Bundesliga | Achtung, Einsturzgefahr! Die Baustellen von Borussia Dortmund

Borussia Dortmund geht als Tabellenführer in die Rückrunde der Bundesliga. Sechs Punkte beträgt der Vorsprung auf den FC Bayern München. Die Vorbereitung verlief zufriedenstellend, die Testspiele wurden allesamt gewonnen, Trainer Lucien Favre lobt seine Spieler. Alles gut also? Nicht ganz. Soll der neunte Meistertitel der Vereinsgeschichte gelingen, gibt es noch einige Baustellen zu beheben.

Lucien Favre im Training bei Borussia Dortmund

Fotocredit: Getty Images

Lucien Favre ist zufrieden mit der Vorbereitung. "Wir haben gut gearbeitet, hatten gute, intensive Einheiten und insgesamt ein sehr, sehr gutes Trainingslager", sagte der BVB-Trainer nach der Woche in Marbella.
Herrschen in Dortmund also beste Voraussetzungen auf dem Weg zum Meistertitel?
Nicht ganz. Zwar wurden die Testspiele allesamt gewonnen (3:2 gegen Fortuna Düsseldorf, 3:2 gegen Willem II, 2:1 gegen Feyenoord Rotterdam), sie waren aber wenig überzeugend.
Und lieferten deswegen eine wichtige Erkenntnis: Der BVB hat noch ein paar Baustellen.
Baustellen mit Einsturzgefahr.

Baustelle 1: Der Sturm geht am Stock

Der Angriff war das Prunkstück der Dortmunder in der Hinrunde. 44 Tore sind Bestwert in der Bundesliga. Doch ausgerechnet die Ballermänner des BVB, Marco Reus (elf Tore) und Paco Alcácer (zwölf Tore) plagten zuletzt gesundheitliche Probleme.
Reus konnte krankheitsbedingt fünf Tage lang nicht trainieren, kam bei den Tests nicht zum Einsatz. "Sky Sport News" zufolge hat der 29-Jährige "viel Gewicht" verloren. Erst am letzten Tag in Spanien absolvierte er eine leichte Einheit.
BVB-Trainer Lucien Favre meinte auf der Pressekonferenz am Donnerstag:
Trotzdem bleiben Zweifel an Reus’ Gesundheitszustand. Hat er schon Kraft für 90 Minuten? Aus schwarz-gelber Sicht wäre es wünschenswert: Reus ist der X-Faktor im BVB-Spiel, er verpasste in der gesamten Hinrunde nur 47 Minuten.
Auch bei Alcácer ist Favre optimistisch:
Nur: wie fit ist der Spanier wirklich? In Marbella stand er nur bei den letzten Einheiten auf dem Platz. Den Plan, Alcácer langsam aufzubauen, die Belastung nach und nach zu steigern, musste Favre schnell aufgeben. Auch hinter dem 25-Jährigen steht zumindest ein kleines Fragezeichen.
Bliebe als Alternative noch Mario Götze. Zwar bekam der Nationalspieler einen Schlag auf den Fuß ab, er dürfte aber ohne Probleme spielen können und in Leipzig gesetzt sein.
Die Gefahr: Angeschlagene Spieler sind verletzungsanfälliger, in intensiven Partien - und so eine blüht dem BVB in Leipzig - noch mehr. Favre muss genau abwägen, wen er bringen kann - und wen er im Hinblick auf die kommenden Spiele lieber schonen sollte. Sonst droht Reus, Alcácer und Co. eine längere Ausfallzeit.
Vorsicht, BVB!

