Borussia Mönchengladbach ist die flexibelste Mannschaft der Liga
VonLuca Baier
Publiziert 06/03/2020 um 10:35 GMT+1 Uhr
Borussia Mönchengladbach ist seit fünf Spielen ungeschlagen und geht daheir mit breiter Brust ins Topspiel gegen Borussia Dortmund am Samstagabend. Ein entscheidender Grund für die aktuelle Erfolgsserie liegt in der Flexibilität der Gladbacher unter Trainer Marco Rose. Eurosport.de blickt im Taktik-Check einmal genauer auf diese außergewöhnliche Fähigkeit der Fohlenelf.
Lars Stindl jubelt mit seinen Teamkollegen
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Der Vergleich mit einem gallischen Dorf mag zwar etwas übertrieben sein, trotzdem hat Gladbachs Sportdirektor Max Eberl weitestgehend Recht mit seiner Aussage in der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Borussia Dortmund (Sa., 18:30 Uhr im Liveticker).
Trainer Marco Rose zeigt sich enorm kreativ was Taktik und Personalwahl angeht. Keine Mannschaft läuft so oft in verschiedenen Systemen auf, nicht selten wird auch innerhalb der Partien umgestellt.
Diese Wechsel sind kein Aktionismus – im Gegenteil: Gladbach ist in der Regel sehr gut auf den Gegner eingestellt und kann aufgrund der Flexibilität der Spieler auf verschiedenste Situationen reagieren.
Roses Zahlenspiele
4-2-3-1, 3-4-2-1, 4-4-2, 3-5-2: Während andere Trainer das System nach Siegen nie wechseln, ist das vorherige Ergebnis bei der Systemwahl für Rose offenbar zweitrangig. Viel wichtiger ist die Frage: Wie bekommt man möglichst viel Druck auf den gegnerischen Spielaufbau? Das Pressing ist nämlich ein zentraler Baustein in der Spielphilosophie der Borussia.
Der Gegner wird meistens sehr hoch angelaufen – unabhängig von der gewählten Ordnung. Gladbachs Spieler stehen "auf Lücke", sodass grundsätzlich erstmal jeder gegnerische Spieler "frei" steht. Offenbar will man den Gegner dazu drängen, ins Kombinationsspiel überzugehen, anstatt den Ball frühzeitig lang nach vorne zu schlagen.
Im 4-2-3-1 lenkt der Stürmer den Ball auf den spielschwächeren Innenverteidiger und zwingt ihn zum Andribbeln in Richtung Mittelfeld. Da der Raum dort immer enger wird, folgt in der Regel ein Anspiel auf einen der vermeintlich freien Mittelfeldspieler. Auf diese Momente lauern die zentralen Mittelfeldspieler der Borussia: Vor allem Denis Zakaria gelingt es mit seiner außergewöhnlichen Dynamik immer wieder, Bälle zu gewinnen.
In Systemen mit zwei Stürmern wie zum Beispiel dem 4-4-2 mit Mittelfeldraute versperrt Gladbach hingegen das Zentrum und lenkt das Spiel auf die gegnerischen Außenverteidiger. Mit dem gespielten Ball nach außen starten Gladbachs Achter im Vollsprint nach außen und setzen den Außenverteidiger unter Druck. Dahinter schiebt die restliche Mannschaft auf die entsprechende Seite und sorgt für Überzahl bei dem meist folgenden langen Ball.
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Alassane Pléa
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Konterspiel als Plan B
Diese zwei Beispiele stehen stellvertretend für Gladbachs flexibles hohes Pressing, das klar auf den Gegner ausgerichtet ist: Wo spielt der unsicherste Spieler? Wer hat Probleme mit dem schwachen Fuß? Auf welcher Seite ist der lange Ball weniger gefährlich?
Unabhängig von diesen Fragen und dem gewählten System gibt es gegen den Ball auch immer Plan B: das Konterspiel. Gladbach zieht sich phasenweise tiefer zurück und lässt den Gegner in ungefährlichen Zonen spielen. Innerhalb des Abwehrblocks gilt weiterhin höchste Aggressivität – und höchste Wachsamkeit. Wird der Ball aus dieser tieferen Ordnung heraus gewonnen, gehen mindestens zwei Spieler sofort in die Tiefe.
Weil einer der Offensivspieler jedoch in verlässlicher Regelmäßigkeit im zentralen Raum entgegen kommt, gibt es in den offensiven Umschaltszenen immer sowohl die Option des Balls in die Tiefe als auch die des Anspiels in den Fuß. Der BVB muss bei der Konterabsicherung also sehr vorsichtig agieren, um nicht von Gladbachs athletischen Stürmern überrannt zu werden.
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Lars Stindl erzielte gegen den FC Augsburg zwei Treffer
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Roses Qual der Wahl
Auch mit dem Ball ist Gladbach sehr schwer auszurechnen. 14 der bislang 21 eingesetzten Feldspieler waren schon direkt an einem Tor beteiligt – eine außergewöhnliche Quote. Dass so viele Spieler in torgefährliche Situationen kommen, liegt an einigen Spielprinzipien im Rose-Fußball.
Eine dieser Grundregeln, die unabhängig vom gespielten System gelten, ist beispielsweise die Besetzung des langen Pfostens bei Flügelangriffen. Einer der ballfernen Spieler, die mit dem Angriff anfangs nichts zu tun haben, muss im Strafraum den Raum am zweiten Pfosten besetzen. Linksverteidiger Ramy Bensebaini erzielte schon vier Tore bei nur neun Einsätzen.
Rose ist in der Luxussituation, je nach Gegner und Spielsituation sehr unterschiedliche Spielertypen bringen zu können. Mit Alassane Plea, Marcus Thuram und Breel Embolo stehen sehr athletische Stürmertypen mit viel Wucht zur Verfügung, manchmal darf es aber auch die feine, kreative Klinge von Raffael oder Kapitän Lars Stindl sein. Im Mittelfeld können laufstarke Akteure wie Florian Neuhaus oder Christoph Kramer weite Wege zwischen den Strafräumen machen - andererseits hat Rose mit Laszlo Benes auch einen klassischen Zehner in der Hinterhand. Netter Nebeneffekt an der Gladbacher Rotation: Kein Spieler ist überlastet, jeder bekommt genug Spielanteile und die Verletzungsprobleme sind so klein wie lange nicht.
Eurosport-Check: Gladbach ist ein denkbar unangenehmer Gegner. Es erfordert extrem viel Arbeit, um sich auf die Borussia einzustellen. Weil sie so viele Systeme spielen können, werden die Analysten der Bundesligisten viele Stunden mit dem Videoschnitt verbringen müssen, um die verschiedenen Möglichkeiten herauszuarbeiten. Dass Rose zudem so oft rotiert und mit den unterschiedlichen Spielertypen ganz neue Elemente reinwerfen kann, macht Gladbach zur unberechenbarsten Mannschaft der Liga.
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Quelle: Eurosport
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