Der LIGAstheniker: FC Bayern zwischen Vereinsjubiläum und Champions League - die merkwürdige Außendarstellung des Klubs
Publiziert 03/03/2025 um 11:36 GMT+1 Uhr
Der FC Bayern München hat aktuell reichlich Anlass zum Feiern: Erst der 125. Geburtstag, dann der einigermaßen souveräne Auswärtssieg beim VfB Stuttgart (3:1), der einen weiteren Schritt Richtung Meisterschaft bedeutete. In der Außendarstellung liefert der Rekordmeister aber ein merkwürdiges Bild ab - und das liegt vor allem an Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge, findet der LIGAstheniker.
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Quelle: Perform
Liebe Fußballfreundinnen und -freunde,
normalerweise ist es ja so: Man gewinnt erst was Großes, dann lässt man sich feiern: Autocorso, Weißbiergespritze, Roter Teppich.
Der FC Bayern hat es in der vergangenen Woche mal andersherum gemacht. Roter Teppich (genauer: grün) 1, Mittwoch letzter Woche: Thomas Müller lädt zur Premiere einer Doku über sich selbst.
Roter Teppich 2, ein paar Stunden später: 125-Jahr-Feier des FC Bayern am Nockherberg mit allerlei VIP-Gedöns.
Roter Teppich 3 am Tag darauf: Die Bayern feiern mit den Ultras, mit denen sie sonst nicht immer grün sind.
In den 1990ern FC Hollywood, jetzt also - 2025 - die Rote-Teppich-Bayern.
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Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß bei der 125-Jahr-Feier des FC Bayern
Fotocredit: Getty Images
Ganz schön viel Selbstberauschung, wenn man bedenkt, dass in zwei Tagen das vielleicht wichtigste Spiel der Saison gewonnen werden muss: das Champions League-Hinspiel gegen Bayer 04 Leverkusen (Mi., 21:00 Uhr im Liveticker).
Irritierende Außendarstellung der Bayern
Die Bayern haben bisher eine gute Saison gespielt und nach dem Auswärtserfolg am Freitag in Stuttgart kann man getrost schon mal den Staub aus dem roten Teppich für die Meisterfeier kloppen - da geht nix mehr schief!
Die Meisterschaft ist für die Bayern in diesem Jahr wichtig, nach Platz drei im Vorjahr, die Selbstvergewisserung der Rückeroberung an die nationale Spitze. Aber sie ist längst nicht die Antwort auf alle Fragen.
Erst die beiden Partien gegen Leverkusen im Achtelfinale der Champions League werden Aufschluss darüber geben, wer derzeit die beste deutsche Fußballtruppe ist: Bayern oder Bayer.
Und was hülfe den Münchnern schon die Meisterschaft, wenn Leverkusen ausgerechnet in München die Champions League gewänne? Am kommenden Mittwoch und eine Woche später geht es um die Vormacht im deutschen Fußball, um nicht weniger.
Auch deshalb müssen die Bilder vom roten Teppich und die dazu flankierenden Interviews der Bayern-Granden Hoeneß und Rummenigge im Höchstmaß irritieren.
Rummenigge adelt Wirtz …
Roter Teppich ist das eine, aber wenn der ehemalige Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge den eigenen Supermann Jamal Musiala indirekt kleiner macht, dann fragt man sich natürlich, so kurz vor den Entscheidungsspielen gegen Leverkusen: Was soll das?
In einem großen Interview mit der "Abendzeitung" hatte Rummenigge ausgerechnet Florian Wirtz zum "besten Spieler Deutschlands" erklärt.
Und das wenige Tage nachdem man den Vertrag seines besten Spielers - Musiala - für ein kolportiertes Finanzvolumen von 175 Millionen Euro bis 2030 verlängert hatte. Musiala weiß es jetzt also schwarz auf weiß: Er ist in den Augen seiner Bosse nur die Nummer zwei.
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Bayerns Interesse an Florian Wirtz - ein Schlag ins Gesicht für Jamal Musiala?
Fotocredit: Getty Images
Eigentlich wollte Rummenigge sagen, dass es Aufgabe des FC Bayern sein müsse, Wirtz nach München zu holen, was Musialas Selbstbewusstsein auch nicht gestärkt haben dürfte.
… und blamiert Musiala
Parallel dazu hatte Klubhegemon Uli Hoeneß bereits erklärt, dass das Festgeldkonto einen solchen Transfer kaum noch hergebe (O-Ton Hoeneß: "schwierig").
Warum also rollen die beiden mächtigsten Bayern-Hierarchen ohne Amt dem Leverkusener Star verbal den roten Teppich aus, wenn sie ihn gar nicht verpflichten können?
Warum machen sie Wirtz stark mit ihren Komplimenten und degradieren Musiala so kurz vor den zwei entscheidenden Spielen gegen eben diesen Wirtz-Klub?
Wäre ich Trainer des FC Bayern wäre ich, gelinde gesagt, stinksauer über diese spielerschädigende Außendarstellung meiner Bosse.
Auch Kimmich-Poker geht schief
Ein ganz ähnliches Muster beim Vertragspoker mit Joshua Kimmich. Warum macht man in der Crunch-Time der Saison, wenige Tage vor den Hitpartien gegen Leverkusen öffentlich, dass man das Angebot an ihn zurückzieht und damit das Thema für die Öffentlichkeit so richtig groß?
Wie kommt man darauf, dem zuletzt verletzten Spieler gerade jetzt ein Ultimatum zu stellen, dass er sich doch bitte noch vor dem ersten Leverkusen-Spiel zu seiner Bayern-Zukunft äußere? Die ideale Konzentration auf das Spiel sieht sicher anders aus, warum also kriegt man das nicht geräuschlos hin? Warum wartet man nicht bis nach Leverkusen?
Und auch hier wieder das gleiche Muster: Nicht diejenigen im Amt wie etwa Sportvorstand Max Eberl waren für die Rücknahme des Vertragsangebots verantwortlich, sondern die ohne: Der Aufsichtsrat, wie es hieß, der ganz offensichtlich von Hoeneß und Rummenigge dominiert und gelenkt wird.
Im 125. Jahr seines Bestehens stolpert der FC Bayern über den roten Teppich seiner eigenen Legende und darf sich nicht wundern, wenn ihm am Ende ein anderer die Schau stiehlt.
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ZUR PERSON: THILO KOMMA-PÖLLATH
Der Sportjournalist und Buchautor ("Die Akte Hoeneß") beleuchtet in seinem wöchentlichen Blog als das Geschehen in der Fußball-Bundesliga für Eurosport.de. Oft skeptisch, ironisch, kritisch - aber einer muss schließlich den Ball flach halten.
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