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Youngster der Woche: Italien-Talent Rugani - die Wachablösung der Großmeister

Dennis Melzer

Update 23/06/2017 um 19:18 GMT+2 Uhr

Sehen wir bei der U21-EM bei Italiens Talenten den Nachfolger von Giorgio Chiellini, Leonardo Bonucci und Andrea Barzagli? Viele Experten trauen dem Juventus-Youngster Daniele Rugani zu, nicht nur in Turin in die Fußstapfen seiner berühmten Lehrmeister und Landsleute zu treten. Wir stellen ihn Euch als unseren "Youngster der Woche" vor.

Daniele Rugani

Fotocredit: Imago

Es ist kurz nach 22.30 Uhr an diesem Samstagabend des 3. Juni 2017 in Cardiff. Eine lilafarbene Menschentraube jubelt, singt, feiert einen historischen Moment, während sie trübselig von ihren Kontrahenten beobachtet wird. Manch einer will gar nicht hinsehen, richtet seinen Blick ins Leere oder schließt die Augen.
Vereinzelt liegen sie sich in den Armen, trösten gegenseitig den soeben erfahrenen Schmerz. Mit 1:4 im Champions-League-Finale, dem Nonplusultra-Spiel, gegen Real Madrid verloren, weil man sich in der zweiten Halbzeit einer königlichen Dampfwalze ausgesetzt sah. Fassungslosigkeit.
Juventus Turin, das Sinnbild des Begriffs "Abwehrbollwerk", in seine Einzelteile zerlegt. Giorgio Chiellini, fährt sich mit der Hand durch sein kaum vorhandenes Haar, die Augen traurig, das sonst so markante Gesicht für einen kurzen Moment erstarrt. Leonardo Bonucci, die fleischgewordene Statue eines römischen Feldherrn, in sich zusammengefallen, daneben ein mit den Tränen kämpfender Andrea Barzagli.
Die drei Großmeister, die Herrscher über Raum und Gegner, am Boden. In dem Wissen, womöglich nie wieder die Chance zu haben, den prestigeträchtigen Henkelpott in die Höhe zu stemmen.
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Buffon, Bonucci - Juventus-Real Madrid - Champions League 2016/2017 - Getty Images

Fotocredit: Getty Images

Ein Top-Talent als Nachfolger?

Es könnte das letzte Mal gewesen sein, dass die legendärste Dreierkette der letzten Jahre gemeinsam in eine große Schlacht gezogen ist. Dem hohen Alter geschuldet, ist Barzagli doch bereits 36, Chiellini 32. Zudem soll Bonucci (30) mit einem Tapetenwechsel liebäugeln.
Wohl dem, der schon einen aufstrebenden Youngster in den eigenen Reihen hat, der auf lange Sicht das Potenzial mitbringt, das Erbe der Innenverteidiger-Dynastie anzutreten.
Die Alte Dame hat so jemanden in ihren Reihen: Daniele Rugani.
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Daniele Rugani

Fotocredit: Imago

In der Talentschmiede des FC Empoli ausgebildet, gibt Rugani sein Serie-A-Debüt am 31. August 2015. Zuvor hatte er bereits eine komplette Saison in der zweiten italienischen Liga absolviert, gar 40 Pflichtspieleinsätze auf die Uhr gebracht - und letztlich erheblichen Anteil am Aufstieg des Traditionsklubs aus der Toskana.
Im Oberhaus folgt eine noch viel beeindruckendere Statistik: Rugani kommt in allen Liga-Partien über die volle Distanz zum Einsatz und beendet die Spielzeit ohne eine einzige Karte gesehen zu haben.

