Jan Ullrich lobt Florian Lipowitz nach Ventoux-Etappe der Tour de France: "Es ist richtig, dass er da nicht mitgeht"

Red Bull-Bora-hansgrohe hat die berüchtigte Bergankunft am Mont Ventoux genutzt, um sich im Kampf ums Podium bei der Tour de France 2025 nicht nur Luft zu verschaffen, sondern auch die teamtaktische Situation weiter zu verbessern. Das rang auch Ex-Tour-Sieger Jan Ullrich bei seinem Auftritt im Velo Club Respekt ab. Jetzt können sowohl Florian Lipowitz als auch Primoz Roglic von Platz 3 träumen.

Ullrich lobt Lipowitz: "Richtig, dass er nicht gleich mitgegangen ist"

Quelle: Eurosport

Florian Lipowitz und Primoz Roglic sind am 'Riesen der Provence' all ihren Kontrahenten ums Podium und das Weiße Trikot davongefahren und haben ihre Ausgangslage vor den beiden wohl entscheidenden Alpenetappen zum Col de la Loze und nach La Plagne weiter verbessert.
Der 24-jährige Deutsche hat nach der 16. Etappe 2:01 Minuten Vorsprung auf den Schotten Oscar Onley und auch dem elf Jahre älteren Slowenen fehlen nur noch 38 Sekunden zu Rang vier.
Das war das Produkt einer starken Mannschaftsleistung auf dieser 16. Tour-Etappe: Lipowitz und Roglic spielten ihre zahlenmäßige Überlegenheit mit abwechselnden Attacken aus und fuhren so Onley als letzten verbliebenen Gegner müde.
Und auch Mick van Dijke als in die Ausreißergruppe geschickte 'Relais-Station' funktionierte hervorragend, als er rund ums Chalet-Reynard ausgangs des Waldes eingeholt wurde und auf dem flachen Zwischenstück nochmal richtig Tempo bolzte für seine beiden Kapitäne.
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Lipowitz über Kampf am Mont Ventoux: "Nicht allzugute Beine"

Quelle: Eurosport

"Haben unser Spielt gespielt, wie wir es wollten"

"Wir haben unser Spiel gespielt, wie wir es wollten", freute sich der Sportliche Leiter Enrico Gasparotto am Eurosport-Mikrofon und lobte:
"Wir haben eine sehr gute Atmosphäre im Bus, die Jungs sind gut verbunden und Lipo selbst ist ein netter Mensch und hört gut zu. Ich habe schon zu Beginn der Tour angefangen, ihm die Finals zu erklären. Primoz hat mich dabei unterstützt, und wie sie heute das Finale gefahren sind, bedeutet mir sehr viel. Denn es zeigt, dass sie zuhören, wenn wir mit ihnen im Bus sprechen. Ich bin heute wirklich glücklich!"
Zu diesem Plan gehörte wohl auch, dass man sich von den erwarteten Tempoverschärfungen der Überflieger Jonas Vingegaard und Tadej Pogacar nicht aus der Ruhe bringen ließ. Roglic nutzte deren ersten Angriff, indem er auch aus dem Sattel ging und damit Onley ein erstes Mal unter Druck setzte, während Lipowitz am Hinterrad des direkten Kontrahenten abwartete, bis der das Loch zum Slowenen geschlossen hatte – und dann selbst attackierte.
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Vingegaard attackiert am Ventoux - Pogacar unter Druck

Quelle: Eurosport

Das gefiel auch Eurosport-Experte Jan Ullrich. "Florian macht alles richtig, dass er da nicht mitgeht", lobte der Tour-Sieger von 1997 im Velo Club. "Wenn er sich da einen reinfährt, also das Laktat in die Beine schießt, dann ist der Weg bis oben noch sehr, sehr lang und er verliert wahrscheinlich mehr Zeit", so der 51-Jährige. "Es war ein richtig guter Tag für Lipowitz. Er hat seinen dritten Platz gefestigt, das freut mich für ihn."
Nachdem van Dijke seine Arbeit als "Satellit" erledigt hatte, distanzierten Roglic und Lipowitz Onley in der Geröllwüste der oberen sechs Kilometer des Ventoux endgültig – und am Ende wartete der Slowene am Observatorium sogar noch etwas auf seinen deutschen Teamkollegen.

