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Freiburgs Janina Minge vor DFB-Pokal-Finale gegen Wolfsburg im Interview: "Super, dass wir unser eigenes Ding machen"

Steffen Schneider

Update 18/05/2023 um 10:58 GMT+2 Uhr

Zu Saisonbeginn noch Innenverteidigerin, entwickelte sich Janina Minge beim SC Freiburg nun zu einer zentralen Stütze in der Offensive. Zehn Treffer erzielte sie in der laufenden Spielzeit und ist eine der Hoffnungsträgerinnen vor dem Pokalfinale gegen den VfL Wolfsburg. Im Interview mit Eurosport.de spricht Minge über ihr einstiges Vorbild, das Endspiel in Köln und ihre Entwicklung im Breisgau.

Janina Minge brachte ihre Mannschaft ins DFB-Pokalfinale

Fotocredit: Imago

Titelhamster Wolfsburg gegen Underdog Freiburg: Die Rollen sind vor dem DFB-Pokalfinale der Frauen (Donnerstag, 18. Mai im Livescoring) klar verteilt. Während der VfL um Starspielerin Alexandra Popp im Kölner Rhein-Energie-Stadion den neunten Pokalsieg in Folge anstrebt, kämpft Janina Minge um ihren ersten großen Titel.
Die 23-Jährige, zu Saisonbeginn noch als Innenverteidigerin im Einsatz, ist mittlerweile einer der Trümpfe in der Freiburger Offensive. Der Lohn für ihre starke Saison: ein Platz in der deutschen Nationalmannschaft.
Im Februar absolvierte die Mittelfeldspielerin ihr erstes Länderspiel gegen die Auswahl Schwedens – als großes Ziel hat sie nun die Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland vor Augen.
Im Interview mit Eurosport.de spricht Minge über die Außenseiterrolle ihrer Mannschaft, die Vorbereitung auf das große Finale und ihre berufliche Doppelrolle.
Frau Minge, schon 2019 standen sich Freiburg und Wolfsburg im DFB-Pokalfinale gegenüber – damals mit dem besseren Ausgang für den VfL (1:0). Welche Lehren haben Sie aus der Niederlage gezogen?
Janina Minge: Wolfsburg ist eine Mannschaft, die in so gut wie jedem Spiel abliefert. Wir müssen hoffen, dass der VfL nicht den besten Tag erwischt und brauchen selbst einen überragenden Tag, um das Spiel zu gewinnen. Wir wissen aber auch, was so ein Finale ausmacht, wie besonders es ist. Damals hatten wir schon eine super Kulisse – darauf hoffen wir dieses Jahr auch. Mit den Fans im Rücken ist alles machbar.
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Janina Minge (SC Freiburg)

Fotocredit: Getty Images

Am 18. Mai können Sie Ihren ersten Titel mit dem SC Freiburg gewinnen. Wie sieht der Ablauf am Finaltag aus?
Minge: Natürlich steht man morgens auf und merkt: Das ist ein besonderer Tag, heute ist alles möglich. Da ist kein Platz für andere Gedanken. Wir werden vormittags eine lockere Aktivierung haben, schauen uns das eine oder andere über den Gegner an. Dann beginnt der volle Fokus.
Käsespätzle werden keine Rolle spielen.
Sie stammen aus Lindau. Als Ihr Lieblingsessen gelten Käsespätzle - welche Rolle spielen sie vor dem großen Finale?
Minge: (lacht) Käsespätzle werden keine Rolle spielen - ich werde aber wie vor jedem Spiel Nudeln essen, um das ein oder andere Prozent rauszuholen. Das ist mein Ritual.
Würden Sie das Pokalfinale lieber in Berlin bestreiten – oder bevorzugen Sie den Austragungsort Köln? Im Ligaspiel zwischen dem 1. FC Köln und Eintracht Frankfurt wurde unlängst ein Zuschauerrekord aufgestellt.
Minge: Ich finde es super, dass wir unser eigenes Ding machen. Es wird den ganzen Tag Programm rund um das Spiel geben. Es ist sehr gut, dass das Finale in Köln stattfindet. Das ist zentral gelegen, es werden viele Zuschauer kommen (über 40.000 Tickets sind bereits verkauft, Anm. d. Red.). Wie man gesehen hat, ist Köln eine nach Frauenfußball verrückte Stadt.
Sind Sie froh über die Außenseiterrolle?
Minge: Ich habe nichts dagegen. Von uns wird nichts erwartet, Wolfsburg muss den Titel holen. Ich will uns aber auch nicht kleiner machen, als wir sind. Wir spielen in der Bundesliga, haben über weite Strecken eine gute Saison gezeigt und können auf jeden Fall mithalten. Wenn wir einen guten Tag erwischen, ist das machbar für uns.
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Janina Minge war in der vergangenen Saison noch in der Defensive aktiv

