Drei Dinge, die bei Manchester City gegen Real Madrid auffielen: Offenes Visier und zwei Weltfußballer

Thomas Gaber

Update 27/04/2022 um 10:11 GMT+2 Uhr

Manchester City und Real Madrid bieten im Halbfinal-Hinspiel der Champions League ein Spektakel auf allerhöchstem Niveau - was das Angriffsspiel beider Mannschaften angeht. Wesentlich dazu beigetragen haben einmal mehr zwei potentielle Weltfußballer. Für die beiden Trainer Pep Guardiola und Carlo Ancelotti gibt es allerdings enormen Nachholbedarf in Sachen Defensive. Drei Dinge, die auffielen.

"Werbung für den Fußball": Guardiola feiert Halbfinale

Es war das torreichste Halbfinalspiel in der Geschichte der Champions League. Und es war (vielleicht) auch das spektakulärste.
Was Manchester City und Real Madrid beim 4:3-Sieg der Skyblues 94 Minuten lang (an)boten, war Offensivfußball vom Feinsten. Wenn's ums Verteidigen ging, ließen beide Teams allerdings viele Wünsche offen.
City führte die Königlichen in der ersten halben Stunde vor, traf früh zweimal und legte in der zweiten Halbzeit zwei weitere Tore nach. Doch Real Madrid zeigte auch an diesem Abend im Etihad Stadium seine herausragenden Comeback-Qualitäten in dieser Saison.
Es gibt viele Dinge, die in diesem offenen Schlagabtausch auffielen, wir haben uns für diese drei entschieden.

1. Weltfußballer Kevin De Bruyne

Seit Jahren ist Kevin De Bruyne unumstrittener Stammspieler bei Manchester City. Der Belgier hat sich stets gegen namhafte Konkurrenz durchgesetzt; ihm war es relativ gleichgültig, wer da wieder für x Millionen verpflichtet wurde.
Und Jahr für Jahr gehört der Belgier auch zum erweiterten Favoritenkreis für die Wahl zum besten Fußballer. Dass er nie eine echte Chance hatte, zu gewinnen, liegt am fehlenden ganz großen Titel im Verein oder mit der Nationalmannschaft.
Nach der Pleite im vergangenen Champions-League-Finale gegen Chelsea, als De Bruyne nach knapp einer Stunde verletzt ausgewechselt werden musste, hat er erneut die Chance, (endlich) den Henkelpott zu holen. Die Ausgangslage für den erneuten Einzug ins Finale ist nach dem 4:3 gegen Real Madrid nicht ungünstig - und De Brunye hat daran großen Anteil.
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Manchester City: De Bruyne (li.) und Foden (re.) jubeln

Fotocredit: Getty Images

Überragend sein Laufweg vor dem schnellen Führungstor (2.), blitzgescheit der scharfe Pass an den Fünfmeterraum vor dem 2:0 durch Jesus, genial sein direktes Zuspiel auf Phil Foden, das City eine Großchance ermöglichte.
Bei eigenem Ballbesitz trieb De Bruyne entweder an oder bewegte sich zwischen den Ketten auf der Suche nach dem freien Raum wie vor seinem Kopfballtor. Im Spiel gegen den Ball ackerte er pausenlos in vorderster Pressinglinie.
"Amazon Prime"-Kommentator Jonas Friedrich sagte Mitte der ersten Halbzeit über den 30-Jährigen: "Der beste Weltfußballer, der nie Weltfußballer war." Wohl wahr. Aber ein Champions-League-Titel kann diesbezüglich viel verändern.