Juventus sichert sich Vorkaufsrecht

Seine Stärken im Zweikampf, Stellungs- sowie Kopfballspiel haben zu diesem Zeitpunkt längst eine landesweite Welle der Begehrlichkeit ausgelöst, die allerdings wuchtig an einem schwarz-weiß-gestreiften Bergmassiv zerschellen sollte.
Juve hatte sich nämlich in weiser Voraussicht schon zwei Jahre zuvor die Transferrechte an dem Abwehrspezialisten gesichert, ihn - um Spielzeit zu generieren - aber zunächst seinem Heimatverein überlassen.
De facto wechselt Rugani im Sommer 2015 ins Piemont, wo er zunächst nahezu die komplette Hinserie Bekanntheit mit der harten Auswechselbank macht. Eine neue Erfahrung für den hochgewachsenen Rohdiamanten. Am Ende der Saison kommt der Emporkömmling häufiger zum Einsatz, darf neunmal in Folge 90 Minuten für die Bianconeri auf dem Platz stehen. Auch, weil zu diesem Zeitpunkt die fünfte Meisterschaft hintereinander in trockenen Tüchern ist.
"Der Trainer hat mir oft gesagt, dass ich aggressiver werden muss", begründet Rugani seine Reservistenrolle zunächst, weiß aber auch, dass er sich in Anbetracht der herausragenden Konkurrenz hinten anstellen muss:
Es ist eine Ehre, dieses Trikot zu tragen. Es macht mich stolz und glücklich. Ich habe Glück, drei Spieler wie Barzagli, Bonucci und Chiellini auf meiner Position zu haben. Spieler, die die Geschichte bei Juventus mitgeprägt haben. Und Spieler, von denen ich eine Menge lernen kann.
In der abgelaufenen Saison kommt Rugani häufiger für den Rekordmeister zum Einsatz, wird erstmals auch in die A-Nationalmannschaft Italiens berufen.
Der nächste Schritt quasi, auf dem Weg, eine neue Verteidiger-Generation im Verein sowie bei der Squadra Azzurra zu implementieren, wo ebenfalls lange Zeit kein Vorbeikommen am eingespielten Trio Barzagli, Bonucci und Chiellini war.
In der U21 hingegen, für die Rugani aufgrund seines Alters immer noch berechtigt ist, zu spielen, fungiert er schon als Anführer, nicht als Auszubildender. Während der aktuell in Polen stattfindenden Europameisterschaft, bei der Italien am Samstag auf Deutschland trifft, trägt er die Kapitänsbinde und verschafft sich bisweilen lautstark Respekt bei Mitspielern und Gegnern.
Die Tatsache, dass Rugani in seinen ersten beiden Jahren nur selten zum Turiner Stammpersonal zählte, ruft selbstverständlich eine Heerschar an Interessenten auf den Plan. Maurizio Sarri, Trainer beim Ligakonkurrenten SSC Neapel bezeichnet die Nachwuchshoffnung als "größtes Talent Italiens" und hinterlegt damit gleichzeitig seinen Wunsch, Rugani nach Süditalien zu locken.
Auch aus England und Spanien schneien reihenweise lukrative Offerten ins Haus, die sich angeblich nicht selten auf 30 Millionen Euro oder mehr belaufen. Dass die Juventus-Verantwortlichen jedes einzelne davon abschmettern, zeigt die Wertschätzung und das Ziel, Rugani als neuen Abwehrchef zu etablieren, sobald die Alten ausgedient haben.

Zwischen Demut und Selbstbewusstsein

"Eines Tages - wenn ich gut genug bin - möchte ich ihren Platz einnehmen", verrät Rugani selbstbewusst. Ein Selbstbewusstsein, das nicht von ungefähr kommt, hat er doch von den Besten seiner Zunft gelernt. Hört sich sein Wunsch noch nach ferner Zukunftsmusik an, könnte die Wachablösung in Juves Abwehrriegel entweder karriereende- oder wechselbedingt schneller vollzogen werden als Rugani denkt.
Und wer weiß - vielleicht sitzen die drei Fußball-Oldies eines Tages gemeinsam vor dem Fernseher, schauen sich das Champions-League-Finale 2027 an und staunen über den 32-jährigen Kapitän und Abwehrchef, der gerade den Pokal überreicht bekommt.
Was würden sie fühlen? Wohl eine Mischung aus Wehmut, es selbst nicht geschafft zu haben, aber gewiss auch Stolz, dass der Lehrling endlich in die Riege der Großmeister aufgestiegen ist.
Daniele Rugani im Steckbrief:
Geburtsdatum: 29. Juli 1994
Geburtsort: Sesto di Moriano
Nationalität: Italien
Größe: 1,90
Fuß: rechts
Derzeitiger Klub: Juventus Turin
Rückennummer: 24
Bisherige Klubs: FC Empoli
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