Fotocredit: Getty Images

2019 spielten Sie im defensiven Mittelfeld. Wie hat sich Ihre Rolle verändert?
Minge: Wo ich im Pokalfinale spiele, weiß ich noch nicht. Im Laufe der Saison habe ich eine andere Position eingenommen und spiele eher im offensiven Mittelfeld, als offensive Acht.
...was Ihrer Trefferquote gutgetan hat.
Früher war Lukas Podolski mein Vorbild.
Minge: Auf jeden Fall. Ich bin nun viel mehr im Strafraum und komme eher zum Abschluss. Das macht mir sehr viel Spaß. Zu Beginn der Saison habe ich noch Innenverteidigerin gespielt.
Auf welcher Position spielen Sie am liebsten?
Minge: Im offensiven Mittelfeld. Früher war Lukas Podolski mein Vorbild. Mittlerweile kann ich da aber niemanden speziell nennen.
Im Halbfinale des DFB-Pokals setzten Sie sich gegen den nach oben strebenden Zweitligaklub RB Leipzig durch. Mit Ausnahme von der SGS Essen und Turbine Potsdam sind in der Bundesliga Vereine mit bekannten Männermarken zu finden. Wie nehmen Sie diese Entwicklung wahr? Sie selbst spielen in einem Klub mit einer starken Männerabteilung.
Minge: Das hilft sehr viel weiter. Man sieht - egal in welchem Verein - wie sich der Frauenfußball weiterentwickelt. Dass immer mehr von den Männervereinen in den Frauenfußball gesteckt wird, ist natürlich super, wir freuen uns darüber. Es ist ein sehr wichtiger Schritt für die Entwicklung des Frauenfußballs, dass wir immer mehr unterstützt werden. Klar, sie ist noch lange nicht am Ende, aber auf einem sehr guten Weg.
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Felicitas Rauch und Janina Minge bei der deutschen Nationalmannschaft

Fotocredit: Getty Images

Wie ist die Verbindung zur Männerabteilung beim SC Freiburg?
Minge: Im Verein unterstützt man sich natürlich, zum Beispiel in der Medienabteilung. Da wird immer mehr gemeinsam gemacht. Die Männer machen Werbung für uns, wir machen im Gegenzug Werbung für die Männer. Hinter den Kulissen gibt es einen guten Austausch. Wir Spielerinnen stehen nicht in engem Kontakt zu den Männern, gehen aber natürlich immer zu ihren Spielen. Ich hoffe, dass sie auch bei uns zuschauen. (lacht)
Wie ist Ihr Verhältnis zu Ihrer Trainerin Theresa Merk?
Minge: Ich habe ein gutes Verhältnis zu ihr und profitiere von ihr: Den Sprung in die Nationalmannschaft habe ich auch der Trainerin zu verdanken. Gerade läuft es nicht so gut bei uns, aber zu Saisonbeginn hat man gesehen, dass wir einen Riesenschritt gemacht haben. Unser Fußball ist offensiver geprägt, mit mehr Risiko. Was unserem – und auch meinem – Spiel sehr guttut. Wir haben Lust, Fußball zu spielen, Tore zu schießen. Das ist eine Veränderung, die durch sie zustande kam. Ich kann nur Positives sagen und bin dankbar für die Chance, offensiver zu spielen.
Wir wollen vorn angreifen.
Was ist dem SC Freiburg in den nächsten Jahren zuzutrauen?
Minge: Wir wollen uns zunächst Schritt für Schritt weiterentwickeln und versuchen, das obere Drittel anzugreifen. Wir stehen jetzt im Pokalfinale, dazu braucht man natürlich auch ein Stück weit Glück. Wir wollen vorn angreifen und den Großen noch mehr Druck machen: Wolfsburg, Bayern, Frankfurt, Hoffenheim.
Neben der Karriere arbeiten Sie als Polizistin. Wie lässt sich der Job zeitlich mit dem Spitzensport vereinbaren?
Minge: Ich arbeite im Streifendienst. Auf der Straße, im Freiburger Innenstadtbereich. Ich bin in der Spitzensportfördergruppe der Polizei und einer Schicht zugeteilt. Wenn ich arbeiten kann, bin ich da - geht es wegen des Fußballs nicht, bin ich nicht da. Ich muss also keine Mindeststundenanzahl absolvieren. Wenn wir trainingsfrei haben und ich arbeiten muss, gehe ich natürlich zur Arbeit: Das macht sehr viel Spaß. Ich bin sehr dankbar, dass es so klappt, besser geht es nicht.
Werden Sie im Dienst von Fans erkannt?
Minge: Zum Glück kam das noch nicht vor. (lacht)
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Highlights: Freiburg gibt Sieg in Sinsheim aus der Hand

