Legends' Voice - Kim Clijsters exklusiv über Serena Williams: "Mir standen Tränen in den Augen"

Die dreimalige US-Open-Siegerin Kim Clijsters blickt exklusiv bei Eurosport auf ihre gemeinsame Zeit mit Serena Williams im Tennis zurück. "Unsere Rivalität war sehr wichtig für meine Karriere", sagt die Belgierin, die neunmal auf den Superstar aus den USA traf. Als Williams sich vor Kurzem in Toronto von den dortigen Fans verabschiedete, habe sie "Tränen in den Augen gehabt", gibt Clijsters zu.

Legends' Voice mit Kim Clijsters

Fotocredit: Eurosport

Kim Clijsters weiß, wie es sich anfühlt, Serena Williams auf dem Platz gegenüberzustehen.
Neunmal forderte die 39-Jährige die 23-fache Grand-Slam-Turniersiegerin, sieben Mal musste sie sich geschlagen geben.
Zum ersten Mal traf Clijsters bei den US Open 1999 auf Williams, letztmals zehn Jahre später, ebenfalls beim Klassiker in New York.
"Niemand war so explosiv wie Serena", betont die Belgierin in der aktuellen Folge der Eurosport-Serie Legends' Voice.
Von Kim Clijsters
Liebe Tennis-Fans,
Serena Williams hat vor Kurzem angekündigt, sich vom Profitennis zurückzuziehen. Den Artikel, den sie zu ihrer Entscheidung für die Zeitschrift "Vogue" geschrieben hat, liebe ich.
Es ist davon auszugehen, dass die US Open Serenas Abschiedsturnier sein werden - und egal, wie erfahren sie ist, in dieser Hinsicht betritt sie Neuland. Serena spielt mit so vielen Emotionen, dass es sehr interessant sein wird, wie sie damit umgeht. Sie weiß ja genau, dass jedes Match in New York das letzte sein könnte.
Für mich war es damals eine ziemliche Herausforderung, in ein Turnier zu gehen und zu wissen, dass es das letzte meiner Karriere ist. Einerseits sagst du dir: 'Konzentriere dich auf dein Tennis, es ist doch nur ein Turnier wie so viele zuvor. Andererseits ist dir bewusst, dass du alles, was tust, zum letzten Mal machst.'
Ich habe meinen ersten Rücktritt 2007 frühzeitig angekündigt, weil ich so fühlte (Clijsters kam von 2009 bis 2012 zurück und ein weiteres Mal 2020 / A.d.R.). Ich musste mir selbst eine Frist setzen, nach dem Motto: 'Okay, ich stecke ein weiteres Jahr lang alles in den Tennissport. Damit bin ich offen umgegangen, aber das macht jeder Profi auf seine Weise. Ich erinnere mich, dass ich nach meinem letzten Match sehr erleichtert war - nicht, weil ich verloren hatte, sondern weil ich wusste, dass es vorbei war.
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Serena Williams sagt goodbye zu den Fans in Toronto

Fotocredit: Getty Images

Wir werden bald erleben, wie Serena das handhabt. Ich bin mir sicher, dass es sehr emotional wird. Schon ich musste weinen, als sie ihren Rückzug zu Anfang des Monats ankündigte. Mir standen Tränen in den Augen, als sie sich beim Turnier in Toronto nach ihrer Niederlage von den kanadischen Fans verabschiedete.
Ich habe mir ihr Interview auf dem Platz angeschaut - man konnte die ganzen Emotionen sehen, die da hochkamen. So etwas ist eine sehr einschneidende Veränderung in deinem Leben. Da ich zu derselben Tennis-Generation gehöre wie Serena, kommt es mir unglaublich vor, wie lange sie und ihre Schwester Venus durchgehalten haben.
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Die Williams-Schwestern bei den US Open 1997

