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PSG gegen Borussia Dortmund - Jürgen Kohler im Exklusiv-Interview: "Der BVB kommt ins Champions-League-Finale!"

Philipp Kessler

Update 07/05/2024 um 08:11 GMT+2 Uhr

Jürgen Kohler ist vor dem Rückspiel im Halbfinale der Champions League guter Dinge. Geht es nach dem Weltmeister von 1990, zieht sein ehemaliger Klub Borussia Dortmund beim Gastspiel gegen PSG in das Endspiel der "Königsklasse" ein. Der 58-Jährige spricht im Exklusiv-Interview über die Schwächen des französischen Meisters und erklärt, warum Superstar Kylian Mbappé noch an sich arbeiten muss.

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BVB oder PSG? Das ist hier die Frage. Borussia Dortmund hat das Halbfinal-Hinspiel der Champions League gegen Paris Saint-Germain durch ein Tor von Niclas Füllkrug mit 1:0 gewonnen. Das Rückspiel am Dienstag (ab 21:00 Uhr im Ticker) im Prinzenpark wird sich Jürgen Kohler nicht entgehen lassen.
Der ehemalige Weltklasse-Verteidiger wurde mit Dortmund 1997 überraschend Champions-League-Sieger. Auch der Mannschaft von Trainer Edin Terzic traut der Welt- und Europameister Großes in der Königsklasse zu. Weil Paris und deren Superstar Kylian Mbappé in wichtigen Spielen oftmals unter ihren Erwartungen blieben, wie Kohler im Interview mit Eurosport.de betont.
Herr Kohler, sind Sie verwundert über die gute Ausgangslage des BVB?
Jürgen Kohler: Nein, das 1:0 im Hinspiel gegen Paris hat mich nicht überrascht. Die Champions-League-Auftritte des BVB waren im Prinzip bisher durchgängig okay bis gut. Bei so engen Spielen entscheiden eben auch Kleinigkeiten. Man hatte natürlich ein bisschen Glück. Ich denke an die zwei Pfostenschüsse von PSG. Solche Bälle können auch mal reinrutschen.
In Dortmund blieb Superstar Kylian Mbappé mit Ausnahme des angesprochenen Pfostenschusses weitgehend blass.
Kohler: Er ist ein außergewöhnlicher Fußballer. Aber in großen Spielen hat er das noch nicht nachgewiesen. Das muss man ganz klar so sagen. Er hat enorme Geschwindigkeit und einen guten Abschluss.
In ganz engen Spielen sind Mbappés Qualitäten aber noch nicht zum Tragen gekommen. Einen Unterschiedsspieler macht das aus. Mit 25 Jahren ist er noch immer jung. Daran muss er weiter arbeiten.
Im WM-Finale 2022 hat er doch mit seinen drei Toren dafür gesorgt, dass Frankreich gegen den späteren Weltmeister zumindest noch ins Elfmeterschießen gekommen ist.
Kohler: Am Ende des Tages bringt man Titel und Erfolge mit Personen in Zusammenhang. Mbappé war im Endspiel natürlich eine prägende Figur. Trotzdem sind die Argentinier Weltmeister geworden. Das ist die Wahrheit. Und daran wird man sich auch erinnern.
Wenn man Titel gewinnt, geht man in die Annalen ein. Über den Verlierer erinnert sich in zwei Jahren keiner mehr.
Kohler: Wichtig ist, dass man eine sehr gute Grundordnung hat, die Räume gut zustellt und nicht so oft in Laufduelle muss. Man muss versuchen, ihn zu doppeln und ihm damit seine Geschwindigkeit wegnehmen. Das ist natürlich leichter gesagt als getan. Und falls Mbappé doch zu Möglichkeiten kommen sollte, wären wir wieder beim Thema: Wenn ein Spieler mit außergewöhnlichen Fähigkeiten Chancen hat, dann muss er sie nutzen.
Vor vier Jahren haben die Pariser das Champions-League-Finale gegen den FC Bayern mit 0:1 verloren, obwohl sie die bessere Mannschaft waren. Mbappé ist ein paar Mal auf Neuer zugelaufen. Aber da hat sich wieder die Klasse gezeigt, Neuer hält eben die Dinger. Das Glück ist häufig beim Tüchtigen. Von einem Ausnahmespieler darf man in Ausnahmespielen schon mal was verlangen.
Hat Dortmund derzeit Ausnahmespieler?
Kohler: Aktuelle sehe ich die nicht. Derzeit ist es in der Tat diese mannschaftliche Geschlossenheit, die gerade in der Champions League zu Erfolgen geführt hat. Aber auch da ist es wieder so: Wenn der BVB im Halbfinale ausscheiden würde - und theoretisch ist das möglich - dann wäre es aus meiner Sicht keine gute Saison. So ehrlich muss man auch sein.
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Champions League: BVB Verteidiger Nico Schlotterbeck (l.) im Duell mit PSG Star Kylian Mbappé Borussia Dortmund vs. Paris Saint Germain

