Drei Dinge, die bei VfB Stuttgart gegen Bayer Leverkusen auffielen: Die Rückkehr der Meister-Mentalität

Ein Wahnsinnscomeback, ein Tiefschlag für den VfB Stuttgart und mit Nick Woltemade ein Stürmer, der überragte: Bayer 04 Leverkusen hat am Sonntagabend zum Abschluss des 26. Spieltages in der Bundesliga ein fast verlorenes Spiel gegen den VfB gedreht und gezeigt, dass der Spirit der "Last-Minute-Monster" noch da ist. Stuttgart kämpfte, fiel aber auseinander. Drei Dinge, die beim 4:3 auffielen.

Alonso-Kampfansage: "Wollen so viel Druck wie möglich machen"

Quelle: Perform

Spannung im Kampf um die Meisterschale! Bayer 04 Leverkusen hat die erfolgreiche Titelverteidigung noch nicht abgehakt - und ist nach einer starken Aufholjagd und einem 4:3 (0:1) beim VfB Stuttgart wieder auf sechs Punkte an den Spitzenreiter FC Bayern herangerückt.
Ermedin Demirovic (15.), Nick Woltemade (48.) und ein Eigentor von Granit Xhaka (62.) sorgten für einen zwischenzeitlich bequemen Vorsprung des VfB. Jeremie Frimpong (56.), Piero Hincapié (67.), ein Eigentor von Angelo Stiller (88.) und Patrik Schick (90.+4) bescherten Leverkusen jedoch die drei Punkte.
Der VfB hingegen ist seit fünf Bundesligapartien ohne Sieg - und muss um die erneute Qualifikation für den Europapokal bangen.
Drei Dinge, die in Stuttgart auffielen.

1. Die Rückkehr der Last-Minute-Monster

Vier Tore gegen die inneren Zweifel, gegen die Zweifler von außen. Drei Punkte für die Moral, für das Team, für Xabi Alonso. Und eine fulminante Jubeltraube am Ende.
Der Plan des Trainers ging auf, weil er alles auf eine Karte setzte. Was sich viele gegen den FC Bayern in der Champions League von ihm gewünscht hätten, führte er gegen den VfB aus. In scheinbar aussichtsloser Situation brachte er die geballte Offensivpower mit Victor Boniface UND Patrick Schick ab der 57. Minute.
Die "schwarze Woche" mit dem bitteren Aus in der Champions League als Gipfel steckte dem Meister offensichtlich in den Knochen, er kam nicht gut in die Partie, wirkte verunsichert und ohne den verletzten Florian Wirtz mit Problemen im letzten Drittel. Doch wie schon in der Vorsaison war wieder sichtbar, wie sehr sich die Mannschaft selbst und dem Trainer vertraut.
Über Standards brachten sich die Leverkusener zurück, mit dem Anschlusstreffer von Frimpong in der 56. Minute war ihnen klar, dass sie nichts an Qualität eingebüßt haben. Drei Stürmer, Vollgas! Mit der Einwechslung von Stürmer Victor Boniface und Amine Adli wurde die Brust noch breiter, das zwischenzeitliche 3:1 des VfB hatte nichts an der Power verändert, die nun auf dem Rasen stand.
"Die Luft ist nicht raus. Solche Siege brauchst du, um zu zeigen, dass der Spirit noch da ist", erkannte Jonathan Tah. Robert Andrich fügte an: "Wir haben von der Bank brutal Wucht gebracht. Wir wollten auf Sieg spielen, ein Punkt hätte uns nicht viel gebracht. Man hat an der Jubeltraube gesehen, wie viel Wert dieser Sieg noch sein kann."
Ein sehr wichtiger Sieg sei das, ergänzte Coach Alonso. Der Rückstand auf den FC Bayern, der zwei Punkte in Berlin liegen ließ, beträgt sechs Zähler, die Saison ist noch lang.
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Bayer Leverkusen jubelt nach dem 4:3 in Stuttgart

