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BVB in Darmstadt "gnadenlos durchgefallen": Borussia Dortmund grottig auf der kleinen Bühne

Johannes Mittermeier

Update 12/02/2017 um 21:32 GMT+1 Uhr

Borussia Dortmund blamiert sich beim Tabellenletzten SV Darmstadt 98, verliert verdient 1:2 (1:1) und rätselt mal wieder über sich selbst. Die Kardinalfrage: Warum kann das, was in großen Spielen der Champions League oder gegen den FC Bayern München gelingt, nur so unregelmäßig umgesetzt werden, wenn es gegen vermeintlich Kleine geht? BVB-Trainer Thomas Tuchel liefert ernüchternde Antworten.

Borussia Dortmund verliert in Darmstadt

Fotocredit: Imago

Marco Reus verschwand als schwarz-gelbes Knäuel in der tobenden Menge, der Blick zu Boden, die Lippen aufeinandergepfercht, Frust. Bloß weg hier, vom Ort einer Blamage, wo ein enthemmt jubelnder Torsten Frings seinen ersten Bundesligasieg als Trainer beklatschte.
SV Darmstadt 2, Borussia Dortmund 1. Und zwar: völlig verdient.
Gegenüber der Klub-Homepage schimpfte Reus:
Unser Defensivverhalten war eine Katastrophe! Die Art und Weise der Niederlage war nicht in Ordnung. Darüber müssen wir reden.

BVB geht nicht ans Limit

Bittersüß untermalte sein Trainer Thomas Tuchel am "Sky"-Mikro, was Reus gesehen hatte und jeder andere auch. "Die Mannschaft, die näher an ihrem Limit war, hat gewonnen", brummte er, "alleine diese Erkenntnis zeigt das ganze Dilemma".
Im Kommentar von BVB-Keeper Roman Bürki zentrierte sich schließlich das Rätsel, das Dortmund in Darmstadt umschwirrte:
Es hat eindeutig irgendetwas nicht gestimmt.
Tja. Aber was?

Marco Reus fassungslos

"Wir haben nicht das gespielt, was der Trainer uns vorgegeben hat", meinte Reus. Erschreckend genug. Raphael Guerreiros Tor (44. Minute) half nichts, weil Terrence Boyd (11.) und Antonio Colak (67.) für Darmstadt trafen. Und eigentlich noch viel öfter hätten treffen müssen, der Tabellenletzte versiebte beste Einschusschancen, reihenweise.
Am Ende stand neben der Pleite keine ganz unbekannte Feststellung für den BVB, ihr Sprachrohr Reus packte sie via "ARD" in Worte:
Zum wiederholten Mal sind wir in guter Verfassung, fahren zu einem Gegner, den wir eigentlich schlagen müssen - und lassen die Punkte liegen.

Tuchel-Monolog: "Keine Ahnung, woran es liegt"

Mysteriöse Probleme gegen Teams, die deutlicher schlechter platziert sind, ziehen sich als Malaise durchs Dortmunder Arbeitsjahr 2016/17.
Gegen Bayer Leverkusen (zum damaligen Zeitpunkt nur 10.) setzte es ein 0:2, beim FC Ingolstadt (18.) ein 3:3, gegen den FC Schalke (14.) ein 0:0, gegen den FC Augsburg (12.) ein 1:1, beim FSV Mainz (11.) ein 1:1. Jetzt die Peinlich-Pleite von Darmstadt.
In einer idealen Welt hätte der BVB so 14 Punkte mehr - und würde nicht mit 34 Zählern deren acht hinter RB Leipzig und 15 hinter dem FC Bayern München rangieren. Dabei sind dies doch Dortmunds Sphären.
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Darmstadt erkämpft sich den Sieg gegen den BVB

Fotocredit: SID

Der Rekordmeister unterlag im direkten Duell genauso 0:1 wie Leipzig vor Wochenfrist, die Champions-League-Vorrunde schloss Borussia in einer Gruppe mit Real Madrid (zweimal 2:2) als ungeschlagener Spitzenreiter ab. Dem DFB-Pokal-Highlight gegen Hertha BSC (Sieg im Elfmeterschießen) aber folgte Darmstadt.

BVB schwach auf der kleinen Bühne

Es war nicht einmal ein Ausreißer nach unten, sondern "eher eine Bestätigung dessen, was wir in dieser Saison zeigen", sagte Tuchel:
Dass wir in der Lage sind, an unser Leistungsoptimum zu kommen, wenn die Ausgangslage 50:50 ist - in jedem Spiel der Champions League, gegen Bayern, bei einem K.o.-Spiel im Pokal oder gegen Leipzig zu Hause. Dann sind wir hellwach.
Partien im "maximalen Scheinwerferlicht" (Tuchel) liegen dem BVB, das verdeutlicht die Qualität dieses Teams. Und Vorstellungen wie in Darmstadt offenbar die Mentalität.
"Dieses Spiel, das im Grunde unter dem Radar läuft, dann noch in Darmstadt - größer gehen die Gegensätze nicht", sagte Tuchel, der "nie das Gefühl" hatte, bei seinen Mannen eine adäquate Gangart zu registrieren. Der Coach weiter:
Es macht's nicht besser, dass wir darüber im Vorfeld gesprochen haben. Wir tun uns offensichtlich extrem schwer, das anzunehmen, was Leistungssport wirklich ausmacht.
Wären seine Profis doch so engagiert gewesen wie Tuchel auf der Pressekonferenz; da personifizierte der 43-Jährige jene schneidige Haltung, wofür zuvor, auf dem Darmstädter Fußballplatz, schon Vermisstenmeldungen versendet wurden.

Tuchel sauer

"Wir wollten mit einem sehr bescheidenen Ansatz gewinnen, es ging um die Kleinigkeiten", sagte Tuchel und referierte ausladend:
Passschärfe, Passgenauigkeit, Durchsetzungsvermögen, Zweikampfverhalten, Ausstrahlung. Aber wenn wir irgendwas nicht geliefert haben, dann die Kleinigkeiten. Da sind wir gnadenlos durchgefallen!
Erklärungen? "Wenn wir wüssten, was hilft... Wir sind ständig auf der Suche, der Mannschaft zu helfen, sie zu unterstützen und zu pushen", sagte Tuchel und wirkte einigermaßen ratlos: "Keine Ahnung, woran es liegt."
Nächste Woche werden sie bei der Fahndung tendenziell nicht fündig. Dienstag ist Champions League gegen Benfica Lissabon, Achtelfinale, Hinspiel. Es soll Bühnen mit weniger Scheinwerfer geben.
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