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FC Bayern - Borussia Dortmund: Taktik-Check - Drei Maßnahmen für Thomas Tuchels dritten Anlauf

Luca Baier

Update 20/05/2016 um 12:19 GMT+2 Uhr

Das DFB-Pokalfinale am Samstag (ab 20 Uhr im Ticker) ist die Gelegenheit für Borussia Dortmund, die überragende Saison doch noch mit einem Titel zu krönen. Damit dies gelingt, muss Thomas Tuchel nach den zwei erfolglosen Ligaspielen gegen die Bayern ein Rezept finden, um Pep Guardiola beim Fußballschach zu schlagen. Eurosport.de analysiert, wie der BVB das Double der Münchener verhindern könnte.

Tuchel (BVB) und Guardiola (FC Bayern) im Taktik-Check

Fotocredit: Eurosport

Das Hinspiel in der Liga verlor Borussia Dortmund nach starker Anfangsphase klar und deutlich mit 1:5 in der Allianz Arena. Im Rückspiel gelang dem BVB mit einer vorsichtigeren Ausrichtung ein torloses Remis im eigenen Stadion – was dem FC Bayern jedoch mehr nutzte, immerhin hielt man den Konkurrenten so auf Distanz. Sind im Pokalfinale nun alle guten Dinge drei?

Fünferkette? Ja! Mauern? Nein!

Gegen die Bayern mit einer Fünferkette zu spielen ist mittlerweile normal. Auch der BVB beherrscht dieses System. Der Grundgedanke dahinter ist vollkommen logisch. Durch einen Mann mehr in der letzten Linie ist man auch bei sehr ballorientiertem Verschieben relativ gut gegen die gefürchteten Verlagerungen abgesichert – Ribéry, Costa und Co. können nach den langen Seitenwechseln also schneller unter Druck gesetzt werden.
Doch egal ob im 5-4-1, 5-3-2 oder 5-2-3: Viele Mannschaften lassen sich durch die defensive Grundausrichtung viel zu weit hinten reindrücken. Für die Münchener ist das in der Regel ein gefundenes Fressen, denn die Rechnung ist ganz einfach: Je tiefer der Gegner steht, desto mehr Aktionen kann Bayern im Angriffsdrittel ausführen. Bei der individuellen Qualität der Akteure und der schieren Anzahl an versuchten Dribblings, Hereingaben und Schüssen ist er normalerweise eine Frage der Zeit, wann ein Tor fällt.
Dortmund muss also versuchen, höher zu stehen als die meisten Gegner der Bayern. Dabei müssen sie jedoch aufpassen, nicht so überrumpelt zu werden wie im Hinspiel. Dort bestrafte Jerome Boateng die hohe Kette des BVB gleich zweimal mit Traumpässen in die Spitze – Thomas Müller und Robert Lewandowski bedankten sich jeweils mit einem Treffer. Tuchel muss seine Mannschaft dazu bringen, die richtige Mischung zwischen mutigem Anlaufen und einer ordentlichen Absicherung der Tiefe zu finden. Eine mögliche Variante: Ein Spieler aus der vordersten Linie, zum Beispiel Pierre-Emerick Aubameyang, steht bei bayrischem Ballbesitz permanent bei Boateng, während die restlichen BVB-Spieler kompakt 30-40 Meter vor dem eigenen Tor im Raum verteidigen.

Ruhe bewahren nach Ballgewinn

Wenn der BVB den Ball hat, wird es wichtig sein, das aggressive Gegenpressing der Bayern zu umspielen. Oftmals gewinnen die Münchener den Ball schon wenige Sekunden nach dem Fehlpass oder dem missglückten Dribbling zurück. Die Dortmunder müssen hier mit einer ordentlichen Portion Selbstvertrauen zu Werke gehen und sich vom Gegenpressing nicht nervös machen lassen. Sie besitzen nämlich durchaus die Fähigkeiten, diesem intensiven Rückeroberungsmanöver zu entgehen.
Shootingstar Julian Weigl, dessen großartige Entwicklung mit einer Berufung in den vorläufigen EM-Kader belohnt wurde, kann solche Szenen mit wenigen Ballkontakten und guter Übersicht lösen. Henrikh Mkhitaryan ist ohnehin kaum vom Ball zu trennen und kann sich auch gegen mehrere Gegener befreien – und so für eine wichtige Überzahl im Umschaltspiel sorgen.
Gelingt es Dortmund also, nach Ballgewinn kontrolliert umzuschalten, kann Bayern Probleme bekommen. Mit Mkhitaryan, Aubameyang und Marco Reus stehen drei Spieler auf dem Platz, die Tempo und Technik zu einer gefährlichen Mischung vereinen – nicht umsonst warnte Guardiola bislang vor jedem Aufeinandertreffen mit dem BVB vor "einer der stärksten Kontermannschaften der Welt".
Sollte der schnelle Durchbruch zum Tor nicht möglich sein, sollte Dortmund versuchen, den Ball in den eigenen Reihen laufen zu lassen. Unter Tuchel hat sich das Positionsspiel enorm entwickelt, die Abstände zwischen den einzelnen Akteuren passen, zudem ist die Passqualität im Vergleich zu den Vorjahren deutlich verbessert worden. "Wir leiden, wenn wir nicht den Ball haben", sagte Guardiola schon häufig. Wenn die Außenverteidiger der Dortmunder Fünferkette weit vorschieben, können Reus und Mkhitaryan mit ins Zentrum gehen und dort mit dem vorstoßenden Gonzalo Castro Überzahl gegen Arturo Vidal und/oder Xabi Alonso herstellen.

Manndeckung gegen Raumdeckung: Knackpunkt Standardsituationen

Wie so oft bei engen Spielen werden auch am Samstag die Standardsituationen eine wichtige Rolle spielen. Bei so dribbelstarken Spielern wie Costa und Ribéry auf der einen und Reus und Mkhitaryan auf der anderen Seite wird es zwangsläufig zu Freistößen in Tornähe kommen. Hier verfolgen die beiden Trainer unterschiedliche Philosophien. Während Guardiola im Raum verteidigen lässt, spielt der BVB unter Tuchel gegen den Mann.
Gegen den FC Liverpool wurde Dortmund die Manndeckung bei Standards zum Verhängnis. Die Mannschaft von Jürgen Klopp stellte immer wieder Blocks für einzelne kopfballstarke Spieler – Sakho traf so im Rückspiel zum zwischenzeitlichen Ausgleich und machte so das Wunder von Anfield möglich. Auch Bayern arbeitet bei Ecken und Freistößen von der Seite häufig mit Blocks gegen manndeckende Gegner und kam zuletzt häufig unbedrängt zum Abschluss.
Auf der anderen Seite kann Dortmund möglicherweise daraus Kapital schlagen, dass Bayern bei der Raumdeckung zwangsläufig einzelne Bereiche frei lässt, in die Mats Hummels, Sokratis oder Sven Bender mit Tempo starten können.
Eurosport-Check: Bayern ist aufgrund der Spielanalage und der personellen Situation der klare Favorit – und das tut dem BVB gut. Anders als in der Liga, wo man schon früh in der Rolle des Jägers war, tickt die Uhr im Pokalfinale nämlich eher für den BVB. Gelingt es Tuchel, die richtige Mischung zwischen Mut und Vorsicht zu finden, kann Dortmund den Münchenern gefährlich werden. Juventus Turin und Atletico Madrid werden mit ihrem Mix aus hohem Pressing und konsequenter Strafraumverteidigung als gute Beispiele in der Videoanalyse der Dortmunder dienen. Und vielleicht sind am Samstag dann ja wirklich alle guten Dinge drei.
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