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Ronnie O'Sullivan in der Doku "The Edge is Everything": Höhen und Tiefen eines Snooker-Königs

Thomas Gaber

Update 29/11/2023 um 15:00 GMT+1 Uhr

Zwei Jahre lang wurde Ronnie O'Sullivan von einem Kamerateam begleitet - am Snooker-Tisch, im Wohnzimmer, sogar auf der Toilette. Herausgekommen ist die beeindruckende "Prime Video"-Dokumentation "The Edge is Everything". Ein 120-Minuten-Film, der sämtliche Höhen und Tiefen im Leben des siebenmaligen Snooker-Weltmeisters beleuchtet - und davon gab es sowohl als auch jede Menge.

Lange Rote? Kein Problem! O'Sullivan mit Leichtigkeit

Es ist der 2. Mai 2022. Ronnie O'Sullivan spielt im Crucible Theatre von Sheffield im WM-Finale gegen Judd Trump und dominiert die ersten beiden Sessions. Die Kamera ist dabei in der Umkleidenkabine, als "The Rocket" dennoch beginnt an sich zu zweifeln.
O'Sullivan ist am Rande des Nervenzusammenbruchs und wird vom Gedanken verfolgt, seinen großen Vorsprung zu verspielen. "Verdammt, ich fühle mich kaputt, Steve", sagt er zu seinem Psychiater Steve Peters, der O'Sullivan seit vielen Jahren betreut und zu den großen Turnieren begleitet.
Und tatsächlich - O'Sullivans Vorsprung schmilzt. Am Ende holt er dennoch seinen siebten WM-Titel und zieht mit Rekordchampion Stephen Hendry gleich. Was aber hängen bleibt, ist die Szenerie in der Kabine. Während er mit den Menschen um sich herum spricht, wird O'Sullivans Stimme immer schneller. Sein Gesicht zuckt. Er sieht gequält aus. Es scheint eine Panikattacke zu sein, obwohl O'Sullivan es als "Lampenfieber" bezeichnet.
Regisseur Sam Blair ist ein aufschlussreicher, teils lustiger, bisweilen aber auch beklemmender Dokumentarfilm gelungen, der seit 28. November auf "Prime Video" läuft, allerdings nicht in Deutschland. Die Aufnahmen, die O'Sullivan beim Weinen, Urinieren, Rauchen, Rülpsen und Fluchen zeigen, sind unverfälscht.

O'Sullivan spricht offen über Süchte und psychische Probleme

Das Leben des 47-Jährigen wird auf den Punkt gebracht: Er wird an Orte verfrachtet, an denen er nicht sein will, oft aus eigenem Antrieb, und muss damit fertig werden. Es ist seine Lebensgeschichte, in der zwei Seiten aufeinanderprallen: Der Introvertierte mit schwankender geistiger Gesundheit und das Sportgenie, das offen über seine Süchte und psychischen Probleme spricht.
In dem Film sieht man diesen Widerspruch in den Augen des schüchternen Teenagers, der ins Rampenlicht geworfen wird. Der Star, der nie um Ruhm buhlte und Menschenmengen hasst. Der Snooker-König, der das "böse" Crucible Theatre verachtet.
Der bemerkenswerteste Teil der Doku ist die Erinnerung seiner Familie an die Verhaftung seines Vaters wegen Mordes. Ronnie O'Sullivan Sr. gab seinem Sohn Inspiration, Ratschläge und Disziplin. Dann erstach er bei einer Schlägerei in einem Nachtclub den Fahrer des Gangsters Charlie Kray und wurde zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt.
O'Sullivan war erst 17 Jahre alt und im Film erinnert er sich weinend an die letzten Worte seines Vaters, als er von der Anklagebank heruntergeholt wurde: "Sag' meinem Jungen, er soll gewinnen."
"Als er wegging, hatte ich eine ganz besondere, enge Beziehung zu meinem Vater", sagt O'Sullivan. "Wir waren gemeinsam auf dem Weg, mich zum Snookerprofi zu machen. Als er nicht mehr da war, dachte ich, die Hälfte von mir wäre herausgeschnitten und weggenommen worden. Es war einfach furchtbar."

Ronnie O'Sullivan spielte auch für seinen Vater weiter

Der Film zeigt, wie O'Sullivan Sr. den jungen Ronnie zum Laufen zwang, um Gewicht zu verlieren. Sein Vater fuhr in einem Auto hinter ihm her, was O'Sullivan als "demütigend" beschreibt.
Letztlich habe er sich aber die Abschiedsworte seines Vaters zu Herzen genommen. "Als er das sagte, wusste ich, dass er es ernst meinte. Es war hart, aber ich glaube, das hat mich dazu gebracht, weiter zu spielen, weil ich nicht wollte, dass er sich schlecht fühlt oder von mir enttäuscht ist. Manchmal habe ich es mehr für meinen Vater getan als für mich selbst", so O'Sullivan.
Dass er seine Dämonen im WM-Finale 2022 besiegt hat, verdankt er übrigens den Kameras. "Sie haben mich angespornt, für mein neu gewonnenes Publikum zu liefern", sagte O'Sullivan.
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Faire Geste: O'Sullivan zeigt eigenes Foul an

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