gegenschlag konnte sich die deutsche Mannschaft nicht mehr erholen. Im Gegenteil: Alessia Russo verpasste mit ihrem wuchtigen Abschluss noch das 3:1 – Frohms parierte stark (117.).
So feierten die "Lionesses" nach 122 umkämpften Minuten ihren ersten großen Titel überhaupt – während sich die DFB-Elf nach einem überragenden Turnier und ebenbürtigem Finalauftritt knapp geschlagen geben musste.

Die Stimmen zum Spiel:

Svenja Huth (Deutschland): "Es tut gerade einfach nur weh. Wir haben 120 Minuten hier alles gegeben, wir haben uns auch von dem Rückstand nicht beirren lassen. Wir wollten das zweite Tor machen. Und jetzt tut es einfach nur weh. Poppi war noch mit zum Aufwärmen und wollte gucken, wie es funktioniert. Lea war aber schon darauf vorbereitet, spielen zu müssen. Und das hat sie dann auch getan, sie ist auch eine unglaublich tolle Stürmerin. Ich glaube, jetzt müssen wir erst einmal die nächsten Stunden sacken lassen. Ich glaube aber, dass wir morgen schon wieder nach vorne blicken können und stolz auf unsere Leistung sein können."
Martina Voss-Tecklenburg (Bundestrainerin): "Wir waren nah dran. England hat im eigenen Land aber dem Druck standgehalten. Glückwunsch an die Engländerinnen. Alexandra Popp hätte auch beim Gegner etwas ausgelöst mit ihrer Präsenz. Aber es ging einfach nicht. Wir sind todtraurig, dass wir verloren haben. Wir sind in einem Prozess, es hat nicht ganz gereicht. Also müssen wir noch ein bisschen mehr tun. Wir wachsen an solchen Spielen."
Bernd Neuendorf (DFB-Präsident): "Unsere Mannschaft hat den deutschen Fußball bei der EM herausragend vertreten, daran ändert auch die Finalniederlage gegen die großartigen Gastgeberinnen aus England nichts. Unsere Spielerinnen haben das ganze Land begeistert, sie sind sympathisch, authentisch und nahbar aufgetreten, sie leben echten Teamgeist vor. Besonders herausheben möchte ich unsere Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg. Die Entwicklung der Mannschaft trägt ihre Handschrift."
Heike Ullrich (DFB-Generalsekretärin): "Es ist sehr schade, dass es heute nicht zum neunten EM-Titel gereicht hat. Trotzdem hat die Mannschaft ein herausragendes Turnier gespielt und kann sehr stolz auf sich sein. Unsere Spielerinnen haben mit ihrer couragierten und leidenschaftlichen Art eine riesige Begeisterungswelle in Deutschland ausgelöst. Jetzt gilt es, genau diese Begeisterung in die neue Saison der Frauen-Bundesliga mitzunehmen, denn in der Liga sind die meisten unserer EURO-Heldinnen zu sehen."
Oliver Bierhoff (DFB-Geschäftsführer): "Dieses großartige Turnier unserer Mannschaft hätte den Titelgewinn als würdigen Abschluss verdient gehabt. Im DFB haben wir für unsere Mannschaften das Motto vorgegeben: Zurück an die Weltspitze. Die Auftritte unserer Mannschaft in England waren trotz der Finalniederlage vom ersten Spiel an bis zum Schluss ganz große Klasse, dieses Turnier wird ein Meilenstein für die Entwicklung des Frauenfußballs in Deutschland sein. Diese Leistung unserer Nationalmannschaft gibt dem gesamten DFB nochmal Extra-Motivation mit Blick auf die Ende des Jahres anstehende Weltmeisterschaft der Männer."

Der Tweet zum Spiel:

Football is coming home.

Das fiel auf: Popp-Ausfall konnte nicht kompensiert werden

Es war der Schock kurz vor dem Anpfiff: Alexandra Popp, Kapitänin und mit sechs Turniertreffern die beste Torschützin, musste mit muskulären Problemen passen. Lea Schüller, gerade erst zu Deutschlands Fußballerin des Jahres ausgezeichnet, musste von Beginn ran. Die Akteurin vom FC Bayern München hatte sich nach dem ersten Gruppenspiel mit dem Coronavirus infiziert und seither keine Einsatzminute mehr gehabt. Der fehlende Rhythmus war ihr dann auch anzumerken, im Vergleich zu Popp wirkte Schüller im Strafraum weniger präsent. Und auch die Mentalität, der unbedingte Wille und das Durchsetzungsvermögen, wodurch die Kapitänin sich auszeichnet, fehlten merklich. Sicher, auch ein Einsatz von Popp wäre keine Garantie für den Europameistertitel gewesen. Ein anderes Spiel wäre mit Sicherheit dabei herausgekommen.

Die Statistik: 1

Englands Fußballfrauen feiern den ersten großen Titel überhaupt, Deutschland hingegen verliert zum ersten Mal ein Finale bei einer Europameisterschaft.
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Voss-Tecklenburg bewertet Entwicklung: "Prämien ändern nichts..."

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