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Bizarre Rituale bei Olympia

Felix Neureuther

Publiziert 28/05/2015 um 16:05 GMT+2 Uhr

Ich packe meinen Koffer, und ... tja, was nimmt der ambitionierte Olympionike mit? Eines gehört zum obligatorischen Gepäck, wenn es auf die große Reise Richtung unvergänglichen sportlichen Ehren geht: der Glücksbringer. Was haben wir nicht in dieser ersten Woche der Olympischen Winterspiele alles an Talismännern und Glücksbringern gesehen!

Eurosport

Fotocredit: Eurosport

Die ÖSV-Athleten haben ein kleines Stück des Großglockners, dem sagenumwobenen höchsten Berg Österreichs, dabei. Die Gemeinde Oberstdorf schickte ihre Olympia-Starter mit einem kleinen jodelnden Murmeltier auf die Reise – ein Stückchen Heimat im großen Medaillenkampf, für Athleten wie Daheimgebliebene eine wichtige Geste. Sie symbolisiert Unterstützung und Verbundenheit, gibt den Sportlern Sicherheit und das Wissen um Rückhalt.
Voodoo für den ganz großen Erfolg?
Den Bobfahrern aus Riesa gab die Oberbürgermeisterin gar kleine Voodoo-Puppen mit auf den Weg. Die Athleten sollten ihr Hauptproblem auf Zettel schreiben und diese mit Nadeln in die Puppe pieksen. Der "Zauber von Sotschi" würde dann jede Schwierigkeit auf magische Art und Weise verschwinden lassen. Olympisch umwobener Hokuspokus für den ganz großen Erfolg? Nun ja, Glaube kann ja bekanntlich Berge versetzen.
Natürlich finden sich neben den allgemeinen auch individuelle Glücksbringer in den Koffern. So soll Snowboarderin Isabella Laböck ein kleiner Kaminkehrer beim Sprung aufs olympische Treppchen helfen. Alexander Owetschkin erhofft sich von der russischen Flagge auf dem Schlittschuh Unterstützung für das vom Gastgeberland erwartete Eishockey-Gold.
Ein Garant für den erwünschten Erfolg ist das natürlich nicht. So haben der Eiskunstpaarläuferin Aljona Savchenko ihre beiden Kuscheltierchen, zwei Panther, die sie nach dem Weltmeistertitel 2011 geschenkt bekam, nicht die erhoffte Goldmedaille eingebracht. Bronze kam einer Niederlage gleich – Versagen der Glücks-Panther auf ganzer Linie.
Das Ritual mit der Kleidung
Noch seltsamer als die Talismanflut kommen die Rituale einiger Sportler vor dem Wettkampf daher. Maria Höfl-Rieschs Trommeln auf die Brust vor dem Start beim Skirennen erinnert an eine Geste, die bei Gorillamännchen Überlegenheit gegenüber den Rivalen markiert. Verbunden mit dem gebrüllten, kaum verständlichen "Auf geht's!" versetzt es den Beobachter eher in eine tarzanähnliche Dschungelszenerie als ins alpine Winterwunderland.
Und auch beim Anziehen folgt man einem gewohnten Ablauf: Skifahrer Felix Neureuther und Skeletoni Anja Huber machen's mit links. Skischuh, Ski, Rennanzug, Handschuhe – die linke Körperseite hat Priorität beim Ankleiden. Kleidung spielt auch bei Christoph Stephans präolympischer Vorbereitung eine wichtige Rolle: Der Biathlet trägt immer dieselbe Mütze, dieselbe Unterwäsche, dieselben Handschuhe. Es sei kein Aberglaube, heißt es, aber er bilde sich ein, dass es dann besser läuft.
Und das ist das Entscheidende. Rituale und Marotten der Sportler erscheinen dem Beobachter manchmal beinahe neurotisch. Besonders wenn die persönliche Präparation vor dem Wettkampf gut sichtbar ist, entsteht schnell das Bild vom Ritualbesessenen abergläubischen Sportler. Aber diese Macken, die immer gleichen Abläufe und Gewohnheiten sind ein wichtiger Teil der Vorbereitung. Die Zeitspanne vor dem Start ist der Höhepunkt der Anspannung. Rituale können helfen, die Aufmerksamkeit zu bündeln, das perfekte Maß zwischen Hyperaktivität und Lethargie zu finden.
Mentale Stärke als unverzichtbare Eigenschaft
"Das Wort mental gab es zu meiner Zeit als Spieler noch gar nicht. Nur eine Zahnpasta, die so ähnlich hieß", hat Rudi Assauer einmal gesagt. Heutzutage ist mentale Stärke eine Schlüsselqualifikation im Sport. Unsicherheiten und Zweifeln darf kein Raum gelassen werden, das Vertrauen in das eigene Können, die Konzentration auf die Performance im Wettkampf muss im Vordergrund stehen. Und diese unverzichtbaren Qualitäten gehören mittlerweile zum Profisport. Besonders in Zeiten, in denen der Druck für die Athleten so groß ist wie bei Olympia, gilt es, sich auf die eigenen Stärken zu konzentrieren, Erwartungen und Hoffnungen von außen auszublenden.
Seien wir doch ehrlich – wir erwarten von unseren Olympioniken Topleistungen. Alles, was ihnen dabei hilft ihr Bestes im alles entscheidenden Lauf, End oder Spiel zu zeigen, sollte willkommen sein. Und eines haben sie auf jeden Fall, die Glücksbringer, Marotten, Ticks, Macken und Rituale: ein sehr hohes Unterhaltungspotenzial.
Katharina Schneider
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