Baustelle 2: Die Innenverteidigung ist dezimiert

Während im Sturm zumindest Hoffnung besteht, sind Ausfälle in der Innenverteidigung sicher. Abdou Diallo stand nach einer Zerrung in den Testspielen nur 45 Minuten auf dem Rasen. Manuel Akanji plagen seit Wochen Leistenschmerzen. Der 23-jährige Schweizer muss zwar nicht operiert werden, fällt aber noch länger aus. Das Erfolgsduo der Hinrunde wird damit auseinandergerissen.
Dan-Axel Zagadou, erster Backup im Zentrum, befindet sich nach einer Mittelfußprellung erst im Lauftraining und braucht laut Favre ebenfalls "noch Zeit". Auch Neuzugang Leonardi Balerdi, der bei den Boca Juniors lediglich fünf Erstligaspiele bestritt, ist Sportdirektor Michael Zorc zufolge "im Moment noch nicht bereit. Das ist ein langfristiges Projekt, wir haben die Verpflichtung nur vorgezogen."
Bleibt noch Ömer Toprak. Der 29-Jährige ist zu Beginn der Rückrunde gesetzt. Wird Diallo nicht rechtzeitig fit, stehen Julian Weigl und Jeremy Toljan als Notfallplan parat. Beide kamen in den Testspielen auf dieser Position zum Einsatz. Doch wie auch immer die BVB-Innenverteidigung in Leipzig aussehen mag, eingespielt ist sie nicht wirklich.
Die Gefahr: Leipzig hat pfeilschnelle Angreifer, die nach dem 1:4 aus dem Hinspiel auf Rache brennen. Die umgebaute Abwehr des BVB wird einen Sahnetag benötigen - oder der Rückrundenauftakt könnte gründlich nach hinten losgehen. Fallen die gesetzten Innenverteidiger länger aus, droht dem BVB auch danach der Verlust seiner Stabilität.
Vorsicht, BVB!

Baustelle 3: Die Stimmung und der Kopf

Eine Baustelle, deren Einsturz zwar noch nicht unmittelbar bevorsteht, deren Gefahren aber nicht unterschätzt werden dürfen.
Mit Weigl, Toljan, Marius Wolf, Shinji Kagawa und Maximilian Philipp stehen einige Profis im BVB-Kader, die aufgrund fehlender Einsatzzeiten mit ihrer eigenen Situation nicht zufrieden sein können. Da der Spielplan zu Beginn der Rückrunde wenige Englische Wochen vorsieht, dürfte Favre noch seltener als in der ersten Saisonhälfte rotieren. Die Unruhe innerhalb der zweiten Garde könnte weiter steigen. Eine gefährliche Situation, die Fingerspitzengefühl erfordert.
Denn eine schlechte Gemütslage beeinflusst den Kopf. Und der ist ohnehin schon gefordert. Zorc warnte nach dem Trainingslager und den wenig überzeugenden Testspielen in den "Ruhr Nachrichten" vor dem Schlendrian:
Andererseits kann ein Vorsprung von sechs Punkten auch den Druck erhöhen. Plötzlich ist der BVB Favorit auf den Titel - auch wenn Favre das etwas anders sieht:
Einfacher gesagt als getan.
Die Gefahr: In einem topbesetzten Kader, wie jenem des BVB, wollen alle spielen. Bankdrücker könnten schnell für schlechte Stimmung sorgen. Der Druck der Tabellenführung, die Aussicht auf den Titel - für viele Spieler Neuland - könnten zudem den Kopf negativ beeinflussen. Favre ist in beiden Fällen auch als Psychologe gefragt.
Vorsicht, BVB!

Baustellen mit Einsturzgefahr

Der BVB hat sich durch eine starke Vorrunde in eine hervorragende Position gebracht. Diese gilt es nun zu verteidigen, und dafür muss sich die Borussia auch in der zweiten Saisonhälfte in Topform präsentieren.
Doch noch gibt es in Dortmund einige Baustellen, noch sehen die BVB-Verantwortlichen Luft nach oben. Zorc:
Das Problem des BVB: Gleich zu Beginn der Rückserie wartet mit RB Leipzig (am Samstag ab 18:30 Uhr im Eurosport-Liveticker) ein Gegner, gegen den jeder Schwarz-Gelbe bei 100 Prozent sein sollte.
Sonst heißt es auch bei den sechs Punkten Vorsprung in der Tabelle: Einsturzgefahr!
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