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LIGAstheniker: Der groteske Populismus um den Bayern-Bonus

Thilo Komma-Pöllath

Update 20/02/2017 um 12:35 GMT+1 Uhr

Thilo Komma-Pöllath beleuchtet in seiner Eurosport-Kolumne den Aufreger des 21. Bundesliga-Spieltags. Hertha-Trainer Pál Dárdai zettelte nach dem späten Ausgleich der Bayern und der langen Nachspielzeit eine Verschwörung an. Alles Quatsch, findet der Autor! Die Bundesliga muss in diesen windigen Zeiten die Realität wieder erkennen. Es stürmt nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch im Stadion.

Robert Lewandowski schießt den Ausgleichstreffer für den FC Bayern gegen Hertha BSC

Fotocredit: Imago

Der Fußball ist ein ziemlich populistischer Zeitvertreib. Das liegt in der Natur des größten Volkssports in Deutschland. Man spielt dem Fanvolk gerne was vor. Legt man etwa die Bundesliga neben die Realität, dann konnte man zuletzt eine analog voranschreitende Verrohung und Verdummung beobachten.
Etwa, wenn es in machen Bundesligastadien (Dortmunder Südtribüne: "Bullen schlachten") zugeht, wie auf manchem Parteitag, auf dem darüber entschieden werden soll, ob ein allseits unerträglicher Politiker Stadionverbot bekommen sollte oder nicht. Sturmhauben, Bengalos, Schlagringe, Neonazitum - der Fußball ist ein Brennglas für eine Gesellschaft, in der hysterisch verunglimpft, bedroht und bespuckt wird. Es sind stürmische Zeiten - in der Welt da draußen und in den Stadien da drinnen.

Dárdais große Verschwörung

Wenn also ein Mann vom Formate Carlo Ancelotti beim Abmarsch aus dem Stadion angerotzt wird, dann wird ausgiebig darüber diskutiert, ob er so (gemeint ist sein Mittelfinger Richtung Berliner VIP-Tribüne) die Contenance verlieren darf - ein mögliches DFB-Verfahren inklusive. Was das bitteschön für eine Fankultur sein soll, wenn Trainer im Stadion mit Rotz und Speichel geduscht werden, darüber mag man dann gar nicht erst sprechen. Ist ja auch unappetitlich das Ganze.
Die Rotz-Vorlage lieferte dabei ausgerechnet Hertha-Trainer Pál Dárdai, der nach dem unglücklichen 1:1 seiner Mannschaft gegen den großen FC Bayern ganz tief in der Populismus-Kiste kramte und dummerweise auch fündig wurde: "Das ist der Bayern-Bonus", meckerte der Ungar und klang dabei wie sein eigener Regierungschef, wenn der mal wieder den Teufel an die Wand malt.
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Pal Dardai beschwert sich über die Nachspielzeit gegen Bayern

Fotocredit: Imago

So als gäbe es eine fremde Macht, eine unheilvolle Verschwörung aus Schiedsrichtern, DFL und Medien, die irgendwann, irgendwo, warum auch immer beschlossen hätte, dass keiner außer Bayern München Deutscher Meister werden dürfe. Mit Verlaub: Das ist grotesk!

Fake! statt Schicksal

Dárdai meinte das bitter ernst. Und sein Stürmer Vedad Ibišević setzte in der Mixed Zone noch einen drauf, in dem er kalt und aggressiv hinterherschnaufte: "Alle haben Angst vor Bayern!" Ja klar, aber wer bitteschön sind alle nochmal genau? Wie es sein kann, dass Robben in der Nachspielzeit so mutterseelenallein am Berliner Strafraum zum Ball kommen kann und das späte Lewandowski-Tor erst möglich macht?
Warum er, Dárdai, das Berliner Tor akzeptiert, das durch eine Schwalbe entsteht? Wie er sich erklären könne, dass die Bayern vier ihrer letzten sieben Treffer nach der 89. Minute erzielten? Wer will sich schon mit den Realitäten beschäftigen, wenn es auch einfacher geht. Wut, Ressentiments und verschwörungstheoretischer Unfug reichen in diesen Zeiten allemal aus, um jeden zu diskreditieren, nur weil die Realitäten gerade nicht ins Bild passen.
Dusel, Pech, Schicksal? Abgeschafft! Das heißt heute: Fake! Genauso hätte Dárdai tags drauf den internationalen Skiverband beschimpfen können, weil bei der Ski-WM in St. Moritz schon wieder der Hirscher gewonnen hat. Immer der Hirscher, immer so kurz vor Schluss, als letzter Fahrer, und dann noch mit soviel Abstand. Betrug, aber mindestens!
Es gibt noch eine Anleihe aus einem anderen Sport, im Profiboxen ist ein ungeschriebenes Gesetz: Willst du den Champion entthronen, musst du mehr investieren und deutlich besser sein als dieser. Wäre Hertha deutlich besser gewesen, hätte Hertha die müden Bayern vom Platz geschossen. Kein Fake!
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