Mit der Polizei-Nationalmannschaft gewannen Sie 2022 die European Police Championship. Welche Bedeutung hat der Titel für Sie?
Minge: Es war ein megaschönes Erlebnis und mal etwas anderes. Wir haben in Norwegen gespielt, was allein schon ein tolles Erlebnis war. Es ist auf jeden Fall ein Titel, der mir etwas bedeutet. Das erreicht zu haben, kann nicht jeder von sich behaupten.
Wären Sie gern Vollprofi - und wie ist Ihre Position in der Diskussion um die Bezahlung der Bundesligaspielerinnen?
Minge: Niemand würde sich beschweren, wenn wir mehr Geld bekämen. Dadurch, dass mir der Polizeiberuf nebenher so viel Spaß macht, bin ich damit einverstanden, wie es bei mir gerade läuft. Ich kann mich nicht beklagen - aber natürlich wünschen wir uns, dass die Bezahlung im Frauenfußball weiter steigt. Dass Leute, die studieren oder anderes nebenher machen, vom Gehalt leben können. Ich bin sehr zufrieden, dass ich beides unter einen Hut bekomme und dass es mir von der Polizei ermöglicht wird, Vollzeitfußballerin nebenher zu sein. Ich habe vor, das auch weiter so zu machen.
Hier wird der Frauenfußball gefördert.
Ihre starke Saison dürfte Begehrlichkeiten bei anderen Vereinen wecken. Wie sieht Ihre Zukunftsplanung aus?
Minge: Ich habe erst vor kurzem meinen Vertrag verlängert. Über die Dauer sprechen wir hier im Verein nicht. Ich bleibe auf jeden Fall hier. Man weiß natürlich nie, was die Zeit bringt. Aber: Freiburg ist mittlerweile meine Heimat und ich sehe aktuell keinen Grund wegzugehen.
Was macht den Verein für Sie aus?
Minge: Freiburg ist eine wunderschöne Stadt. Das macht es einem sehr leicht, hier zu leben. Hier wird der Frauenfußball gefördert. Es gibt eine Weiterentwicklung - gerade mit dem Umzug ins Dreisamstadion haben wir Topbedingungen. Ich kenne einige Spielerinnen schon lang, es sind enge Freundschaften entstanden. Man sieht, dass wir weiter nach oben wollen und das Potenzial sowie eine gute Ausgangslage haben. Der Verein liegt mir sehr am Herzen. Ich spiele schon meine ganze Profikarriere hier und habe es natürlich auch dem SC Freiburg zu verdanken, dass ich da stehe, wo ich bin. Außerdem: Es ist ein sehr familienfreundlicher Verein, der es einem leicht macht, sich wohlzufühlen.
Gibt es Angebote anderer Vereine?
Minge: Ich spiele in Freiburg, alles andere wird man sehen.
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Janina Minge (SC Freiburg)

Fotocredit: Imago

Im Februar feierten Sie gegen Schweden Ihr Debüt in der Nationalmannschaft. Was bedeutete Ihnen die Nominierung?
Minge: Das war ein Traum, den ich schon als Kind hatte. Jeder, der Fußball spielt, jeder, der in der Bundesliga spielt, will auch eines Tages in die Nationalmannschaft. Ich habe mich sehr darüber gefreut. Mein Ziel ist es, ein fester Bestandteil der Auswahl zu werden.
Ist der Wechsel zu einem absoluten Topklub mit Blick auf die Einsatzchancen in der Nationalmannschaft eine Option?
Minge: Das finde ich schwierig zu sagen. Ich spiele schon ewig in Freiburg und habe es geschafft, in die Nationalmannschaft zu kommen. Selbst wenn man in kleineren Vereinen spielt: Zeigt man dort gute Leistungen, hat einen die Nationalmannschaft auf dem Schirm. Man schafft es auch, in Freiburg Nationalspielerin zu werden.
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Highlights: Wembley-Tor und Chancenwucher bei Freiburg-Sieg

Was ist der deutschen Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland zuzutrauen?
Minge: Durch die Europameisterschaft hat man einen Riesenfortschritt gemerkt und gesehen, wie gut wir Fußball spielen können. Das war über das gesamte Turnier eine sehr gute Leistung. Wir rechnen uns in jedem Fall Chancen aus, weit zu kommen.
Welche Rolle werden Sie bei der Weltmeisterschaft spielen?
Minge: Ich genieße es jedes Mal, bei der Nationalmannschaft dabei sein zu dürfen. Mal schauen, ob es für die Weltmeisterschaft reicht. Meine Konkurrenz ist sehr groß, wir haben viele gute Spielerinnen. Also: Ich werde weiter meine beste Leistung zeigen und versuchen, jede Chance zu nutzen.
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