Denk lobt Roglic: "Ein ganz Großer der Szene"

"Primoz ist ein ganz Großer der Szene. Man sieht hier genau seine Klasse, und Klasse vergeht nicht. Er hat enorme Erfahrung und wirkte heute wirklich sehr stark, was mich sehr freut für ihn", war Red-Bull-Teamchef Ralph Denk am Eurosport-Mikrofon begeistert und auch Lipowitz sagte zur ARD: "Primoz und ich haben uns heute super ergänzt."
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Ullrich von Pogacar-Aussage überrascht: "Das wundert mich"

Quelle: Eurosport

Der 24-Jährige gestand, dass er "nach dem Ruhetag, ehrlich gesagt, noch ziemlich k.o." war, und so könnte es für Red Bull noch sehr wichtig werden, dass auch Roglic nun sehr nah an Onley herangerückt ist. Sollte Lipowitz in den Alpen widererwarten doch noch schwächeln, so könnte auch der Slowene den erhofften Podestplatz für sein Team noch einfahren. "Wir werden sehen. Wir sind momentan in einer sehr guten Position. Primoz will bei dieser Tour noch etwas machen, absolut", bestätigte auch Gasparotto.

"An der Spitze fahren die beiden Aliens"

Dass mehr als Rang drei nicht mehr drin sein dürfte, machte der Mont Ventoux aber auch klar. Pogacar und Vingegaard waren einmal mehr in einer eigenen Liga unterwegs. Der Eindruck von Hautacam, als Lipowitz auf den Dänen Vingegaard auf den letzten Kilometern Zeit gut gemacht hatte, hat sich inzwischen erledigt.
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Vingegaard greift Pogacar erneut an – und wird von Fan gestört

Quelle: Eurosport

Das unterstrich auch Ullrich: "Ich merke, dass ich manchmal davon träume, er (Lipowitz) würde eventuell sogar Jonas Vingegaard angreifen. Aber davon müssen wir uns verabschieden", meinte er. "An der Spitze fahren die beiden Aliens und deshalb sollte man sich voll auf den Podiumsplatz und das Weiße Trikot konzentrieren. Wenn er das nach Paris bringt, erfüllt er sich den Traum eines jeden Radprofis", gab Ullrich dem Team Red Bull-Bora-hansgrohe einen Rat.
Dem folgt das deutsche WorldTeam unter der sportlichen Leitung von Rolf Aldag ohnehin bereits. Das war auch am Ventoux wieder klar zu erkennen, als Roglic und Lipowitz sich voll darauf konzentrierten, Onley, Kévin Vauquelin, Felix Gall und Tobias Halland Johannessen zu distanzieren.
"Wir schauen von Tag zu Tag, aber unsere taktische Ausgangsposition ist sehr gut", sagte Denk. "Morgen ist es eine leichte Etappe, aber wir müssen konzentriert bleiben. Und dann kommen die Alpen und wir legen uns dafür den Plan zurecht."
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Ullrich von Pogacar-Aussage überrascht: "Das wundert mich"

Quelle: Eurosport

Neben dem Auftritt des deutschen Hoffnungsträgers und der deutschen Mannschaft sprach Ullrich im Velo Club auch über den der beiden Überflieger Pogacar und Vingegaard. Der 51-Jährige wundere sich, dass Pogacar am Ruhetag öffentlich über seine verstopfte Nase gesprochen hatte.

"Das hätte man zu meiner Zeit niemals gesagt"

"Wenn die Konkurrenz um deine Schwäche weiß, greift sie erst recht an und versucht die Situation auszunutzen. Das hätte man zu meiner Zeit niemals laut gesagt", meinte er, überlegte aber auch: "Ich weiß nicht, ob er das extra macht um die Konkurrenz auf den falschen Weg zu führen, oder ob er einfach nur ganz locker damit umgeht."
Gerade angesichts dieser Situation hatte Ullrich am Mont Ventoux den Angriff von Vingegaard früher erwartet, als knapp zehn Kilometer vor dem Ziel, wo der Däne zum ersten Mal antrat. "Alleine die Fahrer wissen, wie die Beine sind. Aber bei einem Rückstand von vier Minuten kann man meines Erachtens ein bisschen früher angreifen – wenn man sich gut fühlt – um Pogacar zu testen", so Ullrich, der insgesamt aber begeistert von dieser 112. Frankreich-Rundfahrt ist:
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Ullrich analysiert: "Um Pogacar zu testen kann man, früher angreifen"

Quelle: Eurosport

"Ich fiebere voll mit! Die Jungs zeigen Weltklasse-Sport. Die Tour de France ist extrem spannend! Ich habe den Vergleich: Als Fahrer nimmst Du es gar nicht so wahr – Du bist in Deiner Bubble, konzentrierst Dich jeden Tag. Aber von außen ist das anders. Deshalb verstehe ich jetzt die Aufregung bei den Fans, die tagtäglich mitfiebern oder sogar ihren Urlaub an der Strecke verbringen", sagte Ullrich. "Mir geht es genauso! Ich habe immer feuchte Hände, halte die deutsche Fahne hoch und drücke Florian Lipowitz die Daumen."
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Highlights: Paret-Peintre jubelt, Top-Favoriten eine Klasse für sich

Quelle: Eurosport


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