Hätte der FC St. Pauli auch ohne seinen Rückhalt Nikola Vasilj die Klasse gehalten - und warum stellt der Aufsteiger generell die zweitbeste Abwehr der Bundesliga?
Die heimliche Elf der Saison präsentiert die Spieler, die nicht unbedingt im Rampenlicht stehen, die vielleicht nicht die auffälligsten Akteure ihrer Teams waren - und dennoch einen großen Einfluss auf die Geschicke ihrer Mannschaften hatten.
Nicht ohne Grund findet sich nur ein Mann von Meister FC Bayern in der Aufstellung wider.
Der SV Werder Bremen, vor dem letzten Spieltag auf
Rang acht im Mittelfeld der Tabelle notiert, ist hingegen gleich mit zwei Profis dabei.
- Die heimliche Elf der Bundesliga-Saison:
Tor: Nikola Vasilj (FC St. Pauli)
St. Paulis bosnischer Torwart hält nicht nur die Klasse, sondern viele Bälle! Vasilj konnte starke 71,5% der Schüsse auf sein Tor abwehren - lediglich vier Stammtorhüter toppen diese Quote.
Hinter der gut organisierten Abwehrreihe der Hamburger, die starke neun (!) Mal ohne Gegentor blieb, ist der 29-Jährige ein verlässlicher Ruhepol.
Seine Qualitäten im Spielaufbau sorgen zudem immer wieder für Entlastung, da Pauli das eigene Aufbauspiel aufziehen kann.
Nikola Vasilj war ein starker Rückhalt für den FC St. Pauli
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Abwehr: Ko Itakura (Borussia Mönchengladbach)
Am Ende ging den Gladbachern etwas die Puste aus und es reichte nicht für Europa. Ein Garant für den zwischenzeitlichen Höhenflug war Ko Itakura.
Der Japaner gehört zu den kopfballstärksten Spielern der Bundesliga, ist defensiv wie offensiv wichtig bei Standards. Neben seiner kompromisslosen Zweikampfführung zählt die Spieleröffnung zu seinen großen Stärken: Itakura dribbelt in freie Räume und treibt das Spiel an, zieht manchmal sogar selbst aus der Distanz ab.
Ko Itakura traf für Borussia Mönchengladbach
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Gut möglich, dass er in der kommenden Saison doch im internationalen Geschäft mitmischt - die Interessenten stehen dem Vernehmen nach Schlange. Und das zurecht.
Abwehr: Tim Oermann (VfL Bochum)
Ein Absteiger in der heimlichen Elf der Saison? Natürlich hat Tim Oermann das größte Ziel verfehlt: Bochum kann die Klasse nicht halten und steigt verdient ab. Trotzdem ist der 21-Jährige ein Gewinner der Spielzeit 2024/25.
Mit seinem guten Tempo sicherte er viele Ausflüge von Vordermann Felix Passlack ab und rettete in brenzligen Situationen. Weil er es in Ballbesitz sehr einfach hält und kaum Fehler macht, ist Oermann ein sehr reif wirkender Innenverteidiger.
Reife Leistung als Innenverteidiger: Tim Oermann vom VfL Bochum
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Jung, schnell, auch als Rechtsverteidiger einsetzbar und mit 21 Jahren schon 48 Bundesligaspiele auf dem Buckel:
Oermann wird eine heiße Aktie auf dem Transfermarkt sein und trotz Abstieg auch in der nächsten Saison in der Bundesliga spielen.
Abwehr: Hauke Wahl (FC St. Pauli)
Der gebürtige Hamburger lebt spät in seiner Karriere seinen Traum: Bundesliga in der Heimatstadt. In seiner ersten Bundesligasaison führt er die zweitbeste Abwehr der Liga an - bei einem Aufsteiger!
Wahls Qualitäten im Spielaufbau sind aus Zweitligazeiten bestens bekannt. Nun konnte er beweisen, dass er auch im Kerngeschäft eines Verteidigers mithalten kann - teilweise gegen den internationale Topspieler.
Seinen fehlenden Topspeed merkt man ihm kaum an, weil er über ein herausragendes Stellungsspiel verfügt, Situationen rechtzeitig erkennt und dadurch genug Vorsprung in den Aktionen gegen schnellere Spieler hat.
Mit starken 61,4 Prozent kommt er auf die viertbeste Quote in defensiven Bodenzweikämpfen.
Hauke Wahl hielt mit dem FC St. Pauli die Klasse
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Mittelfeld: Mitchell Weiser (SV Werder Bremen)
Werders rechter Schienenspieler hat einfach etwas Besonderes: Dribbelt Weiser los, passiert etwas im Spiel der Grün-Weißen.
Weiser ist extrem variabel in seinen Aktionen: Er kann den Ball mit rechts wie links führen, zeigt viele Körpertäuschungen und Tempowechsel.
So ist er schwer greifbar und kaum vom Ball zu trennen. Neben seiner Flankenqualität (neun Torvorlagen) ist vor allem seine Präsenz in der Box enorm wichtig für Werder: Läuft das Spiel über links, startet Weiser regelmäßig in den Strafraum - teilweise bis in Mittelstürmerposition am ersten Pfosten (fünf Saisontore).
Mitchell Weiser (r.) im Spiel gegen RB Leipzig
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Mittelfeld: Konrad Laimer (FC Bayern München)
Sechser, rechter Verteidiger, linker Verteidiger - alles kein Problem. Wenn Konrad Laimer gebraucht wurde, war er da. Vincent Kompany konnte in seiner Debütsaison als Bayern-Trainer immer auf den Österreicher zählen.
Mit seiner Aggressivität passt Laimer hervorragend zur mannorientierten Spielweise der Münchner. Das Glänzen überlässt er den anderen und fokussiert sich lauf- und zweikampfstark aufs Arbeiten.
