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Rainhard Fendrich exklusiv

Eurosport
VonEurosport

Update 25/07/2012 um 11:22 GMT+2 Uhr

Rainhard Fendrich erklärt im Interview, warum er seinen Erfolgssong "Es lebe der Sport" auch nach 30 Jahren noch hören kann. Der 57-Jährige outet sich als Fan der deutschen Fußball-Nationalmannschaft und erläutert, warum man Drogenkonsum in der Künstlerszene nicht mit Doping gleichsetzen kann.

Rainhard Fendrich

Fotocredit: Eurosport

Das Gespräch führte Thomas Janz / Foto: Paul Schirnhofer
Herr Fendrich, mit "Es lebe der Sport" haben Sie vor 30 Jahren einen Nummer-eins-Hit im deutschsprachigen Raum gelandet. Wie ist dieser Gassenhauer entstanden?
Rainhard Fendrich: Weil ich selbst sehr viel Sport betreibe und weil ich entdeckt habe, dass vor dem Fernseher ein unheimlicher Voyeurismus entsteht. Die Leute waren schon damals gar nicht mehr an den Leistungen interessiert, sondern am Skandal. Das beginnt bei Boxkämpfen und geht hin bis zum tödlichen Unfall von Ayrton Senna. Die Leute ereifern sich an der Tragödie anderer Menschen. Das lehne ich ab und deswegen ist dieses satirische Lied entstanden.
Kommt die Message heute noch rüber?
Fendrich: Heute ist "Es lebe der Sport" etwas für die Nostalgie. Es ist die Erinnerung an eine Zeit. Die Leute wissen gar nicht mehr was sie singen - es ist vielmehr der Soundtrack ihrer Zeit. Damals hat man es verstanden. Heute hört man es gerne, aber die Message kommt nach 30 Jahren nicht mehr rüber.
Welche Bedeutung hatte dieses Lied für Ihre Karriere?
Fendrich: Mir war eigentlich gar nicht bewusst, dass dieser Song einen solch großen Anklang beim Publikum finden könnte. Es war mir vielmehr ein Bedürfnis, dieses kritische Lied zu schreiben, dass zu einer Hymne für die Couchpotatoes wurde.
Können Sie "Es lebe der Sport" heute selbst noch hören?
Fendrich: Natürlich! Ich bin Schauspieler, ich habe 250 Mal Jesus Christ Superstar gesungen und habe 100 Mal in Hamlet gespielt. Als Interpret freut man sich immer Lieder zu singen, die zu Volksliedern für das Publikum geworden sind.
Die Arbeit auf der Bühne ist sowohl mental als auch physisch ein harter Job. Wie halten Sie sich körperlich fit?
Fendrich: Als Künstler muss man in erster Linie mental fit sein. Ich versuche Sport zu betreiben, der mir Lust bereitet. Ich brauche zwar die Endorphinausschüttung, aber keinen Schmerz. Ich mache jeden Morgen die Fünf Tibeter und habe das Buch "The 4-Hour Body" gelesen. Es macht überhaupt keinen Sinn, stundenlang in einem Fitnessstudio herumzuhüpfen, um Fett abzubauen. Stattdessen muss man große Muskelgruppen trainieren. Ich mache Ausfallschritte, Kniebeugen, Liegestütze und Brustübungen. Und das Ganze dauert am Tag nicht länger als 15 Minuten. Ich trinke wenig Alkohol, auch wenn ich als Hedonist nicht ganz darauf verzichte, und ich ernähre mich halbwegs ausgewogen. Das funktioniert!
Sie haben mit den österreichischen Nationalspielern Andreas Ivanschitz, Helge Payer sowie Marc Janko zur EURO 2008 in Österreich und der Schweiz die Europa-Hymne gesungen und sind auf der Hochzeit von Bayern-Kapitän Philipp Lahm aufgetreten. Welchen persönlichen Bezug haben Sie zu Leistungssportlern?
Fendrich: Gar keinen. Ich kenne Franz Klammer von Charity-Veranstaltungen. Ich habe Toni Sailer kennengelernt, der unser Olympia-Hero war. Karl Schranz kenne ich zwar, aber nur vom "Grüß Gott" sagen. Eigentlich habe ich keinen Kontakt zu Spitzensportlern.
In Österreich spricht man immer noch vom "Wunder von Cordoba". Derweil verfügt die Alpenrepublik heute mit David Alaba, Martin Stranzl, Martin Harnik und Christian Fuchs über hervorragende Fußballer. Hat Österreich in Sachen Fußball einen Minderwertigkeitskomplex?
Fendrich: Diese Frage kann ich so nicht beantworten. Da könnte man genauso fragen, ob die Deutschen nicht ein Trauma im Skifahren haben. Zu diesem Thema kann ich wirklich nicht viel sagen. Ich weiß beispielsweise nicht wie man eine Fußballmannschaft trainiert. Aber eines weiß ich ganz sicher: dass die Deutschen hoch qualifizierte Fußballer sind und ich ein absoluter Fan der deutschen Fußballnationalmannschaft bin.
Ist es moralisch vertretbar, dass sowohl im Spitzensport als auch in der Musikindustrie horrende Gagen gezahlt werden?
Fendrich: Ich glaube, die Moral hat woanders etwas verloren. Vielmehr geht es um Angebot und Nachfrage. Wenn jemand irgendjemandem etwas zahlt, dann soll er es zahlen, wenn es ihm das Wert ist. Moral sollte eigentlich in der Ehrlichkeit, im Nicht-Doping stattfinden. Wie heißt noch einmal der Super-Fußballer aus Portugal?
Cristiano Ronaldo.
