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FC Bayern: Carlo Ancelotti spielt im Fall Thomas Müller mit dem Feuer

Jan Horstkötter

Update 09/09/2017 um 01:50 GMT+2 Uhr

Der Fall Thomas Müller schlägt beim FC Bayern momentan hohe Wellen. Nachdem der 27-Jährige am zweiten Spieltag gegen Werder Bremen nur auf der Bank saß und erst spät eingewechselt wurde, äußerte er erstmals öffentlich Kritik. Auf der Spieltags-Pressekonferenz war es das Thema Nummer eins. Bekommt Carlo Ancelotti die Problematik nicht geregelt, könnte es langfristige Folgen für die Münchner haben.

Carlo Ancelotti und Thomas Müller

Fotocredit: Getty Images

Es war eine eigenartige Szene, die sich bei der Pressekonferenz des FC Bayern München vor dem Bundesliga-Auswärtsspiel bei der TSG 1899 Hoffenheim abspielte. Nach der gefühlt fünfzigsten Frage zu Thomas Müller reagierte Dieter Nickles, der bei den Münchnern durch die Pressekonferenzen führt, fast schon genervt.
Wir hoffen, dass es jetzt noch ein paar anderen Themen gibt außer Müller.
Sein Schrei nach einem Themenwechsel blieb unerhört. Auch die nächste Frage drehte sich wieder um den Offensivspieler. Er ist momentan das beherrschende Thema im Umfeld des Rekordmeisters.
Müller fiel bereits öfter mal der Rotation zum Opfer - wie nahezu jeder Bayern-Profi. Kam bereits öfters mal „nur“ von der Bank. Stand des Öfteren mal nicht in der Startformation. Eine so deutliche Kritik wie nach dem Spiel gegen Bremen äußerte er allerdings noch nie.

Thiago spielt immer

Es ist die Härte seiner Wortwahl, vielleicht sogar die Selbstzweifel, die einen aufhorchen lassen. "Müller spielt immer" war einmal. "Thiago spielt immer" müsste es jetzt vielleicht heißen.
Der Spanier gehört unzweifelhaft zu Ancelottis Lieblingen. Auch nach längerer Verletzungspause war ihm sein Stammplatz direkt wieder sicher - auf Kosten Müllers.
Mit Thiago spricht Ancelotti viel. Regelmäßig. Auf Spanisch. Mit seinem "Thia", wie er ihn nennt. Gespräche mit Müller? Auf Deutsch? Regelmäßig?
"Haben sie seitdem noch einmal mit ihm persönlich gesprochen?", kam die Frage eines Journalisten auf der Pressekonferenz. Ancelotti, kurz und knapp: "Ich spreche jeden Tag mit ihm. Wir haben kein Problem!"
Aber sind es Gespräche, wie er sie mit Thiago führt? Mit einem seiner Favoriten? Es darf zumindest - auch aufgrund der noch immer deutlich vorhandenen Sprachbarriere - angezweifelt werden.

Kommunikationsprobleme beim FC Bayern?

Michael Ballack, der 2009/2010 unter Carlo Ancelotti beim FC Chelsea spielte, sagt im exklusiven Eurosport-Interview:
Ancelotti entscheidet ganz alleine, welchen Weg er mit welchem Spieler geht und was er mit ihnen vorhat. Da gehört es auch mal dazu, vielleicht den einen oder anderen Spieler draußen zu lassen. Aber wichtig ist, dass die Kommunikation stimmt, dass die Spieler wissen: 'Wie plant der Trainer? Was hat er mit mir vor?' Und dann akzeptieren Spieler auch viel eher ihre Rolle.
"Es wird eine Rotation geben. Manchmal wird Müller spielen. Manchmal werden er oder andere auf der Bank sitzen", so Ancelotti. Klingt nach einem klaren Plan - nicht! Allgemein hat es derzeit den Anschein, die Kommunikation käme zu kurz.
Es sind Floskeln, Standardsätze, wie sie im Fußball alltäglich sind. Kann man das auf einer Pressekonferenz sagen? Natürlich kann man das! Kann man den Spieler loben, wenn er momentan medial im Fokus steht und öffentlich angezweifelt wird? Auch das kann man. Macht Ancelotti aber nicht.

Rummenigge stärkt Ancelotti

Für den FC Bayern und die Klub-Bosse ist es momentan eine schwierige Situation. Karl-Heinz Rummenigge stellte erst kürzlich wieder klar:
Es gibt nur einen Mann bei uns, der darüber entscheidet, mit welcher Taktik und mit welcher Mannschaftsaufstellung wir spielen - und das ist Carlo Ancelotti, unser Trainer.
Ancelotti entscheidet. Das ist normal. Es ist die Aufgabe des Trainers. Er soll langfristig Erfolg haben. Das sagt auch Ballack::
Wenn er den einen oder anderen Star mal draußen lässt, ist das auch normal. Wichtig ist, wie die Mannschaft, der Spieler damit umgeht. Ancelotti denkt sich ja mittelfristig, langfristig was dabei. Er muss auf mehreren Hochzeiten tanzen. Man hat ja das Ziel, die Champions League zu gewinnen.
Mittelfristig und langfristig Erfolg haben. Das sind die Ziele beim FC Bayern. Waren sie immer. Werden sie immer sein. Doch der große Erfolg blieb in Ancelottis erstem Jahr aus. "Nur" die Meisterschaft. Nicht einmal der DFB-Pokal sprang am Ende raus. Für die erfolgsverwöhnten Münchner mittel- und langfristig zu wenig.

Hinterlässt Ancelotti verbrannte Erde?

Müller wurde bereits bei mehreren Top-Klubs wie Arsenal, Chelsea oder Real Madrid ins Gespräch gebracht. Noch ist ein Wechsel utopisch. Aber was ist, wenn die Einsatzzeit und der große Erfolg weiter ausbleiben? Dann ist Müller womöglich weg - und Ancelotti auch irgendwann.
Dann steht der FC Bayern München ohne seine Identifikationsfigur da. Ohne den Publikumsliebling. Ohne Thomas Müller. Für Ancelotti ist es ein Spiel mit dem Feuer. Er muss den kurzfristigen, mittelfristigen und langfristigen Erfolg kombinieren. Und am Ende keine verbrannte Erde hinterlassen.

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