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EuroScout: Dele Alli: Von der dritten Liga auf den Olymp?

Dennis Melzer

Publiziert 13/02/2016 um 00:00 GMT+1 Uhr

Jung, talentiert, ehrgeizig - Eurosport.de präsentiert im EuroScout-Blog die Zukunft des Fußballs. In dieser Woche steht Tottenhams Dele Alli im Fokus, der sinnbildlich für den derzeitigen Erfolg der "Spurs" steht. Kann der 19-Jährige dabei helfen, die Meister-Trophäe nach 55 Jahren an die White Hart Lane zurückzuholen?

Dele Alli (Tottenham Hotspur)

Fotocredit: Imago

Es gibt sie noch, die großen Fußballmärchen! Eine Erkenntnis, die in Zeiten der unbändigen Dominanz vereinzelter Akteure des europäischen Fußballs nicht mehr selbstverständlich ist. Zu vorherbestimmt scheinen die großen Ligen zu sein, zu groß die Diskrepanz zwischen Spitzenteams und „Underdogs“.
Dass wir ausgerechnet in England, dem Mutterland des Fußballs, wo sich normalerweise die finanzkräftigen "Big-5-Teams" Titel hin- und herschieben, eben jenes Phänomen ausmachen, überrascht und lässt den neutralen Fußballfan hoffen. Da steht mit Leicester City plötzlich eine Mannschaft an der Spitze, die im letzten Jahr zu diesem Zeitpunkt noch Letzter war und nur dank eines fulminanten Endspurts heute überhaupt noch in der Premier League mitmischen darf.
Mittlerweile dürfte auch dem letzten Skeptiker, dem letzten Pessimisten, der diese Art von Märchen höchstens noch aus der Zeit kennt, als Röhrenfernseher ausschließlich schwarz-weiß Bilder lieferten, klar sein, dass die "Foxes“ ein ernstzunehmender Anwärter auf die Krone sind.
Schön und gut, aber auf den Rängen zwei bis sechs werden sich doch dann die üblichen Verdächtigen finden, oder? Mitnichten, denn der zweite Platz wird aktuell von der nächsten Überraschungsmannschaft belagert: Tottenham Hotspur.
Einer der Protagonisten für den Erfolg der "Lilywhites“ ist ein junger Mann, der in dieser Spielzeit einen kometenhaften Aufstieg hinlegte: Dele Alli. Und genau auf den sollte der aktuell Tabellenvierte, Manchester City, wenn es am kommenden Sonntag zum Spitzenspiel gegen Tottenham (17:15 Uhr im Liveticker) kommt, ganz besonders aufpassen...
Spieler: Bamidele "Dele" Jermaine Alli
Geburtsdatum: 11. April 1996
Geburtsort: Milton Keynes
Nationalität: England
Größe: 1,88
Fuß: rechts
Position: Zentrales Mittelfeld
Derzeitiger Klub: Tottenham Hotspur
Rückennummer: 20
Bisherige Klubs: City Colts FC, Milton Keynes Dons
Alli wurde als Sohn eines nigerianischen Vaters und einer englischen Mutter im rund 70 Kilometer nordwestlich von London gelegenen Milton Keynes geboren. Im Alter von elf Jahren schloss er sich der Jugendabteilung der MK Dons, einem Klub, der erst im Jahre 2004 gegründet wurde, an.

Erster Ballkontakt: Ein Hackenpass

Der großgewachsene Mittelfeldmann durchlief die einzelnen Jugendabteilungen des damaligen Drittligisten, ehe er bereits mit 16 Jahren seinen Einstand für die Profis gab. Im FA-Cup-Spiel der MK Dons gegen Cambridge City wurde Alli in der 64. Minute für Jay O’Shea (nicht zu verwechseln mit dem einstigen ManUnited-Verteidiger John O’Shea) eingewechselt.
Und was macht man als 16-Jähriger, wenn man zum ersten Mal einen Ball im Profi-Fußball bekommt? Hektisch ins Aus klären oder doch lieber nach hinten spielen? Oder aber man macht es wie Alli und spielt gleich mal einen Hackenpass. Elf Tage später durfte der veranlagte Youngster im Rückspiel von Beginn an ran und traf beim 6:1-Sieg über die Universitätsstadt. In den nächsten zweieinhalb Jahren lief Alli in 74 Liga-Spielen für seinen Verein auf und erzielte dabei 22 Treffer. Nur ein Vorgeschmack auf das, was noch kommen sollte.