Mister Zuverlässig beim FC Bayern: Konrad Laimer
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Weil Laimer auch bei eigenem Ballbesitz immer auf den Faktor Absicherung bedacht ist, können auch die nominell defensiveren Spieler wie Joshua Kimmich sich mit einschalten.
Mittelfeld: Jens Stage (SV Werder Bremen)
Schafft er es noch in die Zweistelligkeit? Jens Stage erzielte starke neun Saisontore für Werder. Der Mittelfeldmotor ist ein Vorbild in Sachen Laufbereitschaft, Zweikampfstärke und Verlässlichkeit.
Der Däne tauchte schon in den Vorjahren regelmäßig in den torgefährlichen Zonen auf und bewies sein gutes Timing - lediglich die Effizienz fehlte.
Jens Stage wurde mit seinem Doppelpack zu Matchwinner
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Diese hat Stage nun gefunden und hat sich zum Topscorer der Bremer gemausert: Kopfbälle nach Standards oder Flanken, Distanzschüsse links wie rechts und Laufwege in die Tiefe: In dieser Saison traf Stage aus allen Lagen.
Mittelfeld: Hugo Larsson (Eintracht Frankfurt)
Dass Hugo Larsson erst 20 Jahre alt ist, kann man eigentlich kaum glauben: Der Schwede hat nicht weniger als das Komplettpaket eines zentralen Mittelfeldspielers zu bieten: Larsson läuft viel, Larsson läuft schnell, Larsson läuft richtig.
Egal ob als Teil einer Doppelsechs oder etwas vorgezogen als Achter: Immer wieder geht er mit richtigem Timing in die Tiefe und ist dank seiner Power kaum zu halten.
Weil er darüber hinaus auch noch eine enorme Ruhe am Ball hat, das Spiel auch mal beruhigt und so den Rhythmus mitbestimmt, wirkt er wie ein seit Jahren etablierter Top-Profi.
Hugo Larsson von Eintracht Frankfurt
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Sein großer Aktionsradius ist für Frankfurts intensiven Fußball unverzichtbar. Fängt er in der kommenden Saison an, regelmäßig(er) Tore zu schießen, wird er der nächste Frankfurter, der viel Geld in die Kassen Spülen kann.
Mittelfeld: Jae-Sung Lee (FSV Mainz 05)
Der Mainzer Powerfußball funktioniert nur, weil die vorderste Reihe mit höchster Intensität anläuft. Schaut man sich die Anzahl der intensiven Läufe bei gegnerischem Ballbesitz an, tauchen in den Top 20 fast nur Abwehrspieler und Sechser auf. Fast?
Lee bildet die Ausnahme und rangiert als Offensivmann auf einem bemerkenswerten 16. Rang. Der nächstbeste Offensivspieler folgt auf Platz 26 - natürlich ein weiterer Mainzer: Paul Nebel.
Doch auch in seinem Kerngeschäft, dem Initiieren und Abschließen von Angriffen ist der Südkoreaner enorm wertvoll: Außer Thomas Müller hat wohl kein offensiver Mittelfeldspieler in der Bundesliga ein besseres Timing bei Wegen in die gefährliche Zone.
21 Kopfbälle brachte Lee in Richtung Tor und muss sich in der Kategorie lediglich hinter ausgewiesenen Kopfballspezialisten wie Guirassy, Kane, Kleindienst und Irvine anstellen.
Lee schnürt gegen die Bayern einen Doppelpack
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Sturm: Shuto Machino (Holstein Kiel)
Zehn Tore bei einem Absteiger sind eine sehr ordentliche Ausbeute. Doch Machino zeichnet sich nicht nur durch seine Treffer aus.
Der Japaner ist ein starker Anläufer, der den Gegner nicht nur mit hoher Intensität, sondern auch mit gutem Timing unter Druck setzt.
Shuto Machino (Holstein Kiel)
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Mit seiner Statur ist er kein typischer Mittelstürmer, sondern kommt eher aus einer zurückgezogenen Position und weicht auch mal auf die Flügel aus, von wo er auch gute Flanken spielt.
Bei Standards war er Holsteins Geheimwaffe: Neben gefährlichen Eckbällen und Freistößen bleiben vor allem seine extrem weiten Einwürfe in Erinnerung, die die Kieler in jedem Spiel für kollektive Besuche im gegnerischen Strafraum genutzt haben.
Ähnlich wie Oermann bei Bochum ist es auch Machino gelungen, sich in einer letztlich unterlegenen Mannschaft ins Rampenlicht zu spielen - auch er dürfte der Liga erhalten bleiben.
Sturm: Patrik Schick (Bayer Leverkusen)
Nach Leverkusens fast perfekter Vorsaison war es schwierig, noch einmal einen draufzusetzen. Einer, dem das gelungen ist, ist Patrik Schick.
Der Mittelstürmer stand in der Meistersaison noch im Schatten von Top-Transfer Boniface und fiel fast "nur" durch einige Jokertore auf. In dieser Saison blieb Schick bis auf eine kleine Blessur durchgehend fit und lieferte konstant ab: Die Gegner standen gegen Leverkusen noch tiefer, sodass öfter zu klassischem Flügelspiel mit Flanken gegriffen werden musste.
Patrik Schick von Bayer 04 Leverkusen
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Hier zeigte der Tscheche seine großen Qualitäten in beeindruckender Konstanz: Immer wieder verwertete er schwer zu verarbeitende Bälle von außen und diente letztlich als Dosenöffner.
Trainer Xabi Alonso rotierte wegen der Dreifachbelastung gewohnt viel, anderenfalls hätte Schick wohl mehr als 19 Tore in der Liga erzielt.
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Quelle: Perform