2. Weltfußballer Karim Benzema

Was für De Bruyne gilt, gilt im Wesentlichen auch für Karim Benzema. Der hat zwar mit Real Madrid schon jede Menge ganz große Titel gewonnen, stand dabei aber stets im Schatten von Cristiano Ronaldo, Sergio Ramos oder Luka Modric.
Im vergangenen Jahr war der Franzose schon mal relativ nah dran am Weltfußballer-Titel, zog aber gegen Robert Lewandowski und Lionel Messi den Kürzeren.
Das war für Benzema offensichtlich Ansporn genug, noch eine Schippe draufzulegen. Mit seinem Doppelpack in Manchester schraubte er seine Torquote 2021/22 auf 41 in 41 Pflichtspielen. In der diesjährigen K.o.-Phase der Königsklasse traf er bereits neun Mal, nur Ronaldo war 2016/17 um ein Tor besser. Benzema hat aber mindestens noch ein Spiel, um den Rekord zu knacken.
Dass Real Madrid noch am Leben ist, haben die Königlichen einmal mehr ihrem Stürmer zu verdanken. In seinem 600. Pflichtspiel für Real schoss Benzema quasi aus dem Nichts den Anschlusstreffer zum 2:1. Er leitete den Treffer mit einem gewonnenen Zweikampf selbst ein und zeigte dann Flankengeber Ferland Mendy genau an, wohin er den Ball haben will. Mendy lieferte, Benzema schlug gnadenlos zu.
Als Real beim Stand von 2:4 zum x-ten Mal in diesem Spiel auseinanderzufallen schien, sprang City-Verteidiger Aymeric Laporte der Ball an die Hand - nach einem Luftduell mit Benzema.
Im letzten Ligaspiel gegen Osasuna hatte der Franzose zwei Elfmeter verschossen. Trotzdem trat er wieder an und chippte die Kugel in bester Panenka-Manier unter die Latte. "Der muss Eiswürfel pinkeln, so cool wie der ist", kommentierte Jonas Friedrich.
Experte Mario Gomez ergänzte, dass "die echten Champions in solchen Situationen den besonderen Nervenkitzel brauchen und dann auch liefern".
Benzemas Teamkollege David Alaba fällt schon länger nichts mehr ein, wenn er die Leistungen seines Kapitäns bewerten soll. "Was er in dieser Saison Woche für Woche leistet, kann man nicht in Worte fassen. Karim ist unfassbar und wir sind natürlich froh, dass er bei uns ist", sagte der Österreicher nach dem Spiel.
Kevin De Bruyne und Karim Benzema - zwei potenzielle Weltfußballer setzten dem Spektakel die Krone auf.

3. Naiver kann man nicht verteidigen

So herausragend beide Mannschaften im Angriff agierten, so jämmerlich war mitunter die Defensiv-Leistung.
In der Anfangsphase bekam Real beim Spiel gegen den Ball keinen Fuß auf den Boden. Die Abstand zwischen Viererkette und im Mittelfeld war viel zu groß, wie auch der Abstand zwischen den beiden Innenverteidigern und der zwischen den Innen- und den Außenverteidigern.
Zu allem Überfluss haute Alaba vor dem 2:0 durch Jesus (11.) auch noch über den Ball, als Real im eigenen Strafraum in Unterzahl (!) war.
"Wenn man solche Fehler macht wie wir, braucht man sich nicht wundern, wenn man vier Tore bekommt", sagte Dani Carvajal. Auch Trainer Carlo Ancelotti monierte, dass "wir uns am Anfang nicht gut angestellt haben in der Abwehr".
Doch auch City leistete sich bisweilen haarsträubende Fehler. Beim Stand von 3:1 lief Vinícius Júnior 60 Meter (!) alleine auf Torhüter Ederson zu, ohne dass ihn einer daran hinderte. Fernandinho hatte sich mit einer simplen Körpertäuschung verladen lassen und weil kein Verteidiger absichern oder zumindest Vinícius Júnior den Weg zum Tor versperren wollte, schlug's erneut ein.
"Wir sind selbst schuld, dass wir nicht höher gewonnen haben", sagte Phil Foden bei "BT Sport". "Wir hatten Real im Sack, haben vorne aber zu viele Chancen nicht genutzt und hinten ein bisschen viel zugelassen."
Beide Mannschaften spielten mit offenem Visier - scheinbar ohne Rücksicht auf Verluste. "Da hat ja zwischenzeitlich niemand mehr richtig verteidigt", analysierte "Amazon Prime"-Experte Patrick Owomoyela.
Schlecht für Pep Guardiola und Carlo Ancelotti, die für das Rückspiel nächste Woche in Madrid ihre Defensiven grundlegend neu aufstellen müssen. Aber gut für alle Fans, die den Fußball wegen solcher Spiele lieben.
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