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Nadal: Das nächstes Ziel heißt Federer!
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Publiziert 28/05/2015 um 16:07 GMT+2 Uhr
Nach der Siegerehrung ging bei Rafael Nadal gar nichts mehr. Alle Teleobjektive waren gebannt auf den nun neunmaligen French-Open-Champion gerichtet, und der sollte doch einfach bloß für die Fotografenhorde seinen geliebten Coupe des Mousquetaires hochrecken.
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Aber das sagte sich so leicht. Nadals rechter Arm wurde von Krämpfen geschüttelt, seine Beine wollten auch nicht mehr richtig. Statt zum breiten Siegerlächeln verzog sich das Gesicht des Mallorquiners im Schmerz. Der Physiotherapeut wurde gerufen, tatsächlich. Das war wohl die erste Siegerehrungs-Verletzungspause aller Zeiten. Aber das passte dann ja auch zu diesem geschichtsträchtigen Tag in Roland Garros. Doch Nadal biss erstmal auf die Zähne und dann wie immer in seinen Pokal. Lächeln, schnell absetzen, den Schmerz wegschütteln, wieder kurz lächeln, wieder absetzen. So hart hatte Nadal vor, während und nach einem Grand-Slam-Finale wohl noch nie kämpfen müssen.
Die Jagd auf Federer
Doch er hatte es geschafft: Bei seiner zehnten Teilnahme in Roland Garros gewann Nadal zum neunten Mal den Titel und das zum fünften Mal in Folge. Das schaffte vor ihm noch keiner, nicht einmal der legendäre Björn Borg, der ihm die Trophäe überreichte. Viel entscheidender aber war für Nadal dabei: Es war sein insgesamt 14. Grand-Slam-Erfolg - nun liegt er nur noch drei Titel hinter Roger Federer. Und dieser magischen 17 jagt Nadal inzwischen fieberhaft hinterher.
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Dass er in Melbourne eine riesige Chance auf den 14. Titel hatte liegen lassen, warf Nadal danach monatelang völlig aus der Bahn. Er war verletzt gewesen gegen Stan Wawrinka. Doch zu wissen, dass er in diesem Finale gar nicht konkurrenzfähig gewesen war, machte es trotzdem nicht besser für Nadal. Sein Selbstvertrauen war am Boden, er zweifelte, spielte sogar ängstlich. Er hatte diesen 14. Titel in Melbourne schon so klar vor Augen gehabt, dann rutschte er ihm aus den Fingern. Das war ein Schock für ihn. Und die Angst trieb Nadal um, dass es ihm in Paris wieder so ergehen könnte.
Die Uhr tickt ...
Und es wäre auch einer dieser Tage gewesen, an dem Novak Djokovic ihn hätte schlagen können - wenn der nicht selbst körperliche Probleme gehabt und ihm die schwüle Hitze in Paris nicht ebenso zu schaffen gemacht hätte. Er war genauso angespannt wie Nadal, für beide ging es um so viel. Und deshalb spielten sie kein hochklassiges Match. Sie quälten sich, sie kämpften mit letzter Kraft. Und irgendwie lief es dann am Ende, wie Nadals gesamte Sandplatzsaison verlaufen war: Nach schwachem Start zog er sich mit geballter Willenskraft noch heraus und triumphierte schließlich doch.
Kein Wunder, dass ihn die Tränen dieses Mal völlig übermannten. Nun hat er den 14. Grand-Slam-Pokal, und Nadal weiß, dass die Zeit längst gegen ihn arbeitet. Und genau deshalb muss sich Federer jetzt warm anziehen. Mit 28 Jahren ist Nadal wohl auf der Zielgerade seiner Karriere eingebogen, so lange wie ein Haas oder Federer wird ihm sein Körper nicht gestatten, auf höchstem Level Tennis zu spielen. Momentan scheint es schwer vorstellbar, dass Nadal noch mit 30 Jahren auf der Tour sein wird. Bleiben also vielleicht noch sechs bis acht gute Versuche, um Federer zu überflügeln.
Alte Frage, neue Antwort?
Mit Wimbledon rechnet Nadal dieses Mal gar nicht, sein Knie verträgt das Spiel auf Rasen nicht wirklich gut. Die US Open sind demnach also der nächste Angriffsversuch. Im Idealfall könnte er bei den nächsten French Open schon mit Federer gleichziehen. Und Nadal dürfte nun - mit der 17 so dicht vor Augen - alles daran setzen, sie so schnell wie möglich zu erreichen.
Er spürt das Alter, er spürt seinen Körper und die Zeit, die ihm wegläuft. Federer kann vielleicht noch mal einen Grand-Slam-Titel drauflegen, wenn alles zusammen passt. Doch nach dem Knacks von Melbourne hat er jetzt einen Verfolger im Nacken, der diesem Ziel nun plötzlich wie besessen nachjagt. Und so wie es aussieht, könnte die Frage nach dem besten Spieler aller Zeiten vielleicht doch noch eine neue Antwort bekommen.
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