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Borussia Dortmund verpflichtet Felix Nmecha als Bellingham-Nachfolger: Der 30-Millionen Risiko-Deal

Dennis Melzer

Update 05/07/2023 um 09:58 GMT+2 Uhr

Borussia Dortmund hat mit Felix Nmecha einen kontroversen Transfer gelandet. Der Mittelfeldmann, der vom VfL Wolfsburg kommt und den gen Madrid abgewanderten Jude Bellingham ersetzen soll, fiel in jüngerer Vergangenheit mit homo- und transphoben Posts auf. Bei seiner Vorstellung gibt er sich geläutert – doch die Verpflichtung birgt nicht nur wegen seines Social-Media-Gebarens Risiken.

Nmecha freut sich auf BVB: "Von Beginn an ein gutes Gefühl"

Seit geraumer Zeit werden Transfers nicht mehr ausschließlich via öder Pressemitteilung verkündet, in Zeiten von Instagram und TikTok kommen die Präsentationen bisweilen kleinen Kunstwerken gleich. Die Kreativabteilungen der Klubs überbieten sich gegenseitig, das Prinzip heißt wilder, bunter, nicer.
Sind die Filmchen abgespielt, die letzten Herzchen verteilt, werden Zitatkacheln gepostet, auf denen wahlweise der Neuzugang selbst herumfloskelt oder der Trainer mit ein paar warmen, austauschbaren Worten zitiert wird.
Borussia Dortmund hielt es am Montagabend anders. Als die Schwarz-Gelben den Transfer von Felix Nmecha offiziell machten, beließen sie es bei einem fantasielosen Twitter-Beitrag. Gezeigt wurde das obligatorische Bild des Spielers bei der Vertragsunterschrift, garniert wurde das Ganze mit einem nüchternen "Tach!". Doch warum war das so?
Wer sich im Vorfeld, als bereits die ersten Gerüchte aufkeimten, noch nicht mit der Personalie beschäftigt hatte, wurde schließlich aus dem Klub-Statement schlauer. "Uns ist bewusst, dass der bevorstehende Transfer in den vergangenen Tagen aufgrund zweier Internet-Postings, die Felix geteilt hat, auch Kritik hervorgerufen hat", erklärte BVB-Boss Hans-Joachim Watzke.

Nmecha teilte homo- und transfeindliche Inhalte

Gemeint waren homo- und transphobe Instagram-Stories. Im Februar teilte der deutsche Nationalspieler das Video des transfeindlichen und selbsternannten "theokratischen Faschisten" Matt Walsh, zu Beginn des Pride-Monats Juni verbreitete er ein Bild, auf dem das Wort "Pride" in obskurer Art und Weise dem Teufel zugeordnet wurde.
Es hagelte Kritik, Nmecha, seines Zeichens strenggläubiger Christ, ließ jeweils wachsweiche "Entschuldigungen" folgen.
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Felix Nmecha

Fotocredit: Getty Images

Bei Watzke und Präsident Reinhold Lunow leistete Nmecha aber offenbar erfolgreiche Überzeugungsarbeit. "Felix ist sehr jung, seine Religion ist tief in ihm verwurzelt und er ist – wie wir alle – nicht fehlerfrei", so Watzke. Er ergänzte: "Aber er hat uns in intensiven Gesprächen davon überzeugt, dass er kein transphobes oder homophobes Gedankengut in sich trägt." Nmecha habe betont, dass er alle Menschen, ganz unabhängig von Hautfarbe, Religion und sexueller Orientierung, liebe.

