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Bundesliga-Kolumne: Was spricht für Bayer Leverkusen, was für den FC Bayern? Das Momentum für die Meisterschaft

Thilo Komma-Pöllath

Update 29/01/2024 um 14:22 GMT+1 Uhr

Die Meisterschaft bleibt auch nach dem 19. Spieltag spannend. Bayer 04 Leverkusen und der FC Bayern München liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Der LIGAstheniker beschäftigt sich in seiner wöchentlichen Kolumne mit dem "Momentum", das den Kampf um die Schale entscheiden kann. Frankreichs Handballer haben es im EM-Finale vorgemacht: Welche Mannschaft ist imstande, das nötige Glück zu erzwingen?

Tuchel zufrieden: "Extrem wichtige drei Punkte"

Liebe SportsfreundInnen, das sagenumwobene Momentum entscheidet große Meisterschaften im Spitzensport. Wie oft schon haben wir hier davon gesprochen, erklärt haben wir das kaum erklärbare Phänomen nie wirklich. Also, was eigentlich ist das "Momentum"?
Wer an diesem vergangenen Wochenende Sport geschaut hat, hat das Momentum in einer erkennbaren Sichtbarkeit studieren können wie selten zuvor: beim "Jahrhunderttor" im Halbfinale der Handball-EM zwischen Frankreich und Schweden. Frankreich war schon ausgeschieden und wurde dank Elohim Prandis Geniestreich doch noch Europameister.
Das Momentum, irgendwas zwischen Blitzeinschlag, Schicksalsschlag und Zeitenwende. Und was heißt das nun für den 19. Spieltag und das Titelrennen in der Bundesliga? Für das Duell zwischen Bayer und Bayern, das seit dem Wochenende wieder ein Rennen auf Augenhöhe ist?

Momentum-Vorbild: Frankreichs Handballer

Gute Frage! Die Partien der potenziellen Meisteranwärter hätten kaum unterschiedlicher laufen können. In Augsburg quälte sich der Rekordmeister zu einem Arbeitssieg, der seiner Aura kaum würdig war. Am Ende hatten die Bayern Glück, dass sie überhaupt drei Punkte mitnahmen.
Das Momentum des Spiels war Manuel Neuer, der in der Schlussphase einen Elfmeter parierte. In Leverkusen versemmelte Bayer gegen Gladbach gerade in der zweiten Hälfte einen Hochkaräter nach dem anderen. Allein Jeremie Frimpong hätte drei Tore machen müssen, also müssen im Sinne von alternativloser Pflicht.
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Manuel Neuer (FC Bayern) in der Diskussion mit Phillip Tietz vom FC Augsburg

Fotocredit: Getty Images

Mit Leichtsinn, Verspieltheit und fehlender Konzentration lässt sich also, so der Lerneffekt des Wochenendes, kein Momentum generieren. Einem Spitzenteam wie Bayer darf das so eigentlich nicht passieren. Momentum braucht echte Überzeugung, siehe Frankreichs Handballer.

Bayer oder Bayern: Wer kann das Glück zwingen?

Und nun? In zwei Wochen (10. Februar, 18:30 Uhr, Liveticker auf eurosport.de) treffen die beiden Bundesligaspitzenteams im direkten und vielleicht auch vorentscheidenden Vergleich aufeinander. Dann wird sich zeigen, für welche Seite sich das Momentum entscheidet. Tatsächlich passiert ein solches Momentum nicht einfach so, man muss es sich verdienen, man muss es wollen, ja, man kann es zwingen.
Man muss es sogar erzwingen. Die Frage ist, wie? Xabi Alonso und Thomas Tuchel scheinen dabei völlig unterschiedliche Wege zu gehen. Alonso präferiert mit seiner persönlichen Leichtigkeit das schöne, schnelle Spiel, das Spiel gegen den Ball. Die Tuchel-Bayern halten es, wie Mastermind Pep Guardiola es einmal vor Jahren eingeführt hat, mit dem Spiel mit dem Ball. Entscheidend wird aber nicht die Spielanlage sein, sondern die innere Überzeugung.
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Xabi Alonso (Bayer Leverkusen)

Fotocredit: Getty Images

In Leipzig und in Augsburg hat Leverkusen in den letzten Wochen zweimal in der absoluten Schlussphase noch den Siegtreffer erzielt. Das riecht nach Überzeugung, die das Momentum zu erzwingen weiß. Zugleich kann man fragen, warum Bayer die Spiele nicht schon vorher klar für sich entscheiden konnte. Glück haben und das Momentum zwingen sind zwei Paar Stiefel.

Bayer verspielt, Bayern geerdet

Und die Bayern? Die wenig glamourösen Arbeitssiege gegen Hoffenheim, Union Berlin und Augsburg durchkreuzt eine peinliche Pleite zu Hause gegen Bremen. Es ist nicht mehr die Mia-San-Mia-Arroganz, die den Bayern in früheren Jahren zu eigen war, unter dem notorischen Tuchel ist eine Unsicherheit eingekehrt im Selbstverständnis ihres Spiel. Unter Guardiola, auch noch unter Flick, war das sportliche Selbstverständnis eine "Die hauen wir weg"-Mentalität - völlig egal wer auf der anderen Seite des Feldes stand.
Dann gab es eben auch mal ein 8:0 wie gegen den Hamburger SV 2015. Unter Tuchel ist man plötzlich froh über jeden Sieg, man arbeitet Fußball, aber der Glaube an die eigene Unsterblichkeit ist irgendwie weg. Das hat auch Vorteile, man unterschätzt niemanden mehr, aber die spielerischen Höhenflüge werden seltener, die Übermannschaft ganz geerdet. Kann man so das Momentum regieren?

Das Momentum-Spiel: Leverkusen vs. FC Bayern

Soviel ist klar: Wer am 10. Februar das sportliche Schicksal mit seiner Art zu beugen weiß, der hat das Momentum für die Meisterschaft auf seiner Seite. Womöglich vorentscheidend.

Kommentare bei Eurosport.de geben stets ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors / Autorin wieder, nicht die der gesamten Redaktion.

ZUR PERSON: THILO KOMMA-PÖLLATH
Der Sportjournalist und Buchautor ("Die Akte Hoeneß") beleuchtet in seinem wöchentlichen Blog als LIGAstheniker das Geschehen in der Fußball-Bundesliga für Eurosport.de. Oft skeptisch, ironisch, kritisch - aber einer muss schließlich den Ball flach halten.
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