Drei Dinge, die beim Finaleinzug der DFB-Frauen gegen Frankreich auffielen: Popp und die gierigen Piranhas

Andreas Lehner

Update 28/07/2022 um 09:35 GMT+2 Uhr

Der Klassiker steht an: Deutschland fordert im Endspiel der Frauen-EM 2022 England in Wembley. Im Halbfinale setzte sich die große Lust der deutschen Damen am Verteidigen gegen die individuelle Klasse der Französinnen durch. Wie schon in den Spielen zuvor konnte sich die DFB-Elf auf ihre Stürmerin Alexandra Popp verlassen. Die zog mit einer Legende gleich. Drei Dinge, die auffielen.

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Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft steht im Endspiel der EM 2022 und trifft dort im Traumfinale auf Gastgeber England in Wembley.
Die Mannschaft von Trainerin Martina Voss-Tecklenburg setzte sich im Halbfinale dank eines Doppelpacks von Alexandra Popp (40./76.) mit 2:1 gegen Frankreich durch.
Der zwischenzeitliche Ausgleich und das erste Gegentor der deutschen Damen war ein unglückliches Eigentor von Torhütern Merle Frohms (45.).
Drei Dinge, die uns beim 2:1 der DFB-Elf gegen Frankreich im EM-Halbfinale auffielen:

1. Die große Lust am Verteidigen

Deutschlands Liebe für hohes Anlaufen und aggressives Pressing hatte sich bei diesem Turnier natürlich auch bis ins Teamquartier der Französinnen herumgesprochen. Und so hatte es sich die Equipe tricolore offensichtlich auf die Fahne geschrieben, den Deutschen keine Chance für hohe Balleroberungen zu geben.
Die Französinnen agierten abwartend, gingen wenig Risiko und überließen den Deutschen über weite Strecken den Ball. Dass die DFB-Damen aber nicht nur dem hohen Pressing zugeneigt sind, sondern eine grundsätzliche Lust am Verteidigen entwickelt haben, wurde in diesem Halbfinale deutlich sichtbar.
Nach Ballverlust arbeiteten die Deutschen immer wieder im Team zurück. Wie ein Schwarm Piranhas jagten sie die Französinnen und holten sich in Überzahlduellen mit drei oder vier Spielerinnen die Bälle zurück. Jürgen Klopp, der den DFB-Damen vor dem Halbfinale noch eine Video-Botschaft zukommen hat lassen, dürfte seine wahre Freude gehabt haben.
"Es war Wahnsinn, wie wir heute verteidigt haben und alles reingeworfen haben", sagte Torhütern Frohms im "ZDF". "Wir wollten es einfach mehr und haben vorne die Tore gemacht."
Orchestriert wurde das Ganze von der überragenden Lena Oberdorf, die im defensiven Mittelfeld die Fäden zog und mit ihrer Zweikampfstärke den Ton für diese Partie und die deutsche Spielweise setzte.
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Lena Oberdorf zeigte gegen Frankreich eine überragende Vorstellung

Fotocredit: Getty Images

2. Frankreich vergisst sich selbst

In großen Spielen stellt sich immer wieder diese Frage: Wie sehr stellt man sich auf den Gegner ein oder zieht man sein Ding einfach durch? Wie groß der Respekt der Französinnen vor den Deutschen war, ließ sich an ihrer passiven Spielweise erkennen.
Frankreich war so darauf bedacht, Deutschland nicht in die Karten zu spielen, dass sie ihre eigenen Stärken in den meisten Phasen des Spiels vergaßen und somit auch nicht auf den Platz brachten. Die Französinnen hofften auf die individuelle Klasse ihrer Offensivspieler um Kadidiatou Diani und Delphine Cascarino sowie die Kopfballstärke von Wendie Renard bei Standardsituationen. Mehr war dann aber nicht.
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Deutschland steht im EM-Finale bei der Europameisterschaft in England

Fotocredit: Getty Images

Eine tragische Fehleinschätzung der französischen Trainerin Corinne Diacre. Denn zu was diese Elf im Stande ist, wurde immer erst nach den Gegentoren sichtbar. Dann spielte das Team aggressiver und mutiger nach vorne, setzte Deutschland gehörig unter Druck, kam gefährlich an den Strafraum und auch zu Abschlusssituationen.
Am Ende vertrauten sich die Französinnen und ihren Stärken zu wenig und hatten zu große Angst vorm Umschaltspiel der Deutschen.

3. Popp schreibt weiter Geschichte

Einen Rekord hatte Alexandra Popp schon nach dem Viertelfinale aufgestellt. Sie war die erste Frau, die in vier aufeinanderfolgenden EM-Spielen getroffen hatte. Mit ihrem Führungstreffer zum 1:0 gegen Frankreich egalisierte Popp auch die Bestmarke der Männer – gehalten ausgerechnet von Frankreichs Spielmacher-Legende Michel Platini, der bei der EM 1984 ebenfalls in fünf Spielen hintereinander traf.
Später ließ Popp per Kopf noch den Siegtreffer zum 2:1 folgen. Erstaunlich dabei: alle ihre sechs Turniertore hat sie fast aus der gleichen Position im Strafraum gemacht.
Nach zwei aufgrund von Verletzungen verpassten EM-Endrunden läuft es für Popp in England wie am Schnürchen. Dabei war sie nach langer Knieblessur und Corona-Infektion Mitte Juni gar nicht erste Wahl. Da aber Lea Schüller an COVID-19 erkrankte, rutschte Popp ins Sturmzentrum und führte Deutschland mit ihrem Doppelpack nun sogar ins Finale.
Dort kann sie sich dann die alleinige Rekordmarke sichern. Denn für Platini war nach neun Treffern in fünf Spielen Schluss, mehr Partien gab es bei der EM 1984 nicht.
"Ich kann das alles gar nicht in Worte fassen. Wir haben wirklich alles reingeworfen und sind so unfassbar glücklich“, sagte Popp im "ZDF": "Die Mannschaft ist geil. Kein Schwein hat mit uns gerechnet und jetzt stehen wir im Finale, gegen England, in Wembley. Das war unser Traum, unser Wunsch, den wir uns erfüllt haben. Ein Finale in Wembley, was Besseres gibt es nicht."
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