Fotocredit: Getty Images

Kommt der BVB ins Champions-League-Finale?
Kohler: Ich glaube schon. Ich finde auch, dass Paris gerade in großen Spielen bisher sehr häufig den Kürzeren gezogen hat. Trainer Luis Enrique hat zwar erzählt, dass in Paris die Hölle auf Dortmund warten wird. Aber egal, wo man mit dem BVB hinkommt, ist immer die Hölle los. Die Stadien sind immer ausverkauft - egal, ob zuhause oder auswärts. Für Fußballer mit Erfahrung macht das keinen Unterschied.
Auch 1997 hatte Dortmund Probleme in der Bundesliga. Am Ende holten Sie und Ihre Kollegen den Champions-League-Sieg. Sehen Sie Parallelen zur momentanen Situation?
Kohler: Wir hatten ein ganz anderes Problem damals: die unglaublich hohe Verletzungsquote über die gesamte Saison hinweg. Im Prinzip standen ganz selten die besten elf Spieler auf dem Platz. Häufig mussten wir improvisieren. Matthias Sammer hatte bis auf das Finale gegen Juventus Turin gar kein Spiel gemacht. Kalle Riedle, Stephane Chapuisat, Steffen Freund oder auch Julio Cesar waren verletzt. Aber die Spieler, die für die sogenannten Stammspieler den Platz eingenommen haben, haben zu 100 Prozent performt. Das Entscheidende ist, dass man in solchen Spielen seine Bestleistung abrufen muss, um eine Chance zu haben. Und dann braucht man auch Spielglück. Wie Liverpool 2005 im Champions-League-Finale. Damals lagen sie schon mit 0:3 zurück und haben trotzdem noch im Elfmeterschießen gewonnen. Deswegen ist Fußball so schön.
Mit einem Dortmunder Champions-League-Sieg hatte damals kaum einer gerechnet.
Kohler: Gegen Atletico Madrid hatte man schon gedacht, dass wir ausscheiden. Gegen AJ Auxerre im Viertelfinale und im Halbfinale gegen Manchester United auch. Damals haben wir ausnahmslos gegen Meister gespielt. Wir waren 1997 der erste Champions-League-Sieger, der in der Vorsaison auch die Meisterschaft im eigenen Land holte. Das war nicht so wie heute, wo auch der Vierte oder Fünfte der Liga in der Champions League aufschlagen und den Titel gewinnen kann.
Im Finale hat Dortmund Juventus mit 3:1 besiegt. Welche Erinnerungen haben Sie daran?
Kohler: Da sind Stars wie Zidane, Del Piero, Conte oder Deschamps rumgelaufen, dazu hatte Juve sehr viele weitere Nationalspieler. Wir waren der Außenseiter. In der Rolle haben wir uns aber ganz wohl gefühlt. Das war gegen Manchester United auch so, trotzdem haben wir zweimal mit 1:0 gegen sie gewonnen. Man braucht aber auch Unterschiedsspieler für so einen großen Erfolg, die ihre Kollegen in der ein oder anderen Partie mitreißen können und an die sie sich anlehnen können.
Auf welchen BVB-Star können sich die Spieler derzeit immer verlassen?
Kohler: Der mit Abstand beständigste ist Torwart Gregor Kobel. Er zeigt bereits über zwei, drei Jahre eine konstant gute Leistung. Wenn er einen guten Tag erwischt, kann er den Unterschied machen. Dann wird es aber schon eng. Verstehen Sie mich nicht falsch: Das sind alle gute Spieler und die haben auch ihre Qualitäten. Aber da muss viel zusammenkommen, um am Ende auch den Champions-League-Titel holen zu können.
Ich glaube, dass Dortmund gegen PSG weiterkommen kann. Paris überzeugt mich nicht. Die haben gute Spieler, aber sie sind für mich keine Mentalitätsmonster. Wenn es super läuft, nehmen die alles auseinander. Dann schnalzt man mit der Zunge. Aber in Anbetracht des monetären Mehraufwands, den sie seit Jahren betreiben, haben sie mich enttäuscht.
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Gregor Kobel

Fotocredit: Getty Images

Bayern oder Real Madrid – wer würde Dortmund im Falle eines Finaleinzugs besser liegen?
Kohler: Das kann man nicht sagen. Jede Mannschaft, die ins Endspiel kommt, hätte den Titel auch verdient. Im Finale entscheiden Kleinigkeiten: ein überragender Torwart, ein herausragender Mittelstürmer, Einzelaktionen. Eine geschlossen gute Mannschaftsleistung ist sowieso unabdingbar. Zudem braucht man auch noch zwei, drei Spieler, die über sich hinauswachsen.
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