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French Open: Chris-Evert-Interview: "Alex Zverev ist auf dem Weg, einen Grand-Slam-Titel zu holen"

Matias Peiroten

Update 21/05/2016 um 16:26 GMT+2 Uhr

Chris Evert ist mit sieben Titel Rekordchampion der French Open. Die 61-Jährige begleitet den Sandplatz-Klassiker in diesem Jahr als TV-Expertin für Eurosport. Im Interview mit Eurosport.de spricht sie über die Favoriten in Roland Garros, die Chancen von Angelique Kerber, den Fall Maria Scharapowa und die Zukunft des Tennis-Sports. Zudem outet sich Evert als großer Alexander-Zverev-Fan.

Chris Evert traut Alex Zverev viel zu

Fotocredit: Eurosport

Das Interview führte Matías Peiroten
Frau Evert, wer ist Ihrer Meinung nach Favorit bei den French Open?
Chris Evert: Ich denke, dass die diesjährigen French Open sehr interessant werden. Sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen ist das Feld sehr spannend. Es ist anders als zu der Zeit, als Rafael Nadal und Serena Williams dort dominiert haben. Besonders bei den Männern wird es sehr interessant. Vor allem weil Andy Murray derzeit richtig stark ist. Wir haben uns ja schon öfter gefragt, warum er sein Potenzial nie bei den French Open gezeigt hat.
Und das hat sich geändert?
Evert: Jetzt ist er in wirklich guter Verfassung und sehr solide bei den Schlägen von der Grundlinie. Der Sieg gegen Novak Djokovic in Rom war sehr motivierend für ihn. Er fühlt sich mittlerweile auch auf Sand sehr wohl und selbstbewusst. Ich bin sicher, dass der Sieg sehr gut für sein Selbstbewusstsein war.
Wie wirkt sich das Ergebnis von Rom auf Djokovic aus?
Evert: Ich denke sogar, dass es Djokovic gut getan hat, so kurz vor Paris noch einmal zu verlieren. Er hat so unfassbar viel gewonnen, da wird mit der Niederlage viel Druck von ihm abgefallen sein. Es ist eine Win-Win-Situation für den Verlierer und den Gewinner. Trotz der Niederlage in Rom wird Djokovic eine besondere Motivation mitbringen, da die French Open der einzige Grand-Slam-Event ist, den er noch nicht gewinnen konnte. Dann gibt es immer noch Rafael Nadal, der sich dieses Jahr auch wieder steigern konnte. Er macht einen viel selbstbewussteren Eindruck und bewegt sich besser. Außerdem hat Kei Nishikori auch schon viele gute Matches auf Sand gezeigt.
Wen würden Sie nennen, wenn Sie sich festlegen müssten?
Evert: Djokovic, Murray und Nadal sind für mich in jedem Fall die Topfavoriten und werden den Turniersieg unter sich ausmachen. Bei diesen Dreien gibt es keinen, bei dem du sagen kannst: 'Da setze ich mein ganzes Geld drauf. Der gewinnt das Turnier.'
Und bei den Damen?
Evert: Serena Williams. Sie ist einfach unglaublich. Sie kommt nach Wochen zurück und gewinnt sofort in Rom. Damit hat sie uns gezeigt, dass sie auch bei den French Open Favoritin ist.
Außerdem finde ich es toll, wie Simona Halep zurückgekehrt ist und wie sich Angelique Kerber auf Sand entwickelt hat. Man muss auch immer Victoria Azarenka auf dem Zettel haben. Das wird richtig spannend.
Apropos Angelique Kerber. Sie hat bereits das Sandplatzturnier in Stuttgart dieses Jahr gewonnen. Welche Chancen hat sie bei den French Open?
Evert: Sie hat auf jeden Fall gute Chancen. Sie ist mit Sicherheit zu den Top 3 oder Top 4 zu zählen. Sie hat gezeigt, wie gut sie auf Sand spielen kann. Allerdings hat sie dieses Jahr schon sehr viel gespielt. Einfach weil sie derzeit sehr erfolgreich ist und in jedem Turnier sehr weit kommt.
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Angelique Kerber

Fotocredit: AFP

Welche Rolle spielt Kerbers Australian-Open-Triumph für ihren Auftritt in Paris?
Evert: Hoffentlich hat ihr der Sieg bei den Australian Open mehr Geduld und mehr Glauben an sich selbst verliehen. Das hat ihr davor etwas gefehlt, sie hatte ein paar mentale Probleme und hat sich zu schnell runterziehen lassen. Aber jetzt hat sie tolle Schläge drauf und ihr Service ist entschlossener. Falls es ihr gelingt, ihre Form von Melbourne noch einmal abzurufen, ist sie definitiv eine Kandidatin auf den Titel in Roland Garros.

"Sehr, sehr beeindruckt von Alex Zverev"

Alex Zverev hat auch schon einige tolle Matches auf Sand gezeigt. Was erwarten Sie von ihm in Paris und vor allem in der Zukunft?
Evert: Ich habe ihn in Indian Wells spielen sehen, als er so knapp gegen Rafael Nadal verloren hat. Ich war wirklich sehr, sehr beeindruckt. Bei den Männern gab es schon eine Zeit lang keinen so herausragenden jungen Spieler mehr. Er macht den Eindruck, als wäre er schon vier, fünf oder sechs Jahre auf der Tour. Er hat ein Riesentalent und ist definitiv auf dem Weg, einmal einen Grand-Slam-Titel zu gewinnen.
Welchen Außenseitern trauen Sie den Coup in Roland Garros zu?
Evert: Ich denke, dass Madison Keys sehr gefährlich ist. Sie spielt sehr konstant. Bei den Männern tippe ich auf Nick Kyrgios. Ich finde auch Zverev wirklich klasse, aber ich traue Kyrgios die Sensation mehr zu.
Serena Williams wird dieses Jahr 35 und Rafael Nadal 30. Sind Sie besorgt um die Zukunft des Tennis-Sports?
Evert: Nein, ich bin ganz und gar nicht besorgt um den Tennis-Sport. Das einzige Mal, als ich wirklich besorgt war, war in den 70ern, als Björn Borg zurücktrat. Er ist bis heute das größte Tennis-Idol der Welt. Als er aufhörte, dachte ich: 'Oh mein Gott, was wird mit dem Herren-Tennis passieren?' Doch sein Rücktritt, sowie der von John McEnroe, Mats Wilander, Jimmy Connors und Boris Becker haben gezeigt, dass immer wieder Spieler nachkommen.
Maria Scharapowa hat sich nicht sonderlich gut mit vielen anderen Spielerinnen auf der Tour verstanden. Wird sich das nach ihrer Rückkehr ändern?
Evert: Das was Maria gerade durchmacht, kann eine Person verändern. Vielleicht hat sie die Tatsache, dass sie nicht viel Unterstützung von den anderen Spielerinnen erhalten hat, einsehen lassen, dass das auch zum Teil ihre Schuld war. Sie hat alle immer auf Distanz gehalten. Sie war zwar nie gemein zu den anderen, aber eine bestimmte Distanz war ihr wichtig. Ich bin mir sicher, dass sie abseits des Platzes viele Freunde hat. Aber aus irgendeinem Grund hat sie das im Sport nicht so gelebt. Ich habe den Verdacht, dass wenn sie auf die Tour zurückkehrt, sie freundlicher sein wird und somit auch die anderen Profis ihr anders gegenübertreten.
Frau Evert, vielen Dank für das Gespräch.
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