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Pokalsieger VfL Wolfsburg neuer Jäger des FC Bayern München

Sven Busch

Update 01/06/2015 um 13:19 GMT+2 Uhr

Eng umschlungen tanzten Klaus Allofs und Dieter Hecking über den Rasen des Berliners Olympiastadions. Nach dem Pokalsieg wurden die beiden Architekten der Wolfsburger Renaissance von Franz Beckenbauer sogar als neues Traumpaar des deutschen Fußballs geadelt. Der Werksklub will sich langfristig als Nummer eins hinter den Bayern etablieren. Ein Anfang ist gemacht.

Pokalsieger VfL Wolfsburg feiert den zweiten Titel der Vereinsgeschichte

Fotocredit: Imago

Kevin De Bruyne schämte sich seiner Tränen nicht. In dieser Nacht der großen Gefühle musste alles raus. Die Trauer über den Tod seines Landsmanns Junior Malanda, der Schmerz über die drei Zentimeter tiefe Risswunde, die in der Halbzeit mit fünf Stichen genäht werden musste - und die Freude über den zweiten Titel der Vereinsgeschichte.
Der Auftritt des belgischen Superstars war bezeichnend für den Willen, die Widerstandsfähigkeit und den Geist der gesamten Mannschaft – in diesem Pokalfinale und in der ganzen Saison.
Der vermeintlich seelenlose Werksklub sammelte bei der TV-Übertragung vor einem weltweiten Millionenpublikum von Afghanistan bis Zimbabwe wertvolle Sympathiepunkte. Auch die sportliche Botschaft war dank der engagierten, couragierten und sehr reifen Leistung beim verdienten 3:1 (3:1) über den langjährigen Bayern-Jäger Borussia Dortmund umissverständlich klar: Die Wolfsburger sehen sich als die neue Nummer eins hinter der Nummer eins.
"Wenn man sich entwickeln will, gehören solche Erfolge dazu", analysierte Klaus Allofs. Der Sportdirektor, seit November 2012 in Wolfsburg, kennt durch seine zehn Jahre Erfahrung als Manager von Werder Bremen die Herausforderung, einen Verein nachhaltig als echten Bayern-Konkurrenten zu positionieren.
Alle für Malanda
Der Pokalsieg ist der erste Titel für das Erfolgsduo Allofs/Hecking und der Höhepunkt eines Jahres, das für den VW-Klub so traurig begann.
Der belgische Profi Junior Malanda kam am 10. Januar bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Ihm zu Ehren trugen die VfL-Akteure im Endspiel ein grünes Herz mit seiner Rückennummer 19 auf dem Trikot. De Bruyne küsste das Herz nach seinem Tor zum 2:1 (33.). "Wir haben uns belohnt für eine richtig gute Saison", erklärte der Topscorer der Bundesliga und ergänzte mit belegter Stimme: "Wir wollten das Spiel für Junior gewinnen."
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Superstar Kevin De Bruyne ist eine der Leitfiguren des Wolfsburger Aufschwungs

Fotocredit: Imago

De Bruyne ist eine der Leitfiguren des Aufschwungs, an dem auch Bas Dost erheblichen Anteil hat. Mit seinem 20. Pflichtspieltreffer dieser Spielzeit machte der Wolfsburger Toptorjäger das entscheidende 3:1 (38.). Nur Minuten nach dem Schlusspfif schenkten Hecking und Allofs dem eigenwilligen Niederländer dafür vier Tage Zusatzurlaub.
Hecking und Allofs das neue Traumpaar?
Mit Konfetti in den Haaren nahmen der Trainer und sein Sportchef schließlich die vielen Glückwünsche entgegen. Bundestrainer Joachim Löw lobte die "kluge Einkaufspolitik" von Allofs und die Geradlinigkeit und Konsequenz von Hecking.
"Er hat die Mannschaft nach vorn gebracht", betonte Löw. "Sie wirkt harmonisch und hat sich gut entwickelt." Auch der frühe Rückstand durch BVB-Angreifer Pierre-Emerick Aubameyang (5.) brachte den Vize-Meister nicht aus dem Rhythmus. Luiz Gustavo besorgte den Ausgleich, innerhalb von 16 Minuten war das Spiel gedreht.
Der Aufbau dieses schlagkräftigen Teams dauerte wesentlich länger, aber die Mischung aus Kapital, Konzept und Kompetenz funktioniert.
Nur knapp zwei Monate nach Allofs kam Hecking in die Autobauerstadt – mit einem Ruf als eher blasser Arbeiter. Als Konzepttrainer oder gar Visionär war er bei seinen vorausgegangenen Stationen 1. FC Nürnberg und Hannover 96 weiß Gott nicht aufgefallen.
Trotz der großen Skepsis an seiner Tauglichkeit als Coach des ambitionierten Spitzenklubs beließ es der 50-Jährige auch nach dem ersten Titelgewinn seiner Trainer-Laufbahn bei leisen Tönen: "Wir mussten als Mannschaft viele Rückschläge verkraften. Ich bin mächtig stolz auf dieses Team."
Entwicklungshilfe durch VW
Natürlich wäre der Erfolg ohne die vielen VW-Millionen und die Investitionsbereitschaft des Dax-Konzerns nicht möglich – nur Geld allein schießt weder Tore, noch garantiert es Erfolg. Siehe Schalke 04.
Allofs und Hecking stehen für Seriosität, Sachverstand und Realitätssinn. Die Mannschaft wurde kontinuierlich aufgebaut und immer wieder punktuell verstärkt, wie zum Beispiel im Winter durch die Verpflichtung von Weltmeister André Schürrle, der gegen Dortmund zunächst nur auf der Bank saß.
Zur neuen Saison soll ein weiterer Stürmer von internationaler Klasse dazukommen. So soll der Pokaltriumph - anders als bei der Sensationsmeisterschaft 2009 unter Felix Magath - diesmal die gewünschte Nachhaltigkeit bringen.
Dabei gibt es ein massives Problem. Ohne den erfolgsbesessenen De Bruyne wäre das ambitionierte Großprojekt ungleich schwerer zu realisieren. Sein Vertrag läuft bis 2019, der Ideenautomat ist europaweit heiß begehrt.
"Der Junge bleibt bei uns", sagte Hecking im Olympiastadion. "Fertig. Aus." Mit diesem Thema wollte er sich die Feierlaune nicht verderben lassen.
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