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Sportler kämpfen gegen Homophobie: "Keine Toleranz für Intoleranz"

Rolf Heßbrügge

Update 16/11/2017 um 12:12 GMT+1 Uhr

Der 16. November ist laut UN-Beschluss der Internationale Tag der Toleranz - ein Thema, das auch Europas Sportler bewegt, nicht zuletzt bei ihrem Kampf gegen die Homophobie. Auf den Weg gebracht wurde die Kampagne maßgeblich in Skandinavien, wo Stars wie Anja Pärson, Kajsa Bergqvist oder der Handballer Tobias Karlsson (SG Flensburg) regelmäßig klar Stellung beziehen.

Kajsa Bergqvist

Fotocredit: Getty Images

Kajsa Bergqvist hat so manche Sternstunde erlebt. Die Schwedin war Hochsprung-Weltmeisterin (2005) und -Europameisterin (2002), sie gewann Olympia-Bronze in Sydney (2000). Doch ihr größter Triumph, sagt Bergqvist heute, war der Sieg über die Angst vor dem Anderssein. 2011 hat sie sich endlich geoutet.
Es war die Zeit, als ein gewaltiger Regenbogen am Himmel über Nordeuropa aufzog. Skandinaviens homosexuelle Sportgrößen bekannten sich und sagten der Homophobie in der Gesellschaft konsequent den Kampf an.
"Während meiner aktiven Laufbahn war kaum jemand offen homosexuell", erinnert sich Bergqvist. "Die einzige, von der ich wusste, war Martina Navratilova."
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Kajsa Bergqvist

Fotocredit: Eurosport

Heute füllen die Sport-Promis, die Bergqvists Beispiel gefolgt sind, locker mehrere Mannschaftsbusse. Auffallend viele stammen aus Skandinavien: 2012 outete sich mit der siebenmaligen Ski-Weltmeisterin Anja Pärson der nächste Superstar aus Schweden. Und der Regenbogen erstrahlte noch heller und machte immer mehr Menschen Mut. Anfang dieses Jahres erklärte auch die schwedische Tennisspielerin Johanna Larsson, lesbisch zu sein.

"Als wir Colin hatten, wollten plötzlich alle"

"Für mich war es wichtig, dass es Vorbilder wie Kajsa oder Anja gab", betonte Larsson in der schwedischen TV-Show "Regnbagshjältar" (Regenbogenhelden). Die mehrteilige Reality-Soap, moderiert von Bergqvist und dem schwulen Ex-Weitspringer Peter Häggström, bot Athleten die Chance, über ihre Homosexualität zu sprechen.
Einer von ihnen war Colin Jackson, der zweimalige Weltmeister über 110 Meter Hürden aus Großbritannien. "Die größte Herausforderung war es, überhaupt Sportler für die Sendung zu gewinnen", erzählt Bergqvist. "Doch als wir Colin hatten, wollten plötzlich alle."
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Colin Jackson, EM 2002 München

Fotocredit: Getty Images

Der bunte Regenbogen, der einst in Skandinavien aufgezogen war, umspannt heute immer mehr europäische Länder. Das Outing von Ex-Fußball-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger im Jahr 2014 belegt, dass auch in Deutschland eine neue Ära der Offenheit anbricht.
Doch das Tempo des Wandels geben weiter die Nordlichter vor. So war es kein Zufall, dass der damalige DFB-Kapitän Julian Draxler ausgerechnet beim Länderspiel in Dänemark im Juni (1:1) eine Regenbogen-Spielführerbinde trug - ein absolutes Novum in der Geschichte der Nationalelf. Das Testmatch war eingebettet in die Anti-Homophobie-Kampagne "Fußball für alle" des dänischen Verbandes.
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Julian Draxler, DFB-Kapitän gegen Dänemark 2017

Fotocredit: Getty Images

Noch viel Widerstand der Verbände

Die Inspiration für die Regenbogen-Spielführerbinde hatte übrigens Schwedens Handball-Team geliefert. Dessen Kapitän Tobias Karlsson wollte Anfang 2016 bei der EM in Polen mit dem bunten Accessoire auflaufen, scheiterte jedoch am Veto der Europäischen Handball Föderation. Schwedens Frauenfußball-Vizemeister FC Rosengard stieß ebenfalls auf Widerstand beim Kontinentalverband, als man einen Regenbogen ins Trikot integrieren wollte. Doch der Klub aus Malmö ließ sich von der UEFA nicht einschüchtern, erzählt Präsident Klas Tjebbes:
Ich schrieb ihnen einen sehr höflichen Brief und habe wohl gut argumentiert.
Norwegens Traditionsklub Valerenga Oslo ließ daraufhin sogar Eckfahnen im Regenbogen-Design anfertigen.
Bei all dem Farbenspiel geht es Skandinaviens Sportlern nicht nur um die Symbolik. Sie wollen gesellschaftliche Teilhabe für alle, unabhängig von der Sexualität. Das ist auch im vermeintlich aufgeklärten hohen Norden noch nicht selbstverständlich, wenngleich Kajsa Bergqvist betont:
Ich bin froh, dass ich in Schweden lebe. In den meisten anderen Ländern ist es sicher härter, homosexuell zu sein.
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Schwedens Eishockey-Präsident Anders Larsson (r.)

Fotocredit: Imago

Anders Larsson ist bekennender Schwuler - und seit zwei Jahren Präsident des schwedischen Eishockey-Verbandes. Über seinen Sport sagt Larsson Überraschendes: "Eishockey in Schweden ist dabei, sich zu verändern. Du bist willkommen - egal, wen du liebst."
Schwulsein und Bandenchecks? Für Larsson ist das kein Problem:
Unser Sport mag tough sein - aber das eine sollte das andere nicht ausschließen.
Kajsa Bergqvist formuliert es noch deutlicher:
Es darf keine Toleranz für Intoleranz geben. Wir müssen diese Botschaft hinausrufen und sie über den Sport in die Herzen der Menschen tragen.
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