FC Bayern München: Xabi Alonso ist die Gegenwart, Joshua Kimmich die Zukunft

Keinem Bayern steht der edle Zwirn so gut wie Xabi Alonso. Wenn der FC Bayern München in der "Königsklasse" auf Reisen geht, wirft er sich immer in Schale, trägt Designermode. Alonso scheint dafür wie geboren. Fußball-Modell.

An Joshua Kimmich sieht der Anzug dagegen noch etwas komisch aus. Ein bisschen wie Konfirmation. Reinwachsen muss er erst noch, der 20-Jährige. In den Anzug - und seine Rolle.

In der Partie bei Dinamo Zagreb (20:45 Uhr im Liveticker) wird Kimmich aller Voraussicht nach wieder ran dürfen. Auf dem Platz, in der Alonso-Rolle als Sechser vor der Abwehr.

Der wahrscheinlich wichtigsten Rolle für Trainer Pep Guardiola, der Rolle des "pivote", wie man es in Spanien nennt. Der Rolle, die Guardiola einst selbst spielte.

"Kimmich ist fast mein Sohn", hat Guardiola neulich gesagt. Ein ungeheures Kompliment, dass im Hause Kimmich für Erheiterung sorgte. "Meine Mutter hat gesagt: Davon weiß sie gar nichts. Ich hoffe, mein Vater macht sich keine Gedanken", sagte Kimmich am Dienstag.

Ernsthafter fügte er hinzu: “Es ist eine große Ehre, es freut mich allgemein. Es ist schön, wenn der Trainer positiv über einen spricht. Ich versuche einfach jeden Tag weiter Gas zu geben."

Und jeder Startelfeinsatz ist ein weiteres Kompliment. Eines, das Kimmich auch in Zagreb dankend annehmen will. "Für mich ist jedes Champions-League-Spiel etwas Besonderes. Ich freue mich aufs Spiel", sagte er. "Ich sehe es als Chance, wenn ich auf dem Platz stehen darf. Ich will zeigen, was ich kann."

Zeigen, was er schon gelernt hat. Von Alonso, dem Lehrer. Kimmich ist der Schüler. Nicht nur auf dem Platz, auch abseits. Oft kommen sie gemeinsam aus der Kabine, Alonso innen, an den Reportern vorbei und Kimmich außen, nahe an der Wand entlang. Geleitschutz.

Wenn Kimmich von Alonso spricht, schwingt eine Menge Ehrfurcht mit. Da zählt der U21-Nationalspieler sogleich die Titel auf, die sein 34 Jahre altes Vorbild bereits geholt hat: "Weltmeister, Europameister, Champions-League-Sieger mit zwei verschiedenen Vereinen", weiß Kimmich.

Zu lernen gibt es viel. "Ich kann mir jedes Training und jedes Spiel was abgucken: Seine Erfahrung, wie er Situationen löst, wie er mit Schwierigkeiten umgeht, wenn er zum Beispiel mal einen Fehlpass spielt - ich versuche das auch umzusetzen", erzählt Kimmich.

Guardiola gibt ihm den nötigen Spielraum und Einsatzzeit - schon 500 Minuten diese Saison. "Ich freue mich über jede einzelne Minute und dass ich einige Spiele schon von Anfang an machen kann", so der Jungstar. In der Champions League kommt er gegen Dinamo schon zum fünften Mal zum Einsatz, hier hat er Mittwochnacht dann wahrscheinlich mehr Minuten gespielt als in der Bundesliga (245).

Kimmich bekommt seine Zeit, weil Guardiola Alonso diese Saison wie einen Oldtimer fährt: Er wägt sensibel ab, wann es sich lohnt, ihn aus der Garage zu holen. Er hat ja schließlich einen ganzen Fuhrpark, seinen geländegängigen SUV Arturo Vidal zum Beispiel, und eben Kimmich, der so etwas wie ein Tesla-Elektroflitzer ist: sehr wahrscheinlich die Zukunft.

Ganz entscheidend von Kimmichs Lernfortschritten hängt deshalb auch die Vertragsverlängerung von Alonso ab. Dessen Kontrakt ist aktuell bis Saisonende befristet und jünger wird der edle Spanier nicht, auch wenn Kollege Thiago ehrfürchtig sagt: "Xabi ist ein alter Mann im Körper eines jungen Spielers."

Also spielt man auf Zeit. Alonso sagt: "Ich weiß noch nicht." Bayern blockt. "Es ist jetzt zu früh für Vertragsgespräche", sagte Matthias Sammer dem "Kicker". Erst im Frühjahr will man sich zusammensetzen.

Wenn absehbar ist, ob Kimmich sein Bayern-Abi ebenso bravourös bestehen kann wie sein echtes: da hatte er einen Schnitt von 1,7.