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Umbruch bei Borussia Dortmund: Die vier Baustellen des Thomas Tuchel

Marc Hlusiak

Update 18/08/2016 um 13:44 GMT+2 Uhr

Borussia Dortmund startet mit einer generalüberholten Mannschaft in die neue Saison. Euphorie und Erwartungshaltung im BVB-Umfeld sind groß wie lange nicht mehr. Damit diese erfüllt werden, muss sich ein Mann besonders ins Zeug legen: Thomas Tuchel. Auf keinen Trainer der Liga wartet derzeit wohl mehr Arbeit als auf den 42-Jährigen. Eurosport.de erklärt Tuchels vier große Baustellen.

Thomas Tuchel, André Schürrle und Mario Götze

Fotocredit: SID

1. Integration von 8! Neuzugängen

Ousmane Dembéle, Raphaël Guerreiro, Sebastian Rode, Emre Mor, André Schürrle, Mario Götze, Marc Bartra und Mikel Merino.
Acht Neuzugänge hat Borussia Dortmund in der Sommerpause geholt. So viele wie seit acht Jahren nicht mehr. Insgesamt gaben die Borussen knapp 110 Millionen Euro aus. Allerdings floss fast die gleiche Summe (111 Millionen Euro) durch die Verkäufe von Mats Hummels, Ilkay Gündogan, Henrich Mchitarjan, Jakub Blaszczykowski und Moritz Leitner auf das Giro-Konto der Dortmunder - Sportdirektor Michael Zorc hat demnach ganze Arbeit geleistet.
Aber: Einkaufen ist eine Sache, Integration eine völlig andere. In der Vorbereitung zeigte sich vor allem in der Viererkette, dass die Lücke, die Hummels hinterlässt, nicht einfach zu schließen sein wird. Bartra ist zwar ein ähnlicher Spielertyp, hat seine Stärken genau wie Hummels im Spielaufbau und ist technisch perfekt geschult (Barca-Schule), muss die Abläufe innerhalb der Kette sowie die Philosophie des Trainers aber noch verinnerlichen.
Im Mittelfeld steht Thomas Tuchel vor einem riesigen Berg an Potential, den er ordnen und möglichst gerecht verteilen muss. Marco Reus, Götze, Schürrle sowie Gonzalo Castro, Shinji Kagawa und Rode sind erfahrene Bundesligaspieler, die ihre Spielzeit bekommen werden. Die jungen Wilden um den in der Vorbereitung mehr als überzeugenden Dembélé scharren jedoch mit den Hufen.
Tuchel muss es schaffen, allem Neuen und Altbewährtem zu entsprechen - ein Drahtseilakt. Für die zweite Mannschaft ist schließlich kein Toptalent nach Dortmund gewechselt, und auch die zuletzt eher enttäuschten und verschmähten Götze und Schürrle wollen ihrer Karriere im "Pott" wieder Schwung verleihen.

2. Angeknacktes Selbstbewusstsein

Es war zwar nur der Supercup, dennoch startete die Saison 2016/17 für die Dortmunder genauso, wie die letzte geendet hatte: mit einer Finalniederlage gegen Dauerkonkurrent FC Bayern München. Den Dortmundern kann mittlerweile ein ernsthaftes Finaltrauma attestiert werden. Heimlich, still und leise mutiert der BVB zum Vizekusen 2.0.
In seinen erfolgreichen Jahren unter Jürgen Klopp ging der BVB Endspiele jeglicher Art frech und mit großer Unbekümmertheit an. Zwischenzeitlich verlor der große FC Bayern sogar fünf Pflichtspiele in Folge gegen die Schwarz-Gelben - momentan schlicht unvorstellbar.
Heutzutage schlottern dem BVB die Knie vor entscheidenden Duellen gegen die Bayern. Kampfansagen? Fehlanzeige! Für den einen purer Realismus, für den anderen ein Zeichen mangelnden Selbstvertrauens.
In der Tat wirkt es so, als wäre der einst furiosen, unbekümmerten Borussia mit jedem Abgang eines Topstars (Nuri Sahin 2011, Kagawa 2012, Götze 2013, Robert Lewandowski 2014) ein Stück weit auch das Selbstverständnis genommen worden. Dieses Jahr gingen gleich drei absolute Leistungsträger, dementsprechend auch drei Portionen Selbstvertrauen. Der Psychologe Tuchel ist hier besonders gefordert.

