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FC Bayern: So gefährdet ist der Kader bezüglich der Grüppchenbildung

Daniel Rathjen

Update 07/01/2017 um 16:27 GMT+1 Uhr

Es ist eine der größten Ängste, der Präsident Uli Hoeneß schnell entgegenwirken möchte: Grüppchenbildung im Kader. Doch ist dieser überhaupt gefährdet? Eurosport.de hat im Trainingslager des FC Bayern in Doha genau hingeschaut und Tendenzen ausgelotet.

Der FC Bayern München in Katar 2017

Fotocredit: Imago

Aus Doha berichtet Daniel Rathjen
Carlo Ancelotti stieß am Freitagmorgen mit seiner Trillerpfeife einen langgezogenen Pfiff aus. Die Spieler des FC Bayern wissen dann: Das war's fürs Erste, die Einheit ist beendet.
An diesem Tag stapfte Thomas Müller nicht wie sonst zum berühmten "Lattenschießen", sondern nahm am Spielfeldrand Platz. Neben ihm saßen seine deutschen Teamkollegen Mats Hummels, Holger Badstuber, Joshua Kimmich und Philipp Lahm. Dabei posierten sie für ein Foto, Müller postete es im Anschluss in den sozialen Netzwerken.
Bei einem zweiten Blick auf das Bild wird es jedoch erst richtig interessant: Denn im Hintergrund sitzt noch eine weitere Gruppe.
Es sind die "Spanier" beziehungsweise die Spanisch sprechenden Bayern Xabi Alonso, Thiago, Arturo Vidal und Javí Martínez.
Zufall? Oder ein Indiz für das, wovor sich Präsident Uli Hoeneß sehr fürchtet, weil es den Erfolg stark gefährden kann: die so genannte "Grüppchenbildung"?

Hoeneß: Deutsch-Pflicht in der Kabine

Seit 25. November ist er wieder in Amt und Würden - seitdem ist Hoeneß sehr präsent in den Medien und sorgte vor ein paar Tagen mit einer Forderung nach Deutsch als Pflichtsprache beim FC Bayern für Diskussionen.
Seine Auffassung:
Die Sprache ist ein Bindeglied, ansonsten gibt es Grüppchen. Wenn ich vorhabe, mich mittel- und langfristig in einem Verein zu integrieren, muss ich die Sprache lernen. Wenn ich das nicht tue, signalisiere ich, dass ich den Verein nur als Sprungbrett oder auf dem Weg nach Hause benutze.
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Hat Angst vor Grüppchenbildung: Uli Hoeneß

Fotocredit: SID

Schon in der Vergangenheit war Hoeneß erpicht darauf, für die richtige Balance im Kader zu sorgen. Als ihm 2010 die niederländische Gemeinschaft um Trainer Louis van Gaal zu groß und einflussreich wurde, schritt er vehement ein.
Es ist ihm möglicherweise auch zuwider gewesen, dass die spanische Fraktion unter Pep Guardiola stark vertreten war, schließlich bestand auch ein Großteil des Trainerstabs aus Landsmännern des Coaches. Ändern konnte er daran wenig, weil er seine Strafe wegen Steuerhinterziehung im Gefängnis absaß. Nun will er wieder eingreifen. Das kann jedoch nur auf die Zukunft bezogen sein.
Denn schon heute dürfte ihn genauerer Blick auf die aktuelle Mannschaft sofort beruhigen. Auch wenn Müllers Foto etwas anderes suggeriert, das Team ist intakt und versteht sich wirklich. Natürlich gibt es so etwas wie Gruppen und natürlich mögen sich nicht alle.
Der Kern der Mannschaft ist allerdings intelligent genug und zu gut aufeinander abgestimmt, als dass sie sich den Weg zum Erfolg selbst verbauen würden. Sie wissen, dass sie vor allem AUF dem Rasen miteinander funktionieren müssen.

Die Beziehungsgeflechte im Bayern-Team

Die Deutschen reden viel miteinander, doch gibt es mit Müller, Manuel Neuer oder auch Hummels Charakterköpfe, die proaktiv auf andere zugehen. In der Spanisch sprechenden "Abteilung" sind Martínez oder auch Alonso bestens integriert. Sie sprechen mittlerweile sehr gut Deutsch, sind Vorbilder und gehen so mit gutem Beispiel für beispielsweise Thiago oder Juan Bernat voran.
David Alaba und Franck Ribéry sind hingegen ein Duo für sich, bestens befreundet, aber auch weit davon entfernt, sich von anderen zu isolieren. Ribéry ist schon lange mehr Münchner als Franzose, Alaba ein Eigengewächs, das den Draht zu den Nachwuchsspielern hält und bei deren Heranführung eine wichtige Rolle spielt.
"Ich weiß, wie es für mich damals war und möchte jetzt den Jüngeren helfen", hat Alaba einmal gesagt. Auch 2017 in Doha wird er dieser Rolle gerecht, indem er viel spricht und mit seiner lockeren Art für Stimmung sorgt.
Eigenbrötler sind Arjen Robben und Robert Lewandowski - doch sie sind aufgrund ihrer herausragenden Leistungen auf dem Platz bei allen akzeptiert.
Etwas schwieriger gestaltet sich die Lage bei Douglas Costa, Renato Sanches und Kingsley Coman. Zumindest Sanches ist oft mit Ribéry und Alaba zu sehen, kommunikativ also auf dem richtigen Weg.
Costa orientiert sich etwas an "Stimmungskanone" Rafinha, der in der Mannschaft nahezu bei allen beliebt ist. "Leihspieler" Coman, derzeit verletzt außer Gefecht, sucht nach seinem Platz.
So oder so wird es Balsam für Hoeneß' Seele gewesen sein, wenn er denn gehört hat, was Lewandowski am Donnerstag - angesprochen auf das Sprach-Thema - mitteilte. "Das erste halbe Jahr war sehr schwierig für mich in Deutschland. Deshalb bin ich auch der Meinung, dass Sprache wichtig ist." Die Aussage zeigt: Das Bewusstsein für das sensible Thema ist da.
Und noch mehr wird Hoeneß die - vielleicht etwas zu hoch gegriffene, aber deshalb nicht minder beachtenswerte - Aussage von Martínez freuen. "Ich verstehe mich mit allen sehr gut, wir sind wie eine Familie und sehr gut miteinander befreundet."
Fazit: Im aktuellen Kader des FC Bayern gibt es Grüppchen. Aber innerhalb dieser auch genug Spieler, die die Grüppchen immer wieder aufeinander zubewegen. An Sprachbarrieren wird der deutsche Rekordmeister in dieser Saison definitiv nicht scheitern.
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