Fotocredit: Getty Images

2. Der VfB hat vieles verstanden, aber nicht alles

Die Leistung war nicht ausreichend bei den gestiegenen Ansprüchen im Schwabenland. Laissez-faire geht nicht mehr, wenn die Qualifikation für die Champions League in akuter Gefahr ist. Trainer Hoeneß hat die Zeichen erkannt, der Ton in der Kabine wurde zuletzt rauer und lauter - die Nationalspieler Chris Führich und Deniz Undav fanden sich gegen Leverkusen auf der Bank wieder.
Doch die, die von Beginn an auf dem Platz standen, hatten verstanden. Sie bissen wieder, kämpften füreinander und hatten in Nick Woltemade in der Offensive einen Zielspieler in Bestform (siehe Punkt 3).
Mit solidem Zweikampfverhalten und klaren Pässen holten sie sich gegen den Doublesieger Stück für Stück mehr Selbstvertrauen. Das Resultat waren Tore.
"Von uns als Mannschaft muss etwas zu sehen sein", hatte Hoeneß gefordert und wurde zunächst nicht enttäuscht. Oft funktionierte das Gegenpressing, oft wurden Angriffe des Gegners entschlossen abgeblockt - auch das waren Beweise dafür, dass sich der Teamgeist nicht vollends verflüchtigt hat.
Erst als Leverkusen mit Victor Boniface UND Patrick Schick im zweiten Abschnitt "All in" ging, hielt der Defensivblock nicht mehr kompakt zusammen. Die Kraft ließ nach, die Konzentration auch, der Druck wurde zu stark. Dass am Ende nach einer 3:1-Führung kein Punkt heraussprang, ist ein Schlag für die Moral, der lange wehtun wird.
Die Leistung war nicht schlecht, aber auch nicht gut genug. Es sind keine guten Voraussetzungen für die verbleibenden acht Partien in der Bundesliga. Mit 37 Punkten nach 26 Spieltagen beträgt der Rückstand auf die Champions-League-Plätze acht Zähler.
"Wir verfallen nicht in Selbstmitleid, wir müssen einfach noch mehr fighten. Es war mehr drin und die Jungs hätten es auch verdient", bilanzierte Hoeneß. Ein Punktgewinn gegen Bayer 04 hätte ein Signal zur richtigen Zeit sein können, der Beleg, dass die schwierige Phase beendet ist.
"Ein vermasselter Abend. Wir müssen das über die Bühne bringen, ich kann es nicht verstehen, wie wir das Spiel verlieren konnten. Es ist ein scheiß Gefühl. Das ist sehr bitter", resümierte Woltemade. Es ist längst nicht "älles beschtens", wie der Schwabe sagen würde.

3. Woltemade ragt heraus

Unübersehbar ist er aufgrund seiner immensen Körpergröße sowieso. Mit knapp zwei Metern sticht der 23-jährige Mittelstürmer heraus. Herausragend war Nick Woltemade gegen Leverkusen allerdings fußballerisch.
Er bestätigte damit seinen auffälligen Aufwärtstrend, den sicher auch Bundestrainer Julian Nagelsmann wahrgenommen hat - zwinker, zwinker! Der Hüne ist ein Unterschiedsspieler und spielt sich im Angriff des VfB fest.
Hatte er gegen Leverkusen den Ball, brandete Gefahr und Unberechenbarkeit auf. In der Luft kann er sich leicht durchsetzen, doch gerade mit dem Ball am Fuß stellte er seine Gegenspieler reihenweise in den Schatten. Am Führungstor durch Demirovic war er maßgeblich mit einem überlegten Pass beteiligt, das 2:0 schoss er abgezockt selbst, beim 3:0 blockte er Tah weg und leitete dann das Tor ein, ansonsten brachte er seine Offensivkollegen immer wieder schön mit Steckpässen in Szene.
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Nick Woltemade (r.) ragte gegen Leverkusen nicht nur körperlich heraus

Fotocredit: Getty Images

"Der beste Spieler auf dem Platz. Er hat das, was einen klasse Mittelstürmer auszeichnet", urteilte "DAZN"-Experte Michael Ballack in der Halbzeit. "Er hat sich körperlich extrem verbessert. Deshalb ist es tough, gegen ihn zu spielen", erklärte Tah.
Woltemade behält die Übersicht in brenzligen Situationen, er behauptet den Ball, schirmt ihn gut ab, sucht und gewinnt Zweikämpfe. Für seine "schlaksige" Figur ist er unglaublich wendig, technisch astrein.
Woltemade bringt Tempo und Power ins VfB-Spiel, Nationalspieler Tah hatte viele Probleme, ihn in Schach zu halten und wird nicht der letzte Gegner damit gewesen sein. Die Zeit, in der er unterschätzt wurde, ist vorbei.
Auch wenn der Last-Minute-K.o. ein Tiefschlag für den VfB war, Woltemade schießt neuen Höhen entgegen. "Ich arbeite weiter daran, dass es so weitergeht", sagte der junge Stürmer selbst.
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Quelle: Perform


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