3. Mario Götze

Nach drei Jahren bei Bayern kommt das einstige Dortmunder Wunderkind als gescheiterter Bankdrücker zurück ins Ruhrgebiet. Die Qualitäten des mittlerweile 24-Jährigen sind immer noch unbestritten, es bedarf aber Geduld und harte Arbeit des Spielers sowie des Trainers, um diese wieder zu zeigen.
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Mario Götze im Jahr 2013

Fotocredit: Eurosport

Zudem gilt es, als gesamter Verein zwischen Ultragruppierungen wie "The Unity" und dem Spieler zu moderieren. Nicht alle Menschen im Stadion sind glücklich mit dem Götze-Comeback. Das wird er vermutlich dann am meisten spüren, wenn es mal nicht so läuft. Tuchel muss den gebürtigen Memminger in solchen Momenten unter seine Fittiche nehmen, ihn schützen.
Wenn es gelingt, den alten Götze, der in Dortmund zwischen 2011 und 2013 zum absoluten Publikumsliebling wurde, wiederzubeleben, dürfte es auch von Fanseite schnell wieder ruhig den Edeltechniker werden.

4. Glasmensch Reus

Marco Reus kam als Deutschlands Fußballer des Jahres im Jahre 2012 aus Gladbach nach Dortmund. Für die Borussia war er entweder der wichtigste Fixpunkt im Offensivspiel - oder aber malade.
Ein kleiner Auszug aus seiner Verletzungshistorie:
  • 23.05.2016 - 18.08.2016: Adduktorenverletzung, 87 Tage Ausfallzeit
  • 23.05.2016 - 18.08.2016: Schambeinentzündung, 87 Tage Ausfallzeit
  • 25.01.2016 - 01.02.2016: Infekt, 7 Tage Ausfallzeit
  • 14.12.2015 - 21.12.2015: Adduktorenbeschwerden, 7 Tage Ausfallzeit
  • 23.11.2015 - 26.11.2015: Adduktorenbeschwerden, 3 Tage Ausfallzeit
  • 05.11.2015 - 16.11.2015: Muskelfaserriss im Adduktorenbereich, 11 Tage Ausfallzeit
  • 26.10.2015 - 29.10.2015: Muskuläre Probleme, 3 Tage Ausfallzeit
  • 31.08.2015 - 17.09.2015: Zehenverletzung, 17 Tage Ausfallzeit
  • 30.04.2015 - 14.05.2015: Muskuläre Probleme, 14 Tage Ausfallzeit
  • 06.04.2015 - 22.04.2015: Adduktorenbeschwerden, 16 Tage Ausfallzeit
  • 24.11.2014 - 08.01.2015: Außenbandriss Sprunggelenk, 45 Tage Ausfallzeit
Insgesamt verpasste der Nationalspieler 15 Spiele in der abgelaufenen Saison. In wirkliche Topform kam er in seinen "gesunden" Phasen nicht, immer wieder wurde er von Wehwehchen ausgebremst. Ein Problem, das Tuchel in Zusammenarbeit mit seinem Ärzteteam in der neuen Saison dringend angehen muss.
Reus ist Topverdiener beim BVB. Das ist er vor allem deswegen, weil er im fitten Zustand eine unersetzbare Waffe im Offensivbereich ist - eben ein absoluter Leistungsträger. Im Krankenhaus oder der in der Reha bringt aber auch ein Cristiano Ronaldo keiner Mannschaft einen sportlichen Mehrwert.
Mit Dembélé, Mor, dem jungen Christian Pulisic und nicht zuletzt Schürrle und Götze hat die Borussia eine Menge Alternativen für die offensiven Außenbahnen, die einspringen, falls Reus erneut körperlich schwächeln sollte. Auf Dauer könnte sich der BVB dann gegen den Ex-Gladbacher entscheiden - die Ära Reus wäre beendet.
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Jetzt zählt's! Marco Reus spielt mit Borussia Dortmund in Saloniki und beim FC Bayern

Fotocredit: AFP

Damit es soweit nicht kommt, muss Tuchel seinen Superstar ruhig und mit Augenmaß aufbauen. Die Belastungen müssen feinfühlig dosiert und immer im Dialog mit der medizinischen Abteilung gesetzt werden. Eine knifflige Aufgabe, an der Reus und der BVB in den vergangenen Jahren gescheitert sind. Das zeigt obige Aufzählung deutlich.
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Zorc: "Noch nicht auf dem Level, auf dem wir sein wollen"

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