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SC Freiburg | Nils Petersen über das Spiel gegen den BVB und seine Zukunft

Tobias Hlusiak

Update 04/10/2019 um 16:38 GMT+2 Uhr

Nils Petersen steht nach überragendem Saisonstart mit dem SC Freiburg überraschend auf dem dritten Tabellenplatz. Nun empfangen die Breisgauer den kriselnden BVB aus Dortmund zum Spitzenspiel. Darüber spricht der Torjäger im exklusiven Interview mit Eurosport.de vor dem Topspiel gegen Borussia Dortmund. Außerdem verrät er, was Fritz Keller als DFB-Präsident für seinen Verein bedeutet.

Nils Petersen

Fotocredit: Imago

Das Interview führte Tobias Hlusiak
Herr Petersen, die bisherigen Gegner des SC Freiburg stehen derzeit in der Tabelle auf den Plätzen zwölf, 13, 14, 16, 17 und 18. Ist der SC in dieser Saison einfach nur besser als Mannschaften aus dem unteren Tabellendrittel oder tatsächlich so gut wie der eigene Tabellenplatz aussagt?
Nils Petersen: Wir sind bei weitem nicht die drittbeste Mannschaft der Liga, auch wenn wir im Moment Dritter sind. Wir wissen das einzuordnen. Die harten Brocken kommen ohnehin noch auf uns zu. Wir tun gut daran, nicht durchzudrehen und bleiben demütig. Viele unserer Spiele waren 50:50 und hätten auch gegen uns laufen können. Wir haben uns durch den Saisonstart gegen Mainz auch in einen kleinen Flow gespielt, haben das Gefühl entwickelt, jedes Spiel für uns entscheiden zu können. Man kann dadurch eine gewisse Coolness auf den Platz tragen und das Spiel anders zu Ende bringen, weil der ganz große Druck fehlt.
Hat der Tabellenplatz dennoch Einfluss auf das Daily Business rund um die Mannschaft, oder ist alles wie immer?
Petersen: Es ändert sich nichts am Trainingsplan oder am Ablauf. Vielleicht schaut der ein oder andere jetzt öfter auf die Tabelle, weil es mehr Spaß macht. Es gibt sicher auch mehr Nachrichten, weil es gut läuft. Die Kunst ist, so etwas einordnen zu können. Es gab schon viele Mannschaften aus dem unteren Tabellendrittel, die einen super Saisonstart hingelegt haben und am Ende richtig kämpfen mussten, um die Klasse zu halten. Es ist ja klar, dass in dieser Saison auch noch Phasen kommen werden, in denen es nicht so gut läuft. Dann würden wir genau darauf angesprochen werden, sollten wir jetzt etwas ändern.
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Nils Petersen - SC Freiburg