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Zu sehen, wie Serena dieses Kapitel in ihrem Leben abschließt, ist ein riesiger, gewaltiger Moment. Da werden Erinnerungen wach. An gemeinsame Momente, an das erste Mal, als ich gegen sie gespielt habe - und daran, wie ein junges Mädchen zur Ikone herangewachsen ist. Nicht nur im Tennis, sondern im Sport generell. Es ist großartig, in den gut 20 Jahren Teil dieser Generation gewesen zu sein.
Bei den US Open 1999 habe ich zum ersten Mal gegen Serena gespielt. Ich war ein unbekanntes junges Mädchen aus Belgien, einem wirklich kleinen Land. Und auch Serena war nicht vielen Leuten ein Begriff. Man kannte die Geschichte dieser beiden Schwestern, die nie bei den Juniorinnen gespielt haben und jetzt groß herauskommen. Als ich damals gegen Serena angetreten bin, lag ich im dritten Satz 5:2 vorne und habe doch verloren, weil sich mein Arm plötzlich schwer anfühlte. Es war auf Louis Armstrong, dem zweitgrößten Platz bei den US Open. Beim Stand von 5:2 hatte ich das Gefühl, eine Chance zu haben.
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Serena Williams und Kim Clijsters bei den Australian Open 2003

Fotocredit: Getty Images

Serena hat ein paar unerzwungene Fehler gemacht, und plötzlich, typisch Serena, hat sie sich aufgerappelt. Sie hat Returns und Asse geschlagen. Irgendetwas hat sie angestachelt, sie ist wütend geworden und hat sich gesteigert. Das ist auf eine Art die Geschichte ihrer Karriere. Wir haben oft erlebt, wie sie scheinbar am Boden lag oder ausgeschieden war. Serena hat sich aber den Ruf erarbeitet, immer aufdrehen zu können, wenn ihr danach ist oder der Adrenalinpegel steigt.
Unsere Rivalität war sehr wichtig für meine Karriere, denn ich erinnere mich noch gut daran, wie ich gegen einige harte Gegnerinnen gespielt habe. Gegen Lindsay Davenport, gegen Monica Seles, aber niemand war so explosiv wie Serena, die Bewegung mit Kraft in ganz neuem Maße verbunden hat. Ich sehe auch den Einfluss, den Serena auf die heutige Generation hat.
Da ich jetzt selbst in den USA lebe, wird mir klar, dass Tennis für viele Kinder nicht der erste Sport ist, mit dem sie in Berührung kommen - es sei denn, die Eltern sind im Tennis aktiv. Das ist hier in New Jersey so, aber auch in den umliegenden Gemeinden. Den Williams-Schwestern ist es aber gelungen, einen Einfluss auf die jüngere Generation auszuüben.
Denken wir an Madison Keys, an Sloane Stephens, Naomi Osaka, Coco Gauff. Es gibt so viele gute und junge Spielerinnen, die zu den Schwestern aufschauen. Deren Einfluss ist auch außerhalb des Tennissports zu spüren. Wie Serena ihre Geschichte über die Geburt ihres Kindes oder die Probleme, mit denen sie kämpfen musste, erzählt hat - das ist so viel mehr als "nur" jene einer Tennisspielerin, die Mutter wird.
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Gauff adelt Serena Williams als Inspiration für Generationen

Quelle: Perform

Ich glaube, dass zu wenige Leute erkennen, wie erstaunlich ihre Leistungen waren, nachdem sie ihre Tochter Olympia bekommen hatte. Bei vielen lag der Fokus immer auf dem Grand-Slam-Rekord, den Serena zu erreichen versuchte. Aber in vier Grand-Slam-Finals innerhalb von eineinhalb Jahren nach der Geburt der eigenen Tochter zu stehen, ist absolut unglaublich. Was Serena in Interviews und Gesprächen gesagt und geteilt hat, reicht wohl weiter als bei jedem anderen Tennisprofi.
Herzliche Grüße und viel Spaß mit den US Open bei Eurosport,Eure Kim Clijsters
Kim Clijsters gehört bei den US Open 2022 zusammen mit Mischa Zverev, Barbara Rittner, Mats Wilander oder John McEnroe zum Team der Eurosport-Expertinnen und -Experten.
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Vorbild ganzer Generationen: Serena Williams' Weg an die Spitze

Quelle: Eurosport

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