Tottenham zahlt 6,6 Millionen

Mit seinen starken Leistungen in der dritten Liga machte der Rohdiamant natürlich auf sich aufmerksam. Etliche Vertreter der englischen Beletage und anderen europäischen Spitzenklubs (darunter auch Scouts des FC Bayern) fanden sich im "Stadium mk" ein, um den begehrten Alli zu beobachten.
Tottenham Hotspur sicherte sich seine Dienste, überwies dafür im Gegenzug 6,6 Millionen Euro nach Milton Keynes und parkte Alli für den Rest der Saison bei seinem Heimatklub, wo er am Ende der Spielzeit den Aufstieg in die zweite Liga feiern durfte.

Der endgültige Durchbruch

Gegen den beinahe namhaftesten aller erdenklichen Gegner durfte Alli dann sein Premier-League-Debüt feiern – im ehrwürdigen Old Trafford, beim Auswärtsspiel gegen Manchester United, wurde das Mittelfeld-Juwel in der 77 Minute eingewechselt und holte sich nur 13 Minuten später direkt seine erste Gelbe Karte im Oberhaus ab.
Die Partie ging knapp verloren, doch Alli war fortan nicht mehr zu stoppen. Seit dem fünften Spieltag ist er aus der Startelf des Traditionsklubs nicht mehr wegzudenken. Mit wachsender Spielzeit des 19-Jährigen, wurde auch Tottenham immer besser. Ein Zusammenhang?
Mittlerweile ist Alli der personifizierte "Spurs"-Erfolg, kam in 25 Partien 23 Mal zum Einsatz und steuerte sieben Tore sowie fünf Vorlagen bei. Auch für die englische A-Nationalmannschaft spielte er schon vier Mal und traf gleich in seinem ersten Einsatz beim 2:0-Erfolg über EM-Gastgeber Frankreich.

Pochettinos System prädestiniert

Doch was sind Allis großen Stärken? Was zeichnet den 1,88-Schlaks aus, dass er gemeinhin als größtes englisches Talent gilt? So ziemlich alles. Alli ist der geborene Zentrumsspieler und paart technische Eleganz mit sagenhafter Kondition und einem hervorragenden Schuss. Er agiert flexibel und schaltet sich gerne ins Offensivspiel ein, indem er entweder einen seiner Mitspieler in Szene setzt oder eben selbst den Abschluss sucht.
Das 4-2-3-1-System, welches Tottenham-Trainer Mauricio Pochettino spielen lässt, ist Alli dabei wie auf den Leib geschneidert. Entweder zeichnet er sich als Regisseur und klassischer "Zehner" aus oder er ackert auf der Doppelsechs mit hoher Intensität, ohne sich für die Arbeit nach hinten, die allseits unbeliebte "Drecksarbeit", zu schade zu sein. Einzig sein Temperament sollte er besser in den Griff bekommen, was sich, bedenkt man sein Alter, sicherlich mit der Zeit legen wird.

Liverpool-Legenden adeln Alli

Apropos EM in Frankreich: Da will der Durchstarter hin und lässt eine Nominierung für sein erstes großes Turnier mit seinen formidablen Leistungen immer wahrscheinlicher werden. Ginge es nach Liverpool-Ikone Michael Owen, dann stellt sich die Frage, ob Alli mit zur Europameisterschaft fährt, erst gar nicht. Gegenüber dem englischen "Mirror" verriet Owen: "Dele Alli ist ein brillanter Spieler und er würde bei mir in der Startelf der Nationalmannschaft stehen".
Sein großes Vorbild, Steven Gerrard, hätte Alli derweil nicht nur gerne bei den "Three Lions", sondern auch beim FC Liverpool gesehen. Im Interview mit "BT Sport" erklärte die LFC-Legende: "Ich war sehr enttäuscht, dass Liverpool ihn nicht verpflichtet hat. Ich dachte, er wäre einer der Spieler, um die sich der Verein bemüht hat, speziell als es mit mir zu Ende ging. Er wäre sicher ein Spieler, der zehn bis 15 Jahre für Liverpool spielen könnte. Ich glaube, er hat die nötigen Fähigkeiten."
Derzeit läuft es bei Tottenham allerdings so gut, dass es keinen Grund für Alli gibt, den Verein zu verlassen. Deshalb hat er seinen Vertrag Mitte Januar bis 2021 verlängert - ein klares Ausrufezeichen. Die "Spurs" greifen nach 55 Jahren erstmals wieder nach der englischen Meisterschaft. Gewinnt Tottenham auch gegen die "Skyblues", dann sind sie ein heißer Kandidat. Und Alli? Vom Drittliga-Kicker auf den Fußball-Olymp? Schön, dass der Fußball noch Märchen schreiben kann.
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