Fotocredit: Getty Images

Ihr Trainer Christian Streich behauptete in einem Interview, die Tabelle nicht zu kennen. Es ist oft von einer Momentaufnahme die Rede. Inwiefern sind solche öffentlichen Aussagen auch Koketterie mit der eigenen Stärke, der gestiegenen Qualität des Kaders?
Petersen: Der Trainer weiß um unsere große Qualität. Er versucht uns jeden Tag einzuimpfen, dass wir jeden schlagen können. Selbst am Samstag in Dortmund. Diesen Glauben impft er uns jeden Tag ein. Aber trotzdem haben wir einen Kader, der qualitativ nicht ins obere Drittel der Tabelle gehört. Es gibt in der Liga einfach Mannschaften, die individuell besser aufgestellt sind. Aber wir haben dafür Tugenden, die diese Unterschiede wettmachen und dafür sorgen, dass wir auf einem bestimmten Niveau mithalten können. Diese Bestätigung gleich am Anfang einer Saison zu bekommen, tut natürlich gut und gibt Selbstvertrauen. Damit ist man dann auch sofort beim Thema Mentalität. Die entwickelt sich genau aus solchen Phasen mit Erfolgserlebnissen. Je früher, desto besser.
In früheren Jahren hat der SC oft im Sommer viele Leistungsträger verloren. In diesem Jahr ging in Florian Niederlechner "nur“ einer. Im Gegenzug kamen einige starke Spieler. Ist Erfolg so einfach zu erklären?
Petersen: Wir haben an Qualität hinzugewonnen, das steht außer Frage. Bei über 30 Spielern im Kader, muss man aber auch sehen, dass eine gute Stimmung herrscht. Das ist die große Kunst und in Erfolgszeiten natürlich einfacher. Dass du grundsätzlich zwölf, dreizehn unzufriedene Spieler hast, bleibt nicht aus. Denen fehlen aber die Argumente, wenn du viele Punkte sammelst. Das führt dazu, dass sie noch härter arbeiten. Ein positiver Kreislauf, weil sich dadurch die Trainingsqualität erhöht. Wir pushen uns gegenseitig zur Höchstform. Ich hoffe, das bleibt noch lange so.
Beim Sieg in Düsseldorf kamen Luca Waldschmidt und Vincenzo Grifo von der Bank. Das ist ja eher ungewöhnlich für Freiburg. Wie hoch ist die Gefahr, dass diese neu gewonnene Breite im Kader auf Dauer zu Unzufriedenheit führt?
Petersen: Wir haben ein gutes Umfeld und einen Trainer, der solche Entscheidungen gut vermitteln kann. Aktuell stimmen die Ergebnisse. Sollte das mal nicht mehr so sein, wird sich zeigen, wie wir damit umgehen. Ich bin aber Fan von jedem einzelnen Jungen hier in der Mannschaft, weil alle sehr gute Charakterzüge mitbringen. Es sind keine Typen dabei, bei denen ich glaube, dass es da gefährlich werden könnte. Darauf wird schon bei Transfers geachtet. Natürlich wird eine Unzufriedenheit immer da sein. Aber wenn die verständliche Wut, wie am vergangenen Wochenende von Luca Waldschmidt in derart positive Aggression auf dem Platz umgesetzt wird, die das Spiel entscheidet, dann stimmt mich das glücklich. Auf Dauer werden die beiden auch ihre Spiele von Beginn an machen. Wir waren eben erfolgreich, bevor Grifo zurückkam. Dann muss eben auch er um seinen Platz kämpfen. Das spricht auch für die Qualität des Kaders.
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Christian Streich - SC Freiburg

