RB Leipzig: Ralf Rangnick über den FC Bayern, Hoffenheim 2008, Ballbesitz und Gehaltsobergrenze

Vor dem 11. Spieltag der Bundesliga steht Aufsteiger RB Leipzig punktgleich mit dem FC Bayern München an der Tabellenspitze, jetzt geht's gegen Bayer 04 Leverkusen. Ralf Rangnick hat den Höhenflug initiiert, wie 2008 mit der TSG 1899 Hoffenheim. Der Sportdirektor spricht über das Leipziger Fußball-Mantra, Gehaltsobergrenzen, Überlegungen mit Thomas Tuchel - und Reue aus einer Fehde mit Bayern.

Ralf Rangnick von RB Leipzig

Fotocredit: AFP

Aus Aberglauben, gesteht Ralf Rangnick, war er "nie mehr in La Manga". Im Januar 2009 setzte die TSG 1899 Hoffenheim einen Test gegen den Hamburger SV an, Carlos Eduardo sah Rot und wurde für Wochen gesperrt. Rückblickend sieht Rangnick, damals Trainer des Aufsteigers, der sensationell zur Herbstmeisterschaft vorpreschte, die Episode als "mitentscheidend für den Abwärtstrend".
Hoffenheim verabschiedete sich von oben, und im Frühjahr 2011 verabschiedete sich Rangnick von Hoffenheim.
Im Folgejahr heuerte der heute 58-Jährige bei RB Leipzig an, als Trainer dirigierte er die Sachsen 2016 in die Bundesliga, inzwischen ist er wieder Sportdirektor. Und was durfte er für einen Saisonstart erleben! "Wenn wir am Limit spielen, können wir jeden schlagen", behauptet Rangnick im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung".
Vor dem 11. Spieltag liegt Leipzig punktgleich und ungeschlagen mit dem FC Bayern München an der Tabellenspitze, am Freitagabend gastiert der Klub zu einem überaus interessanten Duell bei Bayer 04 Leverkusen (ab 20:30 im Liveticker auf Eurosport.de).

Rangnick: "Pep wird zu sehr auf Ballbesitz reduziert"

Leipzig gegen Leverkusen, das ist ein bisschen wie Leipzig gegen Leipzig. "Kann man so sagen", bestätigt Rangnick, der Bayers Trainer Roger Schmidt einst zu Red Bull Salzburg holte. "Leverkusen praktiziert das ballorientierte Umschaltspiel in der Bundesliga mit am extremsten", sagt Rangnick, in Ralph Hasenhüttl fand er für Leipzig einen Coach mit ähnlicher Einstellung. Allzu lange währte die Suche nicht:
Umschalten, Pressing, Gegenpressing, das sind Leipziger Vokabeln. Dabei gilt doch Pep Guardiolas Ballbesitz-Maxime als Maßstab. "Ich sehe da keinen Schwarz-Weiß-Gegensatz", der Pep-Stil habe "in Wahrheit viel mit unseren Ideen zu tun. Bei Bayern hat er den Schwerpunkt etwas mehr auf Ballkontrolle gelegt, aber bei Manchester City geht es jetzt eher in die Gegenrichtung. Pep wird viel zu sehr auf Ballbesitz reduziert."
Rangnick erläutert, wie sie das Spiel in Leipzig verstehen: "Was passiert, wenn der Gegner den Ball hat? Das ist unser Ansatz, um Kontrolle zu gewinnen. Wir sind keine Ballbesitz-Fetischisten, wir verteufeln ihn aber auch nicht."

FC Bayern als schlechtes Vorbild

Wer den Schwaben, der im Sommer zwei konkrete Anfragen als englischer und belgischer Nationaltrainer erhielt, über Fußball philosophieren hört, der kann nachempfinden, warum Leipzig mit Sinn und Struktur agiert. Nochmal Thema Ballbesitz, ein Praxismodell.
Bei der EM 2016 verbuchte Deutschland gegen Frankreich durchschnittliche Ballbesitzraten von 22 Sekunden. "In unseren dominantesten Spielen mit Leipzig sind es maximal zwölf Sekunden die meisten Tore schießen wir nach fünf bis zehn. Aber 22? Da würden wir sagen: Wir sind auf dem falschen Weg."
Tendenziell sind sie auf dem richtigen Weg; RB verfügt über die effektivste Chancenverwertung der Liga, davon ist Rangnick "angenehm überrascht". Im Vergleich mit dem 2008er Hoffenheim sieht er ein größeres taktisches Repertoire: "Mit Hoffenheim traten wir am Anfang wie Piraten auf, dann ließ das leider nach. Das sollte uns mit Leipzig nicht passieren."

RB Leipzig: "Hier können Titel möglich sein"

Kurz vor dem Eduardo-Rot lieferte 1899 den Bayern einen hochklassigen Schlagabtausch, nicht nur sportlich. Rangnick wagte Verbalspitzen, für flotten Fußball müsse man nach Hoffenheim schauen, für flotte Sprüche nach München. "Das würde ich so nicht mehr sagen", erklärt er mit dem Abstand von acht Jahren.
Leipzigs Angriff auf den Branchenprimus wird kommen. Bayerns in-spe-Präsident Uli Hoeneß unkte schon, dass Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz "weitere ungeheure Gelder" für Transfers freigeben würde. "Das haben wir nicht vor", verneint Rangnick, Leipzigs Etat läge im "Mittelfeld", eine Gehaltsobergrenze sei "sicher kein Märchen. Wir sind nicht aufgestiegen, um zu sagen: Ab jetzt spielen wir Monopoly, was kostet die Welt?"
Das muss nicht so bleiben, und das weiß der Entscheidungsträger. Bewegt sich Leipzig dauerhaft in der Liga-Elite, "müssen wir unser Gehaltsgefüge Schritt für Schritt heben". Ralf Rangnick ist überzeugt:
Kurzfristig zumindest mal die Tabellenführung...
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