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FC Bayern II droht der Super-GAU: Vom Meister zum Absteiger in der 3. Liga?

Florian Bogner

Update 01/05/2021 um 18:24 GMT+2 Uhr

Dem FC Bayern München II droht als Meister der Abstieg aus der 3. Liga. Verantwortlich dafür ist eine sportliche Talfahrt, in die die Bayern Amateure, wie sie sich selbst gerne nennen, aber durchaus sehenden Auges geschlittert sind. Nun sollen verunsicherte Spieler mit einem neuen Trainer-Duo in vier Spielen retten, was auch auf Vereinsebene verbockt wurde. Und die Bosse schweigen sich aus.

Jann-Fiete Arp enttäuscht 2020/21 im Trikot des FC Bayern München II

Fotocredit: Getty Images

Eigentlich unglaublich. Der FC Bayern, letztes Jahr noch Meister, ganz oben, steht plötzlich auf einem Abstiegsplatz, kämpft um den Klassenerhalt. In der Bundesliga nur Wunschtraum der Konkurrenz, ist dieses Szenario in der 3. Liga tatsächlich eingetreten - mit Bayern II, oder den Bayern-Amateuren, wie sie sich selbst, und vor allem die eingefleischten Fans, gerne nennen.
War die Mannschaft mit Trainer Sebastian Hoeneß in der Spielzeit 2019/20 noch vor den Aufsteigern Würzburger Kickers und Eintracht Braunschweig Meister geworden, findet man sich 2020/21 vier Spieltage vor Schluss nur auf Platz 18 wieder. Das rettende Ufer ist drei Punkte entfernt.
Eine alarmierende Entwicklung - hatte doch gerade Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge in den Jahren zuvor immer wieder proklamiert, dass Bayern die zweite Mannschaft in der 3. Liga brauche, um den Unterbau der Profis auf einem gewissen Leistungsniveau zu halten und auch attraktiv für Nachwuchsspieler zu sein, die vielleicht nicht auf Anhieb den Sprung zu Thomas Müller, Robert Lewandowski & Co. zu schaffen - Spieler vom Schlage eines Jamal Musiala.
Die Jahre des FC Bayern II in der Regionalliga (2012/13-2018/19) werden entsprechend als dunkles Zeitalter gesehen; mehrfach scheiterten die Bayern Amateure am Aufstieg in die Drittklassigkeit - egal ob der Trainer Mehmet Scholl, Erik ten Hag, Heiko Vogel, Danny Schwarz oder Tim Walter hieß.

FC Bayern II: Seitz gibt an Schwarz/Demichelis ab

Ursächlich für den Abstiegsplatz jetzt ist in erster Linie ein sportlicher Einbruch: Nach der Hinrunde noch auf Platz neun, haben die kleinen Bayern aus den vergangenen 16 Spielen nur zwei Siege geholt. In den letzten acht Partien gab's sogar nur zwei Punkte - so rutschte man unter den Strich.
Um den Abwärtstrend aufzuhalten, hatte man Anfang April Seitz, der vornehmlich Co-Leiter des FC Bayern Campus ist, seine Doppelfunktion genommen und als Trainer der Zweiten abberufen, und dafür die Ex-Profis Danny Schwarz und Martin Demichelis vorzeitig von der U17 bzw. U19 nach oben gezogen - das Duo hätte Bayern II eigentlich erst kommende Saison übernehmen sollen.
Seitz, 2018/19 noch gefeierter Aufstiegstrainer, war dagegen nur eingesprungen, weil Sebastian Hoeneß kurz vor Saisonstart zur TSG 1899 Hoffenheim in die Bundesliga wechselte.

