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Ottmar Hitzfeld exklusiv: "Ich glaube, dass Pep Guardiola beim FC Bayern weitermacht"

Florian Bogner

Update 19/10/2015 um 11:05 GMT+2 Uhr

Ottmar Hitzfeld rechnet in London mit der nächsten Machtdemonstration des FC Bayern München. Im Exklusiv-Interview mit eurosport.de erklärt der 66-Jährige außerdem, wieso er Pep Guardiola noch lange nicht am Ende seiner Mission sieht, wie er Stefan Effenberg in Paderborn empfiehl und warum Uli Hoeneß wieder voll in seinem Element ist.

Für Ottmar Hitzfeld sind die Bayern Favorit in Dortmund

Fotocredit: Imago

Herr Hitzfeld, Bayern-Trainer Pep Guardiola sagte: 'Wenn ich die Champions League nicht gewinne, dann habe ich die Erwartungen nicht komplett erfüllt.' Sehen Sie das auch so?
Ottmar Hitzfeld: Die Erwartungshaltung bei Bayern ist heutzutage nun mal so hoch. Da reicht es nicht mehr, nur die Meisterschaft zu gewinnen. Aber ich sage: Wenn er sie dieses Jahr nicht gewinnt, gewinnt er sie vielleicht nächstes Jahr.
Am Dienstag tritt der FC Bayern in der Champions League beim FC Arsenal an (20:45 Uhr im Liveticker bei eurosport.de). Folgt die nächste Machtdemonstration?
Hitzfeld: Ich kann mir nicht vorstellen, dass Arsenal Bayern schlägt. Bayern ist zu dominant, zu ballsicher, spielt gutes Pressing, ohne hohes Risiko zu gehen. Da wird Arsenal nicht zur Entfaltung kommen.
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Der FC Bayern feiert Startrekord

Fotocredit: SID

Was sagt ihr Gefühl: Bleibt Guardiola über diese Saison hinaus? Vielleicht sogar so lange, bis er die Champions League gewinnt?
Hitzfeld: Ich wünsche es mir und ich glaube auch, dass er weitermacht. Er ist jetzt im dritten Jahr und zeigt keinerlei Abnutzungserscheinungen. Vier, fünf Jahre kann man als Trainer auf höchstem Niveau durchziehen. Er hat Bayern seinen Stempel aufgedrückt, ist Baumeister des Erfolgs, lässt wunderbaren Fußball spielen und wird dieses Jahr wieder Titel holen. Er wirkt immer noch sehr gierig, engagiert, mit hundert Prozent bei der Sache. Er ist voll in seinem Element. Warum sollte er nicht bleiben?
Im Oktober gewinnt man keine Titel, aber die vierte Meisterschaft in Folge für Bayern ist fast schon sicher, oder?
Hitzfeld: Wenn es Borussia Dortmund nicht schafft, die Bayern aufzuhalten, wer dann? Von daher schwindet die Hoffnung für den Rest der Liga von Sieg zu Sieg.
2001 war's die Achse Kahn-Effenberg-Scholl-Elber, 2013 Lahm-Schweinsteiger-Ribéry-Robben - wen sehen Sie als Bayern-Typen der nächsten Generation?
Hitzfeld: Ich würde sagen: Neuer-Boateng-Müller, das sind für mich die aktuellen Typen, Leistungsträger im Zentrum des Spiels. Neben Lahm natürlich, der immer noch die Stütze des Teams ist, und Lewandowski, der einen Lauf hat.
Kann Lewandowski den Rekord von Gerd Müller mit 40 Saisontoren brechen?
Hitzfeld: Das verlangt eigentlich schon überirdische Kräfte, denn Gerd Müller war einmalig. Aber wer hätte gedacht, dass Lewandowski fünf Tore in neun Minuten oder zehn Tore in einer Woche schießen kann? Er wird gefüttert mit Vorlagen, die Mannschaft spielt für ihn. Je nachdem, wie sich die Meisterschaft entwickelt, kann er an diese Marke rankommen.
Hat es Sie überrascht, dass Costa besser eingeschlagen ist als Vidal?
Hitzfeld: Costa spielt spektakulärer. Seine Tempodribblings, seine Vorlagen bringen viel Lebendigkeit ins Spiel. Man muss Bayern zu diesem Transfer gratulieren, denn Costa war für seine Klasse relativ günstig. Die wichtigen Spiele für Vidal kommen dagegen erst noch, wenn die engen Matches anstehen, wenn es um jeden Zweikampf geht. Er ist kein Spieler für die Highlights.
Franz Beckenbauer sagte, man vermisse Arjen Robben und Franck Ribéry derzeit nicht. Sie auch nicht?
Hitzfeld: Doch, weil sie großartige Künstler sind. Robben ist für mich noch torgefährlicher als Costa oder Coman. Mit den beiden können die Bayern ihr Niveau nochmals anheben, sind vielleicht die entscheidenden Impulsgeber im Viertel- oder Halbfinale der Champions League.
Jürgen Klopp galt als möglicher Guardiola-Nachfolger - hat es Sie überrascht, dass er zum FC Liverpool gegangen ist?
Hitzfeld: Nein. Mir war klar, dass er kein ganzes Jahr Pause machen wird. Das passt nicht zu ihm, dafür ist er noch zu jung. Ich glaube, dass er schnellstmöglich wieder arbeiten wollte. Und bei Liverpool schlug sein Herz schneller.
Welchen Eindruck machte er auf Sie in seiner ersten Amtswoche?
Hitzfeld: Er versucht, die Liverpooler zu begeistern und allen Erwartungen gerecht zu werden. Einfach wird das nicht, aber er ist der richtige Mann am richtigen Ort.
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Jürgen Klopp bei seinem Debüt mit dem FC Liverpool

