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FC Bayern: Nach Niko Kovac sollte auch Sportdirektor Salihamidzić gehen

Thilo Komma-Pöllath

Update 05/11/2019 um 11:25 GMT+1 Uhr

Der LIGAstheniker blickt auf die Trainer-Entlassung beim FC Bayern München und fragt sich: Muss nach Niko Kovac bald auch Sportdirektor Hasan Salihamidzic die Koffer packen? Die Freistellung von Kovac habe gute Gründe, findet der LIGAstheniker, allerdings werfe auch das Verhalten von Salihamidzic einige Fragen auf. Weder der nötige Mut noch das geforderte Format seien beim 42-Jährigen erkennbar.

Niko Kovac und Hasan Salihamidzic

Fotocredit: Eurosport

Ein Kommentar von Thilo Komma-Pöllath
Liebe Fußballfreunde,
die Pressemitteilung, die der FC Bayern am Sonntagabend Punkt 21:30 Uhr verschickte, war im Ursprung als Mitteilung an die Presse gedacht, im Wesen aber eine Märchenerzählung. Allerbester Kokolores.
Dass man sich "im gegenseitigen Einvernehmen verständigt" habe, dagegen spricht nicht nur der späte Zeitpunkt der Mail, sondern alles, was man bisher von Niko Kovac kennenlernen durfte. All die Unverbrüchlichkeiten in eigener Sache, der öffentlich pointierte Umgang mit seiner Mannschaft, der Versuch, persönlich standhaft zu bleiben im Feuer der Kritiker.
Kovac, der bis zuletzt den Großkopferten nicht klein beigeben wollte, hat um seinen Job gerungen und gekämpft, das hört man aus jeder Zeile seines finalen Statements heraus: Es sei zum jetzigen Zeitpunkt die richtige Entscheidung für den Klub. So steht es da. Für ihn persönlich war das ganz sicher nicht die richtige Entscheidung, so liest sich das, aber das stand nicht mehr drin in der Märchenmitteilung.
Dass er sich so zitieren lässt, das kostet die Bayern ein, zwei Milliönchen mehr - was soll's. Geld ist ja genug da, das wird auch die Jahreshauptversammlung nächste Woche wieder zeigen. Geld ist eh nicht das Problem des FC Bayern.

Ein Sportdirektor im Wind

Haltung schon eher. Denn einer, der dieses "einvernehmliche Ergebnis" mitunterzeichnete, obwohl er ganz eng dran war an Kovac, der ihn eigentlich stützen sollte, und der dann aber scheinbar so schnell eingeknickt ist wie ein Strohhalm im Glas eines Verdursteten, ist Sportdirektor Hasan Salihamidzic.
Hat es in der Geschichte des FC Bayern je einen sportlich operativen Verantwortlichen gegeben, der sich dermaßen höfisch der Führungsspitze ergeben hat wie "Brazzo", der abseits des Platzes, etwa in seiner Münchner Stammkneipe "Comercial", dann wieder ganz selbstbewusst Hof hält? Vor dem Frankfurt-Spiel hat er sich noch in aller Breite von den übertragenden TV-Sendern interviewen lassen, er sprach vom eigenen Charakter der Pokalspiele und meinte Bochum - das war gelinde gesagt schon lachhaft.
Dann sprach er noch davon, dass "wir alle" ein Team seien und uns absprechen würden, was das Trainerteam so brauche. Und weiter: "Ich stehe immer zur Verfügung." Und nach dem Spiel, als es eng wurde? Stand er nicht mehr zur Verfügung. Ganz ehrlich: Einen solchen hasenfüßigen Sportdirektor, der sein Fähnchen immer in den Wind hält, den er selbst erzeugt, den braucht kein Fußballklub, nicht einmal am 11.11. der FC Kölle.
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Bayerisches Krisenmanagement

Und bitte nicht falsch verstehen: Für die Entlassung von Niko Kovac gibt es, von außen betrachtet, mehrere gute Grunde. Wer ein Jahrhunderttalent wie Serge "Martin Luther King" Gnabry wie gegen Frankfurt, so herumdilettieren sieht, der kann nur zu der Mutmaßung kommen: Er spielt absichtlich gegen den Trainer. Was sicher nicht für den Trainer spricht.
Aber klar ist auch, der Trainer ist nie der Alleinschuldige, auch wenn Rummeniggehoeneß das immer glauben wollen. Aber wer entlässt sich schon gerne selbst. Und trotzdem zeigt der Fall Niko Kovac, einmal mehr, wie wenig krisenerprobt das bayerische Selbstverständnis ist.
Am Beispiel ihres Sportdirektors Hasan Salihamidzic, dem nach dem Frankfurt-Spiel jeder Mumm fehlte, eine eigene Analyse des Spiels und der Situation vorzunehmen. Das musste Torhüter Manuel Neuer übernehmen ("Es wird ungemütlich"), der weiß Gott anderes zu tun hat.

Salihamidzic sogar bald Vorstand?

Der Sportdirektor himself pfiff gekonnt in die Luft, so als hätte er mit dem Trainer, dem Kader, der unkoordinierten, kaum nachvollziehbaren Transferpolitik und der aktuellen sportlichen Situation nix, aber auch wirklich gar nichts zu tun. Das ist derart irritierend einfach gedacht, dass man sagen muss: Salihamidzic hat schlicht nicht das Format eines Sportdirektors in München, das sollte er spätestens jetzt einsehen und von sich aus gehen.
Irritierenderweise will ihn der Präsident des FC Bayern, Uli Hoeneß, der nicht mehr lange das Format eines Präsidenten ausfüllt, zum Sportvorstand hochjazzen. Das schreibt die "Süddeutsche Zeitung". Ist das zu glauben? Er, der Duckmäuser, im gleichen Vorstand neben Titankahn? War das der Deal, damit Hoeneß, der den Trainer bis zuletzt stützte, dem Kovac-Rauswurf zugestimmt hat?
Die Märchen, die die Bayern uns immer wieder bei Trainerentlassungen in Form ihrer Pressecommuniqués aufbinden wollen, werden gerade an dem Satz deutlich, dem Salihamidzic in der Kovac-Entlassungspostille zugestanden wird: "Ich erwarte jetzt von unseren Spielern eine positive Entwicklung und absoluten Leistungswillen, damit wir unsere Ziele für diese Saison erreichen."
Den Satz hat sein Boss Karl-Heinz Rummenigge nach der Ancelotti-Entlassung schon einmal benutzt. Offensichtlich gibt es da an der Säbener ein unerschöpfliches Reservoir an schon einmal gesagten Sätzen, die man, je nach Bedarf, immer wieder hervorholen kann. Rauswurflyrik im Copy & Paste-Verfahren.
Aber apropos absoluter Leistungswille - damit könnte der Sportdirektor zur Abwechslung jetzt mal anfangen.
Zur Person Thilo Komma-Pöllath:
Der Sportjournalist und Buchautor ("Die Akte Hoeneß") beleuchtet in seinem wöchentlichen Blog "Der LIGAstheniker" das Geschehen in der Fußball-Bundesliga für Eurosport.de. Oft skeptisch, ironisch, kritisch - aber einer muss schließlich den Ball flach halten.
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