Den Abgang der Top-Scorer nicht kompensiert

Und nun haben die Amateure den Salat. "Wir haben Jugendfußball gegen Herrenfußball gespielt. In jedem Zweikampf waren wir zweiter Sieger", meinte Trainer Schwarz nach der jüngst erlittenen 0:4-Niederlage gegen den 1. FC Saarbrücken alarmiert: "Jeder Spieler muss sich fragen, was auf dem Platz passiert ist."
Den Karren in den Dreck gefahren haben aber nicht nur die Spieler. So haben es die Bayern auch versäumt, wichtige Abgänge zu kompensieren und den Kader damit konkurrenzfähig zu halten - was vor allem in den Verantwortungsbereich von Sport-Vorstand Hasan Salihamidzic fällt.
Mit Kwasi "Otschi" Wriedt und Derrick Köhn hatten immerhin 40 Scorerpunkte die Bayern vergangenen Sommer Richtung Willem II Tilburg verlassen – deren Lücke schloss niemand.

Leihgeschäfte zahlen sich nicht aus

Dass man Torwart Christian Früchtl und Mittelfeldspieler Sarpreet Singh an den 1. FC Nürnberg verlieh, zahlte sich nicht aus – Früchtl sitzt beim Club nur auf der Bank, Singh setzte sich ebenfalls nicht durch und kehrte bereits Ende Januar nach München zurück. Auch Oliver Batista Meier kommt als Leihspieler beim SC Heerenveen eher selten zum Zug.
Chris Richards gab man derweil im Winter die Möglichkeit, sich in Hoffenheim als Leihspieler in der Bundesliga zu profilieren. Für den Amerikaner ging das auf, Bayern II verlor jedoch eine weitere wichtige Stütze in der Innenverteidigung, nachdem man bereits Lasse Mai an den SV Darmstadt 98 in die zweite Liga verliehen hatte.
Weil man zudem auch Mert Yilmaz (Antalyaspor), Paul Will (Dynamo Dresden) und Woo-yeong Jeong (SC Freiburg) ziehen ließ, blieben von den 15 in der Meistersaison meist eingesetzten Spielern nur noch die Oldies Maximilian Welzmüller (29), Nicolas Feldhahn (32), und Timo Kern (31) und Angelo Stiller im Kader. Kern fällt aktuell allerdings verletzt aus.

Arp stagniert, Tillman verletzt, Musiala startet durch

Junge Spieler, die die Reihen schließen sollten, enttäuschten dagegen. Fiete Arp, von dem man sich eigentlich in dieser Saison als Mittelstürmer in der dritten Liga den Durchbruch erhofft hatte, stagnierte, steht bei nur vier Saisontoren. Ihm lief sogar zeitweise der aus Wolfsburg geholte Lenn Jastremski den Rang ab.
Malik Tillman, eigentlich ebenfalls als Leistungsträger eingeplant, riss das Kreuzband. Jamal Musiala stieß schnell in die erste Mannschaft vor, konnte den Amateuren nur in zwei Spielen aushelfen. Der aus der Jugend hochgezogene Armindo Sieb verletzte sich ausgerechnet bei seinem Profi-Debüt im DFB-Pokal gegen Düren so schwer, dass er ein halbes Jahr ausfiel und nun noch nach seiner Form sucht. Der im Winter aus Basel geholte Stürmer Dimitri Oberlin (23) traf auch erst einmal das Tor.
Dass dann zuletzt auch noch Spieler wie Christopher Scott oder Josip Stanisic bei den Profis als Notnägel auf der Bank aushelfen mussten, schwächte Bayern II noch mehr.
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Maximilian Zaiser (r.) - FC Bayern München II

Fotocredit: Getty Images

Wenig bis keine Hilfe "von oben"