Fendrich: Richtig, Ronaldo. Der muss gar keine Tore schießen. Ich schaue ihm schon allein deswegen gerne zu, weil er sich beim Freistoß gebärdet wie ein Torero. Das hat in gewisser Weise einen Wert, auch wenn ich diesen nicht einschätzen kann. Ist es legal und moralisch vertretbar, dass ein Bankmanager am Ende eines Pleitejahres zwei Millionen Euro bekommt? Moral sollte im Kleinen passieren, dass man ehrlich spielt, fair spielt und dass man sich darauf besinnt, dass das Leben eigentlich viel zu kurz ist, um sich auf irgendwelche schrägen Sachen einzulassen.
Doping ist im Leistungssport keine Randerscheinung, Sie haben jahrelang Drogen genommen. Ist der Erfolgsdruck von den Fans und der Öffentlichkeit ab einem gewissen Bekanntheitsgrad irgendwann so groß, dass man zu verbotenen Substanzen greift, um sich persönlich zu schützen, oder ist es einfach nur eine Dummheit?
Fendrich: Man muss schon unterscheiden, die Kunst ist kein Wettbewerb. Wir gehen ja nicht in ein Rennen. Rock'n Roll, Musik und Drogen sind leider Gottes schlimme Geschwister. Bewusstseinserweiterung, Langeweile, Party – die Rolling Stones, die heute nach 50 Jahren gefeiert werden, haben nichts ausgelassen. Keith Richard fährt heute noch jedes Jahr einmal in die Schweiz und lässt sich sein Blut waschen. Ich hätte auch sagen können: "Leute, was ich mit meinem Körper tue, geht Euch nichts an!" Aber ich habe für mich die Erkenntnis erlangt, dass ich daran zugrunde gehe. Drogen nimmt man aus den verschiedensten Gründen. Ich war nie in der Schickimicki-Gesellschaft und ich habe es nie aus Langeweile genommen. Ich wollte nur mein Bewusstsein erweitern. Sogar Siegmund Freud hat Drogen genommen und er ist daran zugrunde gegangen. Ich weiß, dass ich es nicht brauche, aber man darf nie den großen Fehler begehen, Musik und Kunst gleichzustellen mit einem Wettbewerb. Man ist durch die Droge nicht kräftiger, man ist nur anders.
Es gibt genügend Beispiele, die zeigen, dass prominenten ehemalige Drogenkonsumenten und Sportlern, die des Dopings überführt wurden, dieser Fehler auf ewig nachgetragen wird. Inwiefern ist dieses Verhalten scheinheilig, wo doch jeder weiß, dass Drogen in der Musikbranche und Doping im Sport nichts Außergewöhnliches sind?
Fendrich: Damit muss man leben können. Die Rolling Stones haben einmal gesagt: "Time is on my side." So schnell die Leute etwas aufbauschen, so schnell vergessen sie es auch wieder. Davon leben wir. Ich verzeihe jedem, der mir Böses getan hat, aber ich vergesse es nie! Ich habe niemandem wehgetan, ich habe nur mich verletzt. Alles, was mir passiert ist und was ich getan habe, war wichtig, dass ich heute so offen mit Ihnen reden kann und so bin, wie ich bin. Ich bereue nichts. Vielleicht wäre ich sonst anders, vielleicht wäre ich ein unheimlicher Spießer geworden. Stattdessen bin ich weltoffener und kann sagen: "Ich habe mein Leben im Griff." Ich lebe gerne, ich lebe bescheidener und ich bin dankbar, dass ich in vollen Häusern spielen darf. Ich weiß die Menschen zu werten. Es ist leider so, dass wir den Schicksalen anderer immer gleichgültiger gegenüberstehen. Und das macht mich ein bisschen traurig.
Werden Sie die Olympischen Spiele am Bildschirm verfolgen?
Fendrich: Natürlich, schließlich war ich in meiner Jugend Speerwerfer und in der 4 x 100-Meter-Staffel.
Welche Projekte haben Sie am Start?
Fendrich: Ich arbeite an einer neuen Platte und lasse mir wahnsinnig viel Zeit dazu. Vielleicht wird sie nächstes Jahr fertig.
Welche Wünsche haben Sie noch in Ihrem erfüllten Leben?
Fendrich: Ich möchte einen Satz sagen, weil gerade Sport und Jugend etwas damit zu tun hat: "Alle wollen ein langes Leben, aber keiner will alt werden." Darüber sollten wir einmal nachdenken.
Zur Person:
Rainhard Fendrich wurde am 27. Februar 1955 in Wien geboren. Der Österreicher ist Liedermacher, Moderator und Schauspieler zugleich und zählt zu den erfolgreichsten Vertretern des Austro-Pop. Songs wie "Es lebe der Sport", "Weus'd a Herz hast wia a Bergwerk" und "Macho Macho" machten ihn in den 80er Jahren über die Grenzen der Alpenrepublik hinaus zu einem Superstar. 1993 übernahm Fendrich nach Rudi Carrell die Moderation von Herzblatt. Im selben Jahr startete er die Comedy-Show "Nix is fix" im österreichischen Fernsehen.
Anfang April 2006 wurde Fendrich aufgrund der polizeilichen Aufdeckung eines Dealer-Rings der Ankauf von Kokain nachgewiesen. Daraufhin gab er zu, jahrelang Drogen konsumiert zu haben. Der Künstler hat unmittelbar danach freiwillig einen Entzug absolviert und beteiligt sich seither an Anti-Drogen-Kampagnen.
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