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FC Bayern München: Ist Renato Sanches der bessere Arturo Vidal?

Kevin Obermaier

Update 28/09/2018 um 18:47 GMT+2 Uhr

Renato Sanches ist beim FC Bayern München angekommen. Seine Leistungen gegen Benfica Lissabon erinnern Trainer Niko Kovac an Lothar Matthäus, an dem - wie an Sanches - die Gegenspieler einfach abprallten. Doch auch der Vergleich mit einem anderen ehemaligen Bayern-Kicker drängt sich auf: Arturo Vidal. Ist Sanches der neue Vidal? Ja, ist er sogar der bessere?

Renato Sanches (FC Bayern)

Fotocredit: Imago

Renato Sanches ist beim FC Bayern angekommen. Die starken Auftritte gegen Benfica und den FC Augsburg haben dem 21-jährigen Portugiesen spürbar gutgetan:
Ich fühle mich sehr wohl. Trainer und Mitspieler vertrauen mir. Das ist wichtig für mich.
Schon als Fehleinkauf abgestempelt, kann Sanches dem Bayern-Spiel endlich seinen Stempel aufdrücken. Einen durchaus spektakulären Stempel, wie Mats Hummels findet:
Ihn zeichnet seine Wucht aus. Er ist im Mittelfeld einer, der den Gegner abschütteln kann und mit Tempo mit dem Ball geht. Das haben wir nicht so oft in unserer Mannschaft.
FCB-Trainer Niko Kovac erinnerte Sanches' Auftritt gegen seinen Heimatverein Benfica gar an eine Bayern-Legende:
Es ist schon so, dass die Leute bei ihm links und rechts wegfliegen - wie damals bei Lothar Matthäus.
Ein Vergleich, der für den jungen Portugiesen "eine unfassbare Ehre" sei, wie er selbst verrät.

Sanches der neue, der bessere Vidal?

Doch nicht nur der Vergleich mit dem deutschen Rekord-Nationalspieler drängt sich auf. Der 21-Jährige erinnert noch an einen weiteren ehemaligen Bayern-Kicker: Arturo Vidal. Noch so ein wuchtiger Spieler, an dem die Gegenspieler abprallen. Noch so ein Modellathlet, der den Gegner abschüttelt wie lästige Fliegen.
Ist Sanches also der neue Vidal? Ja, ist er sogar der bessere?
Zugegeben, auf den ersten Blick eine etwas abenteuerliche Frage. Der eine, Vidal, spielt seit Jahren auf dem höchsten internationalen Niveau, gewann insgesamt sieben Meisterschaften in Italien und Deutschland und führte die chilenische Nationalmannschaft zu zwei Copa-América-Titeln. Der andere, Sanches, hat zwei gute Spiele für die Bayern gemacht.
Aber: Auch der Portugiese bewies in seiner noch jungen Karriere bereits eindrucksvoll, welch fußballerische Klasse in ihm steckt, war Leistungsträger in Portugals Europameister-Mannschaft von 2016 - mit 18 Jahren - und wurde als bester Jungspieler des Turniers ausgezeichnet.
Es sei also noch ein zweiter Blick auf die Frage erlaubt, ob Sanches der neue, bessere Vidal ist.

