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Der FC Bayern braucht Robert Lewandowski nicht mehr - unnötige Stürmerdebatte schwächt den Rekordmeister

Thilo Komma-Pöllath

Update 24/10/2022 um 19:35 GMT+2 Uhr

Die ewige Diskussion um Robert Lewandowski schwächt den FC Bayern nur und dient den Spielern als Alibi, meint der LIGAstheniker. Dass die Münchner dennoch in dieser Saison immer mal wieder gestrauchelt sind, liegt vor allem daran, dass sie sich noch viel zu wenig bewusst machen, dass ihr Spiel ohne Lewandowski auch eine große Möglichkeit ist. Ein Kommentar von Thilo Komma-Pöllath.

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Liebe FußballfreundInnen,
in der Regel ist das Diskussionsniveau in Sachen Fußball hierzulande derart flach, dass man vorher schon erahnen kann, welche Thesen nach einem x-beliebigen nächsten Spiel durch die Gazetten und Online-Portale gepeitscht werden.
Nehmen wir also nur mal an, die Bayern verlieren am kommenden Mittwoch in Barcelona (21:00 Uhr im Liveticker auf Eurosport.de) ihre erste Champions League-Partie in dieser Spielzeit mit, sagen wir, 0:2 und ein gewisser Robert Lewandowski schießt beide Barca-Tore.
Was denken Sie, worüber tags darauf wieder diskutiert wird, obwohl das Thema einen Bart hat, der so lange ist, dass man ständig drauftritt.

Unsinnige Diskussion um Lewandowski

Unter dem Label "Lewandowskis Rache" wäre sich die Expertenschar wieder einmal vollends einig darüber, dass den Bayern seit dem Abgang des Polen der Stoßstürmer, Torriecher und Goalgetter zur absoluten Weltspitze fehlt, gekoppelt mit einem allwissenden Unverständnis darüber, warum man Lewy überhaupt habe gehen lassen. So wird das seit Wochen diskutiert,richtig ist daran wenig.
Selbst wenn das Spiel so endete, wäre es nur eine Momentaufnahme, das größere Bild wäre ein ganz anderes: Barcelona dürfte trotzdem aus der Champions League ausgeschieden sein, die Münchner waren schon davor souverän in der K.o.-Phase; die Bayern wären trotzdem ein internationales Spitzenteam und Barcelona auch mit Lewandowski eine kriselnde und höchst durchschnittliche Mannschaft auf Europa League-Niveau und im Umbruch.
Der Lewandowski-Endlosdebatte täte das hierzulande dennoch keinen Abbruch. Warum eigentlich nicht?

Bayerns neue Potentiale

Tatsächlich, und das haben die jüngsten Spiele gezeigt, brauchen die Bayern gar keinen Lewandowski mehr. Die Tore erzielen längst andere und zwar in einer Breite, wie es das unter Lewandowski in den letzten Jahren nie gab. Nehmen wir nur mal als aktuelles Beispiel das 5:0 der Bayern gegen den Tabellendritten Freiburg von vor einer Woche. Serge Gnabry, Eric-Maxime Choupo-Moting, Leroy Sané, Sadio Mané und Marcel Sabitzer erzielten die Treffer und allein, dass es fünf verschiedene Torschützen waren, verriet dem kundigen Beobachter: Das ist Weltklasse!
Weil: Wie will man diese Bayern denn überhaupt ausrechnen? Ein wiederkehrendes Bayern-Problem der letzten Jahre, wenn in der Schlussphase der Champions League Lewandowski einmal so konsequent zugestellt wurde, dass von ihm eben nicht der entscheidende Treffer kam. Und noch ein Beispiel: Dass Chuopo-Moting plötzlich als Regeltorschütze und "bester Sohlenspieler der Welt" (Gnabry) reüssiert, ist nur dem Umstand zu verdanken, dass Lewandowski nicht mehr da ist.
Der polnische Edeltropfen hat durch seine übergroße Präsenz großen Potentialen im Team den Raum genommen - Choupo-Moting etwa. Auch das wird so gut wie gar nicht diskutiert.

Mehr spielerische Optionen ohne "Lewy"

Genauso falsch übrigens wäre eine Diskussion im umgekehrten Fall. Sagen wir, die Bayern gewinnen auch in Barcelona 2:0, Doppeltorschütze Choupo-Moting. Die Experten würden vom "neuen Lewandowski" jubilieren, was mit Verlaub der gleiche Quatsch wäre. Choupo-Moting hat andere Talente als Lewy, seine Laufwege, seine Anspielbarkeit, seine Ballverteilung im Strafraum des Gegners ist womöglich sogar besser als bei Lewandowski, der dafür deutlich torgefährlicher ist.
Choupo-Moting und auch Sadio Mané sind die Stürmer einer Mannschaft, die sich nicht festlegen will, wer heute wie die Treffer erzielt. Einfach deshalb nicht, weil es viele Wege gibt, die nach Rom führen (Achtung, Metapher!) und diese Lewy-lose Bayern-Mannschaft aufgrund ihrer spielerischen Optionen auch viele Wege kennt und nicht mehr nur den einen.
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Diskussion schwächt die Bayern

Dass die Bayern dennoch in dieser Saison immer mal wieder gestrauchelt sind, liegt vor allem daran, dass sie sich noch viel zu wenig bewusst machen, dass ihr Spiel ohne Lewandowski auch eine große Möglichkeit ist. Von dieser Möglichkeit muss man überzeugt sein, man muss sie auf dem Platz verkörpern und dann reichen 10, 20 oder 30 Torschüsse wie gegen Gladbach, Stuttgart oder Augsburg auch ganz einfach zum Sieg - sogar viel weniger auch.
Die von außen hereingetragenen, nicht enden wollenden Lewy-Diskussionen, führen nur dazu, dass die Bayern-Spieler - bewusst oder nicht - ein Alibi haben für verpatzte Spiele und sich schwächer reden lassen, als sie sind. Und manch einer glaubt das dann sogar. Denn eines ist doch logisch: Eine Mannschaft, die einem Spieler hinterhertrauert, wird keine Titel gewinnen. Da sind wir uns doch einig, oder?

ZUR PERSON THILO KOMMA-PÖLLATH:

Der Sportjournalist und Buchautor ("Die Akte Hoeneß") beleuchtet in seinem wöchentlichen Blog "Der LIGAstheniker" das Geschehen in der Fußball-Bundesliga für Eurosport.de. Oft skeptisch, ironisch, kritisch - aber einer muss schließlich den Ball flach halten.
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