Nathalie Armbruster im exklusiven Eurosport-Interview: "Frauen sind im 21. Jahrhundert noch nicht gleichberechtigt"

Nathalie Armbruster sicherte sich in der vergangenen Saison mit nur 19 Jahren als erste Deutsche den Gesamtweltcup in der Nordischen Kombination. Im exklusiven Interview spricht der Shootingstar über Abiturstress, gewachsene Erwartungshaltungen und ihre Ziele für den Winter. Zudem übt sie Kritik am IOC, das Kombiniererinnen die Teilnahme an den Olympischen Spielen verwehrt.

Armbruster exklusiv: "Frauen sind noch immer nicht gleichberechtigt"

Quelle: Eurosport

Nathalie Armbruster avancierte im vergangenen Winter zum großen Shootingstar in der Nordischen Kombination, gewann mit nur 19 Jahren als erste Deutsche den Gesamtweltcup.
Bei den Olympischen Winterspielen wird sie zwar nicht aktiv dabei sein, da ihre Sportart die einzige ist, die aufgrund eines IOC-Vetos nach wie vor keine Teilnahme von Frauen vorsieht - eine Entscheidung, die Armbruster scharf kritisiert.
Dafür begleitet die Schwarzwälderin die Nordische Kombination am Eurosport-Mikrofon. Die erste deutsche Gesamtweltcup‑Siegerin ist am Mittwoch, den 11. Februar, zu Gast. In der täglichen Morgenshow wird sie ihre Einschätzungen abgeben und anschließend den Einzel‑Wettkampf der Männer von der Normalschanze mit kommentieren.
Vor der neuen Saison sprach sie am Rande der DSV-Einkleidung im Exklusiv-Interview über ihre großen Erfolge, den damit verbundenen Druck und den Spagat zwischen Leistungssport und Abitur.
Nathalie Armbruster, die neue Saison wirft ihren Schatten voraus. Wie groß ist die Vorfreude?
Nathalie Armbruster: Die Vorfreude ist riesig. Es ist verrückt, dass der Winter schon wieder vor der Tür steht. Der Sommer ging unglaublich schnell rum.
Wenn ich mir die Bilder anschaue oder zuhause die Glaskugel sehe, denke ich mir jedes Mal: "Was ist in der vergangenen Saison eigentlich alles passiert?"
Nathalie Armbruster Gesamtweltcupsiegerin – inwieweit haben Sie sich bereits an den Titel gewöhnt?
Armbruster: Es klingt immer noch surreal. Wenn ich mir die Bilder anschaue oder zuhause die Glaskugel sehe, denke ich mir jedes Mal: "Was ist in der vergangenen Saison eigentlich alles passiert?" Es war so viel, dass ich selbst kaum noch mitgekommen bin.
Sie haben in Seefeld ihren ersten von insgesamt drei Weltcupsiegen gefeiert – was war das für ein Gefühl, als es endlich mit dem ersten Sieg geklappt hat?
Armbruster: Es war unbeschreiblich, wirklich überwältigend. Bevor ich ins Rennen gegangen bin, wusste ich, dass etwas möglich sein würde. Als ich dann über die Ziellinie gelaufen bin, sind direkt die ersten Tränen geflossen. Es war traumhaft.
Was war schwieriger: Der erste Weltcupsieg oder das Abitur zu bestehen?
Armbruster: Das ist eine schwierige Frage (lacht). Es steckt bei beidem sehr viel Arbeit dahinter. Aus meiner Sicht war es gleich schwer. Ich musste für das Abitur hart büffeln, weil ich nur zu 50 Prozent in der Schule war. Ich musste also viel nachholen und mir einige Dinge selbst beibringen. Es war enorm hart, beides unter einen Hut zu bringen.
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Als erste Deutsche gewann Natalie Armbruster den Gesamtweltcup.

Fotocredit: Getty Images

Sie sind WM-Medaillengewinnerin, Gesamtweltcupsiegerin - können Sie das alles schon begreifen, was Sie in diesen jungen Jahren erreicht haben?
Armbruster: Ich habe mittlerweile drei Weltcupsiege und bin mit 19 Jahren Gesamtweltcupsiegerin. Ich komme nicht hinterher, auch hier passt das Wort surreal (lacht).
Wie gehen Sie mit dem Druck um und merken Sie, dass die Erwartungshaltung gestiegen ist?
Armbruster: Das Thema Druck ist im Leistungssport immer präsent. Ich habe es im vergangenen Jahr gemerkt, dass der Druck größer geworden war. Als ich zur WM gefahren bin, hatte ich das Gefühl, dass schon davon ausgegangen wurde, dass ich sowieso eine Medaille hole. Das war teilweise ein bisschen zu viel. Auch von meiner Seite, weil ich natürlich mit wachsendem Erfolg plötzlich auch andere Ansprüche an mich selbst hatte. Es ist nicht immer leicht.
Welche sportlichen Ziele haben Sie für die neue Saison, was haben Sie sich vorgenommen?
Armbruster: Es ist schwierig, etwas Konkretes zu formulieren. Ich möchte mich ein bisschen selbst davor schützen, zu hohe Ziele zu kommunizieren. Ich glaube, dass es aufgrund der erfolgreichen Vorsaison eine schwierige Saison wird. Ich kann eigentlich nur verlieren, aber es wäre schon cool, wenn ich wieder um die Top-Drei-Platzierungen im Gesamtweltcup kämpfen könnte.
Vor allem aber merkt man, dass Frauen im 21. Jahrhundert noch immer nicht gleichberechtigt sind. Das ist eine riesige Sauerei.
Fast alle Athleten und Athletinnen, die hier sind, dürfen von der Teilnahme an den Olympischen Spielen 2026 träumen. Sie sind leider außen vor, weil die Nordische Kombination der Frauen noch nicht olympisch ist. Wie seltsam ist es für Sie, wenn alle von Olympia reden und Sie wissen: "Ich werde nicht dabei sein"?
Armbruster: Es ist ein schwieriges Thema, es tut richtig, richtig weh. Wenn man das Menschen erzählt, die nicht aus dem Sport kommen, dann merkt man wieder, wie kurios das Ganze ist. Vor allem aber merkt man, dass Frauen im 21. Jahrhundert noch immer nicht gleichberechtigt sind. Das ist eine riesige Sauerei. Wenn ich im Februar zuhause sitze und mir die Spiele in dem Wissen anschaue, dass ich eigentlich auch dort wäre, wird es echt hart. Aber wir hoffen sehr auf 2030.
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Nathalie Armbruster gewann 2025/26 den Gesamtweltcup in der Nordischen Kombination

Fotocredit: Getty Images

Die Entscheidung über die olympische Zukunft der Nordischen Kombination generell fällt im kommenden Jahr. Wie sehr ist es ein zusätzlicher Ansporn, mit spannenden Wettkämpfen den Entscheidern zu zeigen, dass die Nordische Kombination mit Frauen-Bewerben unbedingt bei Olympia dabei sein muss?
Armbruster: Wir kämpfen und kämpfen, wir haben uns so extrem gesteigert in den vergangenen Jahren. Ich hoffe, das IOC schaut hin. Wir wollen zeigen, dass wir es verdient haben, bei Olympia dabei zu sein.
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Historischer Tag: So holt sich Armbruster den Gesamtweltcup

Quelle: Eurosport


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