Im Gegenzug konnten sich die Profis kaum revanchieren; liefen in der Meistersaison noch Spieler wie Alphonso Davies, Mickael Cuisance und Joshua Zirkzee hier und da bei der Zweiten auf, kam diese Saison kaum Mal einer "runter". Mit dem körperlich zu wenig durchsetzungsfähigen Flick-Liebling Tiago Dantas kann man am Campus derweil nur wenig anfangen, sodass er nur auf eine Handvoll Einsätze in der dritten Liga kam - Stiller wird schlicht als besser angesehen.
Den 20-Jährigen gibt man nun aber nach elf Jahren Ausbildung im Verein im Sommer ablösefrei an die TSG 1899 Hoffenheim ab.
Für Unverständnis bei Verantwortlichen und Fans der Zweiten stieß zudem, dass der Profi-Bereich Spielern wie Bright Arrey-Mbi den zweiten Schritt vor dem ersten gestattete. Konkret: Der 18 Jahre alte Innenverteidiger wurde Leistungsträgern bei der Zweiten vorgezogen und von Flick im vergangenen Jahr mit aufs Champions-League-Abenteuer nach Lissabon genommen. In der Vorrunde dieser Saison lief er dann auch beim Auswärtsspiel der Profis bei Atlético (1:1) in der Startelf auf.

37 eingesetzte Spieler, wenig Entwicklung

In der Zweiten war er dagegen in der Hinrunde zweimal mit Gelb-Rot vom Platz geflogen und ist überhaupt nur bei einem einzigen Sieg aufgelaufen. Zuletzt schwankten seine Leistungen sogar derart, dass er nicht mal mehr zum Kader der Amateure gehörte. So richtig einen Schritt nach vorne gemacht haben derweil nur wenige - auch ein Abstimmungsproblem zwischen Vereinsführung sowie den sportlich Verantwortlichen von erster und zweiter Mannschaft.
Die Bayern-Bosse müssen sich derweil hinterfragen, ob sie den Übergang vom Doppeljobber Seitz zu Schwarz/Demichelis vielleicht zu spät beschlossen haben. Seitz ließ selbst auch lange ein konservatives 5-3-2 spielen. Beim 0:4-Offenbarungseid gegen Saarbrücken griffen nun aber auch Schwarz/Demichelis daneben - warum plötzlich Verteidiger Jamie Lawrence im Mittelfeld auflief, dafür aber Stabilisator Welzmüller auf der Bank schmorte, war nicht so recht nachvollziehbar.
"Es ist im Moment ziemlich viel Wirbel drin", wurde der Sportliche Leiter am Campus, Jochen Sauer, von der "Süddeutschen" zitiert. 37 Spieler liefen bereits für Bayern II diese Saison auf - als unangefochtene Stammspieler darf sich aber gerade mal ein halbes Dutzend sehen.

Wann äußern sich die Bosse?

Vor den letzten vier Saisonspielen gegen Duisburg, Unterhaching 1860 und Halle wird nun überlegt, sich vielleicht doch noch Unterstützung von den Profis zu holen. Das ist für eine U23 aber gar nicht so einfach – spielberechtigt sind aus dem Profi-Kader nur der verletzte Douglas Costa, Marc Roca, Bouna Sarr, Tanguy Nianzou, Corentin Tolisso und Alexander Nübel. Aktuell sieht es danach aus, dass aus diesem Quintett zumindest der zuletzt lange verletzte Nianzou gegen Duisburg für Bayern II auflaufen könnte.
Auch Schwarz ist bewusst, dass er im Grunde mit den Spielern auskommen muss, die er in den letzten Wochen zur Verfügung hatte. "Wir haben unserer Mannschaft das Vertrauen geschenkt und fordern von den Spielern, dass sie das Vertrauen zurückzahlen und sich in den letzten Spielen auf dem Platz zerreißen", sagte er.
Drei Siege hat man sich intern als Ziel gesetzt - das wäre dann schon eine radikale Wende nach den letzten Ergebnissen. Gerade das 0:4 gegen Saarbrücken habe in der Mannschaft aber durchaus "Spuren hinterlassen", meinte Schwarz.
Interessant ist im Übrigen auch, dass sich aus der Vereinsspitze zuletzt niemand über die Zweite äußerte, Trainer und Team auf den Nicht-Abstieg einschwor. Vermutlich hatten Karl-Heinz Rummenigge, Oliver Kahn und Salihamidzic aber mit der Regelung der Nachfolge von Hansi Flick alle Hände voll zu tun.
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