Von wegen Abgesang: Biathlon im Stimmungshoch

Eurosport-Kommentator Sigi Heinrich schreibt in seinem aktuellen Blog über die Entwicklung des deutschen Biathlons - und die Ursachen für den Höhenflug.

DSV-Dreifachsieg durch Hildebrand, Hammerschmidt, Gössner

Fotocredit: Eurosport

Ein wenig verwundert darf man sich momentan die Augen reiben. Nicht des fehlenden Winters wegen, der uns irgendwann schon noch mit klirrender Kälte und heftigem Schneefall umklammern wird.
Vielmehr staunen wir über die Abteilung Biathlon des Deutschen Ski-Verbandes (DSV), die einen Knaller nach dem anderen zündet. So erfolgreich wie in diese Saison sind die Skijäger seit sieben Jahren nicht mehr gestartet. Serienweise gab es Podestplätze, garniert mit einigen Siegen. Der Aufwärtstrend der letzten Weltmeisterschaft wird fortgesetzt. Vom oft zitierten Abgesang ist keine Rede mehr. Ganz im Gegenteil - man wähnt sich wieder im Stimmungshoch der letzten 20 Jahre. Biathlon ist und bleibt ein Kassenschlager.

Tolle Atmosphäre

Freilich ist dies kein Wunder, sondern das Ergebnis zielgerichteter Arbeit, gepaart mit glücklichen Fügungen. Vor der Saison habe ich eine kleine Umfrage gestartet und viele Athleten nach deren Vorbereitung und möglichen Neuerungen gefragt. Bei den Antworten der DSV-Athleten (die Umfrage war natürlich international) ist aufgefallen, dass fast alle ihre Ausführungen mit der Aussage beendeten, wie toll die Atmosphäre im Team sei und dass es allen sehr viel Spaß mache.
Der Wechsel zu jüngeren Trainern (Mark Kirchner, Tobi Reiter, Andi Stitzl) war ein kluger Schachzug. Zudem blüht Damenchef Gerald Hönig, der noch einer anderen Generation angehört, auf. Die Sprache untereinander passt. Man befindet sich nicht nur verbal auf einer Wellenlänge.

Herausragende Athletin fehlt

Dazu kommt, dass dieses Jahr bei den Damen die eine herausragende Athletin fehlt. Mehr als ein Dutzend können um die ersten Plätze kämpfen. Zudem ist im deutschen Team eine Generation am Start, die bereits im Juniorenbereich Erfolge aufzuweisen hatte.
Aus der Ära um Magdalena Neuner und Kati Wilhelm ist nur noch Miriam Gössner übrig geblieben, deren Leidenszeit jetzt auch zu Ende ist. Andere wie Maren Hammerschmidt und Franziska Hildebrand hatten damals keine Chance, bekamen keine Einsätze. Jetzt sind sie plötzlich fester Bestandteil des Teams, in dem sich die Küken wie Laura Dahlmeier, Franziska Preuß und Vanessa Hinz ohne Druck weiterentwickeln können. Der Star ist die Mannschaft. Diese Botschaft ist angekommen.

Schempps Antwort war eines Champions würdig

Bei den Herren ist das ähnlich, wenngleich das Durchschnittsalter höher ist. Allgemein übrigens. Mit Ausnahme von Björndalen (41) sind die meisten Sieganwärter zwischen 27 und 30 Jahren. Das Niveau ist bei den Männern so hoch, dass bereits die kleinste Schwächephase reicht, um sich im Niemandsland der Punkteverteilung wiederzufinden. Simon Schempp musste das in Östersund bereits erleben. Seine Antwort mit dem Sieg im Sprint in Hochfilzen war eines Champions würdig. Auch Arnd Peiffer hat mit seinen zwei zweiten Plätzen, so früh wie noch nie in einer Saison, erneut seine Möglichkeiten mehr als angedeutet.
Mit Benedikt Doll ist eine neue feste Größe in die Mannschaft gekommen, die von Erik Lesser, Andi Birnbacher und Daniel Böhm komplettiert wird. Auch wenn Matthias Bischl für Peiffer in Hochfilzen an den Start ging: Aus der zweiten Reihe werden es alle schwer haben, in die Weltcup-Mannschaft zu kommen. Noch ist das nicht problematisch, allerdings muss der DSV aufpassen, dass im Männerbereich der Nachwuchs nicht auf der Strecke bleibt. Das ist der Unterschied zu den Mädels - da ist die kommende Generation bereits tonangebend.
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