Nmecha rechtfertigt sich: "Aus dem Kontext"

Und Nmecha selbst? Der wurde vom hauseigenen Sender auch nochmal auf seine Gesinnung angesprochen. "Ich hoffe, dass die Fans mir eine Chance geben, mich kennenlernen und sehen, dass ich hoffentlich ein toller Mensch bin", sagte er. Generell seien ein "paar Sachen aus dem Kontext gerissen" worden. Was genau aus seiner Sicht aus dem Zusammenhang gerissen wurde, verriet er nicht. Viel Interpretationsspielraum hatte er mit seinen Social-Media-Posts zumindest nicht gelassen.
Zur Beschwichtigung trug das Ganze nicht unbedingt bei, viele Anhänger gingen mit dem BVB hart ins Gericht, prangerten an, dass Nmechas Weltbild nicht mit dem Grundwertekodex des Klubs vereinbar sei. Einige kündigten gar an, ihre Mitgliedschaft zu beenden.
Viel nachvollziehbarer Wirbel also um den polarisierenden Neuankömmling, dessen sportliche Fertigkeiten beinahe in den Hintergrund rückten. Dabei ist der Nmecha-Transfer nicht nur in puncto Außendarstellung ein Spiel mit dem Feuer, auch ansonsten birgt die Verpflichtung etliche Risiken.

BVB zahlt hohe Ablöse für Nmecha

Der Vizemeister überweist dem Vernehmen nach immerhin zwischen 30 und 35 Millionen Euro an Nmechas bisherigen Klub VfL Wolfsburg. Damit nimmt er einen Platz in der illustren Runde der teuersten Einkäufe der Vereinsgeschichte ein. Eine beträchtliche Summe, eine schwere Bürde für einen jungen Spieler, der bis dato auf insgesamt 46 Bundesliga-Einsätze und lediglich eine ordentliche Saison im deutschen Oberhaus zurückblicken kann.
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Felix Nmecha

Fotocredit: Getty Images

Die verhältnismäßig hohe Ablösesumme, die automatisch eine gewisse Erwartungshaltung mit sich bringt, bildet jedoch nur einen Teil der Last. Ein anderer Aspekt wiegt beinahe noch schwerer: Nmecha soll qua Position in die Fußstapfen des unlängst für 130 Millionen Euro (inkl. möglicher Boni, d. Red.) in Richtung Madrid abgewanderten Jude Bellingham treten. In Anbetracht von Bellinghams Einfluss aufs Dortmunder Spiel eine nahezu unmögliches Unterfangen.
"Ich würde sagen, als Achter, direkt in der Mitte, fühle ich mich am wohlsten", verriet der gebürtige Hamburger, der in der Jugend von Manchester City ausgebildet wurde. "Ich versuche immer, selbstbewusst zu spielen – ich will immer den Ball haben und immer für die Mannschaft kämpfen."

Terzic der Hauptantreiber bei Nmecha

Trainer Edin Terzic, der laut "Bild" im Werben um Nmecha als Hauptantreiber in Erscheinung getreten sein soll, sagte im Rahmen der Bekanntgabe: "Wir sind uns sicher, dass Felix sehr schnell ein wichtiger Bestandteil der Mannschaft werden kann und uns helfen wird, gemeinsam zu wachsen." Der 40-Jährige weiter: "Wir freuen uns auf Felix und möchten ihn dabei unterstützen, sich als Fußballer und Persönlichkeit weiterzuentwickeln."
Dass ein Coach in einer offiziellen Erklärung neben der angestrebten fußballerischen auch von einer Persönlichkeitsentwicklung spricht, ist nicht unbedingt üblich. In Nmechas Fall ist eben nichts gewöhnlich. Auch nicht der Umstand, dass sich Präsident Lunow in einem separaten Tweet für den Transfer rechtfertigte. Er habe zunächst Bedenken gehabt, nachdem er Nmecha persönlich kennengelernt habe, seien aber sämtliche Zweifel ausgeräumt, schrieb er.
Dennoch merkte Lunow an: "Felix Nmecha wird sich angesichts der Kritik im Vorfeld des Transfers bei vielen Schwarzgelben noch Vertrauen erarbeiten müssen." Nicht nur er, auch der Klub selbst. Immerhin hat er einen nicht unerheblichen Teil der eigenen Fans bitter enttäuscht.
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