Fotocredit: Getty Images

Freiburg ist Dritter, Dortmund auf Platz acht. Da ist die Favoritenrolle für das Topspiel am Samstag logischerweise schnell verteilt…
Petersen (lacht): Vor ungefähr fünf Jahren habe ich eines meiner ersten Spiele hier auch gegen Dortmund gemacht. Der BVB war damals Tabellenletzter, und die Argumentation war ähnlich. Da haben wir einen auf die Mütze bekommen. Deswegen weiß ich das schon einzuordnen. Wir freuen uns auf das Spiel und sind heiß darauf. Vielleicht können wir unser aktuelles Momentum weiter für uns nutzen. Aber das wird eine schwere Aufgabe. Der Druck und die Favoritenrolle liegen bei Dortmund, klar. Aber wir wollen die Gunst der Stunde nutzen und nehmen gerne etwas Zählbares mit.
Rund um den BVB wird derzeit viel über Mentalität und sogar den Trainer diskutiert. Sie sind schon lange im Profifußball unterwegs und wissen, wie eine Mannschaft auf so etwas reagieren kann. Haben Sie Respekt davor, dass Marco Reus und Co. den Ärger über die derzeitige Situation eine Trotzreaktion umsetzen?
Petersen: Wenn Dortmund die Diskussion zum Anlass nimmt, sich zusammenzuraufen und alles in die Waagschale zu werfen, dann haben wir keine Chance. Dann hat Dortmund eine Qualität im Kader, der man wenig entgegensetzen kann. Aber das schafft man nicht immer, auch wenn der Trainer es gerne hätte. Das ist tagesformabhängig. Ich traue unserem Team absolut etwas zu, auch wenn ich natürlich Fan dieser Dortmunder Mannschaft bin. Wenn die ihre gesamte Stärke abrufen, dann gibt es kaum einen Gegner, der sie aufhalten kann. Das hat man gegen Barcelona gesehen. Wir werden sicher viel hinterherlaufen müssen. Das macht aber Freude, wenn man 13 Punkte hat.
Von diesen 13 Zählern hat der SC neun Punkte auswärts geholt, nur vier im eigenen Stadion. Da gab es Punktverluste gegen Köln und Augsburg. Inwiefern hilft es, dass man nun gegen den BVB auch zuhause wie eine Auswärtsmannschaft spielen kann?
Petersen: Beschweren werden wir uns darüber ganz sicher nicht. Wir mögen das Spiel aus dieser Rolle heraus: Auf Konter lauern und gegen den Ball alles abarbeiten. Wir wissen, dass wir Dortmund damit an der einen oder anderen Stelle wehtun können. Es wird wohl darauf hinauslaufen, dass Dortmund mehr Ballbesitz hat. Es kommt darauf an, was sie daraus machen.
Ein Sieg über den BVB würde Freiburg endgültig in der Spitzengruppe festsetzen. Dann "droht" noch mehr Aufmerksamkeit…
Petersen: Diese Euphorie ist doch viel schöner als Abstiegskampf pur. Der kann ja auch immer noch auf uns zukommen, das wissen wir. Du bist ganz schnell in einer Phase drin, in der du nach unten durchgereicht wirst. Darauf muss man vorbereitet sein. Die aktuelle Phase müssen wir jetzt nutzen, um so nah wie möglich an die 40-Punkte-Marke heranzukommen. Im Moment haben wir 13, sollten bis zum Winter 20 haben. Nun kommen aber Gegner, gegen die du erstmal sieben Zähler holen musst.
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Fritz Keller

Fotocredit: SID

Persönlich haben sie jedes Spiel über die kompletten 90 Minuten gemacht, zwei Tore und ein Assist sind die Ausbeute. Zufrieden auch mit der eigenen Performance?
Petersen: Ja. Ich habe meinen Teil dazu beigetragen, dass wir 13 Punkte haben. Dabei sind mir auch schon zwei Tore gelungen. Sechs Spiele über 90 Minuten habe ich auch fast noch nie gespielt. Jetzt plötzlich mit Anfang 30 geht das anscheinend doch. Ich versuche, immer im bestmöglichen Zustand zu sein, um der Mannschaft helfen zu können. Ich habe in jeder meiner Freiburger Saisons zweistellig getroffen. Das würde ich natürlich gerne wieder tun.
Sie sind mittlerweile 30 Jahre alt. Ihr Vertrag läuft bis 2021. Haben sie eigentlich nochmal was anderes vor, oder wollen sie auf Dauer lieber eine Freiburger Vereinslegende werden?
Petersen: Stand jetzt habe ich nichts vor. Aber das haben schon viele gesagt und dann doch was anderes gemacht. Ich bin schon lange hier und würde natürlich gerne auch hierbleiben. Dazu muss ich Leistung bringen, um den Anspruch auf einen Platz im Team zu behalten. Dazu ist man auch immer von der anderen Seite abhängig. Ich denke aber, es sieht ganz gut aus.
Zum Abschluss ein Blick über den Tellerrand hinaus: Mit Fritz Keller steht ein Freiburger an der Spitze des DFB. Inwiefern ändert das auch die Wahrnehmung des Vereins?
Petersen: Die Wirkung auf die Stadt ist deutschlandweit schon groß mit Fritz Keller und Joachim Löw in so entscheidenden Positionen beim Verband. Sie vertreten die Werte der Stadt und des Vereins gut, weil sie anständige Menschen sind. Das hilft uns und spricht natürlich für den Standort Freiburg. Trotzdem mögen wir das Image des kleinen sympathischen Vereins. Das geht uns ja dadurch nicht verloren.
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