Fotocredit: AFP

Gibt es beim FC Bayern einen Plan B, für den Fall, dass Guardiola doch nicht verlängert?
Hitzfeld: Dafür ist es noch zu früh. Dass sie den Markt sondieren, ist normal, aber an einen fertigen Plan B in der Schublade glaube ich nicht.
Zuletzt wurde Carlo Ancelotti als möglicher Kandidat genannt. Könnte das passen?
Hitzfeld: Er müsste wohl Deutsch lernen - und hat ja auch noch ein halbes Jahr Zeit dazu. (lacht) Er ist ein Top-Trainer, aber sonst kann ich das schlecht beurteilen.
Sie lehnten 1997 ein Angebot von Real Madrid wegen der Sprachbarriere ab.
Hitzfeld: Ich hätte es vielleicht gemacht, wenn Real schon im November 1996 gekommen wäre, denn dann hätte ich mich vorbereiten können. So wie sich auch Guardiola ein halbes Jahr auf Bayern vorbereiten konnte. Dann wäre die Wahrscheinlichkeit groß gewesen, dass ich das mache.
Das spricht dann aber dafür, dass Bayern Ancelotti schon bald kontaktieren müsste.
Hitzfeld: Das weiß ich nicht. Darüber könnte ich nur spekulieren und das möchte ich nicht.
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Carlo Ancelotti hat dem FC Liverpool abgesagt

Fotocredit: Imago

Bayern hat den Grundstein für ein neues Nachwuchsleistungszentrum gelegt. Ist ein zweites 'la masia' in München möglich?
Hitzfeld: Das ist mittlerweile der Anspruch. Es ist ja kein Geheimnis, dass Uli Hoeneß nicht zufrieden mit der Nachwuchsabteilung war, man hat in den letzten Jahren zu wenige Titel geholt und zu wenige Spieler an die erste Mannschaft herangeführt. Das kann es als bester Klub in Deutschland und bei den Möglichkeiten, die man hat, nicht sein. Man hat Nachholbedarf.
Mit Hoeneß als Architekten dieses neuen Nachwuchsgebildes.
Hitzfeld: So sieht es aus und das spricht für seine einzigartige Mentalität. Er ist sich nicht zu schade, jetzt im Nachwuchsbereich aktiv zu sein. So ein Projekt anzupacken und voll durchzuziehen - das ist hundert Prozent Uli. Er macht auf mich einen guten Eindruck, wirkt gefestigt. Mit klaren Visionen und seinem einmaligen Unternehmergeist wird er das Projekt sicher schnell vorantreiben.
Was denken Sie: Wird er nochmal Präsident der Bayern?
Hitzfeld: Es ist möglich. Diese Entscheidung wird er aber erst nächstes Jahr treffen. Dafür ist es jetzt noch zu früh.
Neben Klopp machte auch der Start von Stefan Effenberg beim SC Paderborn Schlagzeilen, der Sie sogleich als Mentor bezeichnete. Wie rege war der Austausch vor seiner Unterschrift?
Hitzfeld: Ich habe mich in der Vergangenheit öfter mal für ihn bei Vereinen eingesetzt und so war es auch diesmal, als Paderborn mich anrief. Weil ich überzeugt von seinen Fähigkeiten bin. Von seiner Mentalität, seinem Charakter, von seinen Führungsfähigkeiten und seinem Selbstbewusstsein her ist er prädestiniert für ein Traineramt.
Fan-Meinung: Hat Effenberg das Zeug zum Toptrainer?
Wie nennt Sie Effenberg eigentlich?
Hitzfeld: Mittlerweile bin ich der 'Ottmar' für ihn. Aber es fiel ihm sehr schwer, das 'Du' anzunehmen. Manchmal nennt er mich noch 'Trainer'.
Philipp Lahm verhalfen Sie einst zum Profi-Debüt. Braucht die Nationalmannschaft seinen Rücktritt vom Rücktritt für eine erfolgreiche EM?
Hitzfeld: Ich fand es schade, dass er so früh zurückgetreten ist. Er fehlt in der Nationalmannschaft auf der rechten Seite. Er würde ihr wieder mehr Stabilität geben. Aber seine Entscheidung muss man respektieren und ich denke nicht, dass er sie noch einmal revidieren wird.
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