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Mats Hummels beim BVB auf dem Weg zu alter Stärke

Marc Hlusiak

Update 04/02/2016 um 07:02 GMT+1 Uhr

Mats Hummels ist eine der streitbarsten Figuren im Bundesliga-Zirkus, über ihn wird viel und gerne geschrieben. Spielt er gut, zählt er zu den besten Verteidigern des Planeten. Läuft es schlecht, ruft das sofort seine Kritiker auf den Plan – was ihn manchmal nervt. In der Hinrunde gab es einige dieser schwächeren Momente, der Start der Rückrunde lässt jedoch kaum Raum für Kritik.

BVB-Star Mats Hummels

Fotocredit: Imago

So einer rutscht ihm halt auch immer mal raus. Das kuriose "Fast-Eigentor" gegen Ingolstadt am vergangenen Wochenende wäre ein gefundenes Fressen für alle Hummels-Kritiker gewesen. Schiedsrichter Guido Winkmann tat dem 27-Jährigen jedoch den Gefallen und pfiff die Szene, bei der Mats Hummels seinen Schlussmann Roman Bürki aus gut 20 Metern sehenswert überlupfte, wegen eines Foulspiels ab.
Es ist ein altbekanntes Problem im Spiel des Verteidigers. Sein Spielaufbau sucht in der Bundesliga, mit Ausnahme von Jerômé Boateng, seinesgleichen. Ob Außenrist oder Innenseite – Hummels' elegante Quarterback-Pässe über gut 40 Meter sind technisch eine Augenweide. Seine Übersicht und sein Spielverständnis müssen zweifellos mit dem Prädikat "weltklasse" bewertet werden. Die Interpretation eines modernen Innenverteidigers birgt aber auch Gefahren.

"Seuchensaison" 2014/2015

In der letzten Saison lief es weniger elegant bei Hummels. Als eine der Säulen der Meisterjahre 2011 und 2012 und als Stamm-Innenverteidiger der Weltmeistermannschaft von 2014 unterliefen ihm im Dortmunder "Seuchenjahr" unerklärlich viele Fehler. Zwar hatte es Ausrutscher bei Hummels immer wieder gegeben, doch wenn beim Rest der Mannschaft auch nichts läuft, wiegen Patzer von Abwehrspielern doppelt schwer.
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Mats Hummels in der Kritik

Fotocredit: Eurosport

Resultat: Der BVB stand nach 17 Spielen mit nur 15 Punkten auf dem vorletzten Tabellenplatz und die Gazetten des Landes stürzten sich auf den Kapitän der Borussia. Die Situation war natürlich nicht an Hummels allein festzumachen, ganz unschuldig war er aber nicht.

Nach der Weltmeisterschaft kam das Loch

Der Saisonstart ist für Nationalspieler nach einem kräftezehrenden Turnier oftmals hart und verläuft selten reibungslos. Das bestätigen Betroffene immer wieder und auch Hummels kann davon jetzt ein Liedchen singen:
Die letzte Hinrunde war das wahrscheinlich Schlechteste, was ich in meinem Leben bisher gespielt habe
ließ Hummels nach der Saison verlauten und sah die Schuld dafür auch bei seinen Essgewohnheiten: "Die Hinrunde 2014/15 hat sich schwerfällig angefühlt und sah sehr schwerfällig aus. Das war gewichtsmäßig eine Katastrophe von mir. Ich trage das Laster des Frustessens in mir. Und weil mir die Hinrunde eben viel Frust beschert hat, bin ich in einen kleinen Teufelskreis geraten."
Es lief wirklich nicht. Die ersten vier Partien in der Liga fehlte er verletzt wegen eines Beckenschiefstands, nach seiner Rückkehr gab es ein Unentschieden gegen Stuttgart und anschließend fünf Niederlagen in Folge, bevor er weitere drei Spiele wegen einer Bänderdehnung fehlte – Rhythmus konnte er in der Hinrunde deshalb nie aufnehmen. Doch Jürgen Klopps Abschiedssaison ist abgehakt. Der BVB rettete sich nach einer guten zweiten Halbserie noch in die Europa League.

Kritik reißt nicht ab – Hummels wehrt sich

Was ihn umso mehr ärgern dürfte: Auch in der jüngst gespielten besten Hinrunde der BVB-Vereinsgeschichte (38 Punkte) hagelte es immer wieder Kritik für den Weltmeister – zum Beispiel nach der 1:3-Niederlage in Hamburg am 13. Spieltag. Hummels traf erst ins eigene Tor und sah dann beim 0:2 nicht gut aus – wieder stand er im Mittelpunkt der Kritik, die seines Erachtens "völlig überzogen" war.
Bei Twitter platzte ihm der Kragen. "Jetzt ist's aber mal gut", wetterte Hummels. "Unglaublich was man sich wohl gefallen lassen muss! Weit an der Realität vorbei!"

An der Realität vorbei?

Thomas Tuchel schien mit der Kritik etwas anfangen zu können und setzte seinen Kapitän im nächsten Heimspiel gegen den VfB Stuttgart auf die Bank. Offiziell verkauften die Dortmunder die Degradierung als "mentale Ermüdung" und "schon länger geplante Pause", doch Tuchel wollte seinem Kapitän wohl auch einen Denkzettel verpassen.
Den scheint dieser verstanden zu haben. Vor dem Mikrofon hält er sich seitdem zurück, konzentriert sich stattdessen wieder auf das Wesentliche – seine Leistung auf dem Rasen.
Hilfreich ist auch, dass in Dortmund die Post-Klopp-Ära mit einem Ur-Knall begonnen hat und es unter Tuchel von Beginn an wie am Schnürchen läuft. Aktuell sind die Borussen mit 44 Punkten aus 19 Spielen der beste Zweite der Bundesliga-Geschichte – die direkte Qualifikation zur Champions League ist reine Formsache.

Hummels in Topform? Für die EM ein Muss!

Hummels startete furios in die Rückrunde. Läuferisch stark, in den Zweikämpfen kaum zu bezwingen und in der Umschaltbewegung wieder mit seinem starken Antizipationsspiel, mit dem er schon so oft gefährliche Konter der Dortmunder einleitete. Diese risikoreiche und offensive Art des Verteidigens war es, die ihn einst zum besten Verteidiger Deutschlands machte - und genau da will er wieder hin.
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Mats Hummels zeigt gegen Gladbach eine überzeugende Vorstellung

Fotocredit: Imago

Mit Blick auf die Europameisterschaft im Sommer und die Verletzung von Jerômé Boateng (fällt bis zu drei Monate aus) ist das enorm wichtig. In Frankreich ist die deutsche Nationalmannschaft auf die Erfahrung des Weltmeisters angewiesen. Sollte Boateng nicht rechtzeitig fit werden, hat Hummels seinen Stammplatz in der Innenverteidigung wohl sicher.
Voraussetzung dafür sind Spiele auf "Gladbach-Niveau". Gelingt ihm das in den nächsten Wochen öfter, wird die negative Berichterstattung mehr und mehr in den Hintergrund treten – dann kann auch endlich wieder dem "alten Hummels" oft und ausgiebig gehuldigt werden.
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