Physis, Spielstil, Selbstvertrauen

In Sachen Physis steht der "kommende Krieger" Sanches dem "Krieger" Vidal zumindest in Nichts nach. Der damalige FCB-Sportdirektor und heutige Eurosport-Experte Matthias Sammer lobte den Chilenen bei seiner Vorstellung 2015 als "Komplexität in Person. Er ist physisch stark, hat Kraft in seinem Spiel." Ähnlich klingen die aktuellen Aussagen von Kovac, der mehr als einmal Sanches' "tollen Körper" und "klasse Fitness" lobte, die Voraussetzung für gute Leistungen sei.
Auch in Sachen Spielstil sind die Parallelen zwischen Vidal und Sanches deutlich zu erkennen. Auf der Sechs oder Acht zu Hause, bestechen beide durch eine große Präsenz auf dem Spielfeld, beschränken sich nicht auf das zentrale Mittelfeld, sondern stoßen als typische "Box-to-Box-Spieler" auch immer wieder in die Spitze. So war Sanches gegen den FC Augsburg mit fünf Torschüssen gar der abschlussfreudigste Bayer.
Sowohl der Chilene als auch der Portugiese sind dazu mit einem gesunden Selbstvertrauen gesegnet, das sich nicht nur auf dem Platz, sondern auch in ihren Aussagen zeigt. Während Vidal bei seiner Vorstellung meinte, er habe "keine Angst", verkündete Sanches zuletzt bei "FCB.tv":
Ich habe keine Schwächen. Ich bin stark.
Auch wegen ihrer Entschlossenheit und ihres unbändigen Siegeswillens neigen beide dazu, gelegentlich etwas zu überdrehen, wild in ihren Aktionen zu werden - und damit dem Team sogar zu schaden.
Sanches verpasste es, vor seinen Abschlüssen gegen den FCA noch einmal den Kopf hochzunehmen. Zudem sah er nach einem gestreckten Fuß eine unnötige, aber berechtigte Gelbe Karte und musste in dem ein oder anderen Zweikampf danach zurückziehen. Vidals Gelb-Rote Karte nach wiederholtem Foulspiel im Champions-League-Viertelfinale 2017 bei Real Madrid war schlussendlich ausschlaggebend für das Bayern-Aus.

Das Stichwort lautet Vertrauen

Ohnehin waren die Partien gegen Real symptomatisch für Vidals Zeit beim FC Bayern: Der Chilene war immer bereit, Verantwortung zu übernehmen, schoss etwa wichtige Elfmeter, und war sich nie zu schade, in die wichtigen Zweikämpfe zu gehen - doch im entscheidenden Moment versagtem ihm die Nerven. In der "Crunchtime", in der "Do-or-die"-Situation stellte Vidal selten einen Mehrwert für den FCB dar.
Auch deswegen waren die Bayern-Bosse bereit, den 31-Jährigen vor der Saison an den FC Barcelona abzugeben. Uli Hoeneß, Karl-Heinz Rummenigge und Co. waren offensichtlich überzeugt, dass die verbliebenen Spieler die Lücke schließen können, dass gerade Sanches das leisten kann, was Vidal geleistet hat. Und mehr.
Das Stichwort dabei lautet: Vertrauen. Der junge Portugiese erhält von Kovac endlich die Zuneigung, die Wärme, die er von Carlo Ancelotti nie erhielt. Und das zahlt sich aus. Sanches schwärmt:
Ich spüre das Vertrauen des Trainers, der Mitspieler und des gesamten Staffs. Das ist enorm wichtig für mich, denn nur so fühle ich mich auch wohl. Nur so kann ich auch gute Leistungen zeigen.
Leistungen, wie gegen Benfica und Augsburg, als Sanches zu den besten Bayern gehörte.

Wiederholt sich die Geschichte?

Die Geschichte könnte sich tatsächlich wiederholen, Sanches die Bundesliga aufmischen wie jener junge Chilene, der 2007 mit 20 Jahren von Colo Colo zu Bayer Leverkusen kam und sich unter Michael Skibbe, Bruno Labbadia und vor allem Jupp Heynckes zu einem der besten Mittelfeldspieler der Liga entwickelte. Auch Vidal benötigte damals das Vertrauen, nur wurde es ihm im Gegensatz zu Sanches sofort geschenkt.
Nun, zwei Jahre nach seiner Ankunft in der Bundesliga, spürt endlich auch der Portugiese den Glauben an sich und sein Leistungsvermögen, das noch lange nicht ausgeschöpft scheint. Gerade in Sachen Spielverständnis, Übersicht und Torabschluss kann er sich noch verbessern. Sanches ist zuversichtlich:
Wenn ich so weitermache, dann werde ich bestimmt noch mehr gute Spiele absolvieren können.
Erreicht der 21-Jährige sein absolutes Top-Niveau (und die Grenze ist noch nicht absehbar) - und hilft er den Bayern auch in den "Do-or-die-Situationen" -, sind nicht nur Matthäus-Vergleiche angebracht. Dann kann Sanches eines Tages auch mit Fug und Recht als der neue Vidal bezeichnet werden.
Ja, sogar als der bessere.
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