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EM 2016: So siegte Italien gegen Spanien

Florian Bogner

Update 28/06/2016 um 08:22 GMT+2 Uhr

Italien schlägt Spanien im EM-Achtelfinale mit unorthodoxem Stil und lässt den Titelverteidiger beim 2:0 einfach nicht zu seinem Spiel finden. "Wir haben alles umgesetzt, was wir versuchen wollten", freute sich Leonardo Bonucci. Éder lobte den Plan des Trainers. Hinten perfektes Timing, ein klares Ziel im Mittelfeld und zwei Stürmer, die sich perfekt ergänzen - darauf muss Deutschland aufpassen.

Graziano Pellè jubelt über den Sieg von Italien gegen Spanien

Fotocredit: AFP

1.) Undurchdringbare Abwehr

Vor dem Turnier als Opa-Abwehr verhöhnt, hielten die Juventus-Recken Gianluigi Buffon (38), Giorgio Chiellini (31), Andrea Barzagli (35) und Leonardo Bonucci (29) zum dritten Mal im dritten EM-Einsatz in dieser Zusammensetzung hinten die Null, blieben auch alle ohne Gelbe Karte und kamen so um eine möglich Sperre fürs Viertelfinale gegen Deutschland (Samstag, 21:00 Uhr) herum.
Gegen die viel gerühmte Offensive der Spanier um Juve-Legionär Álvaro Morata war vor allem das Timing der Innenverteidiger perfekt: Kam der Ball zu einem spanischen Mittelfeldspieler vor dem Strafraum, rückte ihm immer einer der drei auf die Füße und störte so den Spielfluss. "Wir haben alles umgesetzt, was wir versuchen+ wollten", sagte Bonucci.
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Italy's defender Giorgio Chiellini (C) celebrates a goal with Italy's forward Citadin Martins Eder (R) and Italy's midfielder Emanuele Giaccherini during Euro 2016 round of 16 football match between Italy and Spain at the Stade de France stadium in Saint-

Fotocredit: AFP

Unterstützt von den Außen Alessandro Florenzi und Mattia De Sciglio - die beiden einzigen Änderungen übrigens im Vergleich zum 2:0 gegen Belgien zum Turnierstart - zog Italien so in Spaniens Angriffsdrittel eine für Doppelpässe oder flache Diagonalbälle undurchdringbare Abwehr auf. "Wir waren nicht auf unserem besten Niveau", sagte Gerard Piqué. "Es ist sehr bitter, aber wir müssen die Niederlage akzeptieren", meinte Andrés Iniesta:
Wir haben uns zu sehr darauf fokussiert, was sie tun. Das wurde bestraft.
Zu Pass kam Italien wie auch schon gegen Belgien, dass Spanien keine echten Außenstürmer hatte, die mal bis zur Grundlinie durchzugehen versuchten.
Dass derweil Chiellini nach einem Freistoß von Éder, den David de Gea nach vorne parierte, das 1:0 erzielte (33.), war ein schöner Lohn für seine starke Defensivarbeit. "Er hat alles vorhergesehen", sagte Pellè hinterher:
Er sagte vor dem Freistoß, dass er den Abpraller jetzt reinmacht.
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Les Italiens jubilent après le but de Giorgio Chiellini contre l'Espagne, lundi 27 juin 2016

Fotocredit: AFP

2.) Masterplan im Mittelfeld

Am augenscheinlichsten war Italiens Arbeit in der zweiten Halbzeit um den eigenen Strafraum, besiegt wurde Spanien aber im Mittelfeld. Dort hatten es der linke Halbstürmer Emanuele Giaccherini, sowie die Angreifer nämlich vor allem auf Sergio Busquets abgesehen, der normalerweise Startpunkt aller spanischen Angriffe ist.
"Wir haben sehr hoch gepresst. Wir waren perfekt vorbereitet", sagte Éder. "Wir waren vom ersten Training an selbstbewusst. Conte hat uns ein Gefühl von Sicherheit gegeben. Jetzt fürchten wir niemanden mehr."
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Sergio Busquets (Espagne) vs Graziano Pellè (Italie)

Fotocredit: AFP

Busquets wurde derart zugestellt, dass er in der ersten Halbzeit nur 16 Pässe spielen konnte - nur ein Bruchteil seines normalen Pensums. Weil so die Versorgung von Andrés Iniesta und David Silva oft schon von vornherein abgeschnitten war, wurde Spanien zu einem atypischen Spielaufbau mit vielen langen Bällen (82 - spanischer EM-Höchstwert) gezwungen. Die Ballkontrolle war dahin. So hatte das ansonsten so ballsichere Spanien zur Halbzeit gerade mal 53 Prozent Ballbesitz (65 bei Schlusspfiff).
"Wir haben gutes Pressing gezeigt, versucht, sie nicht spielen zu lassen. Wir haben sie nicht ins Spiel kommen lassen, bis wir ein bisschen müde geworden sind", sagte Chiellini. "Italien war besser", sagte Spanien-Coach Vicente Del Bosque.
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Iniesta - Italy v Spain - Euro 2016

Fotocredit: AFP

Die Italiener schafften es zudem bewundernswert oft, die aus ihrer Sicht "richtigen" Spanier in Eins-gegen-Eins-Situationen zu zwingen: nämlich die eher nicht so dribblingstarken Cesc Fàbregas oder Juanfran, der aufgrund des vor ihm oft nach innen einrückenden David Silva die rechte Seite fast für sich allein hatte, aber kaum an seinen Gegenspielern vorbei kam.
Verkehrte Welt: Italien kombinierte sich in der ersten Halbzeit gut hinten raus und dann ohne große Umschweife über das Mittelfeld nach vorne, hatte bis Spielende sogar ein leichtes Großchancen-Plus.
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Emanuele Giaccherini - Italy v Spain - Euro 2016

Fotocredit: AFP

"Ich wusste es, dass die Jungs etwas Wichtiges und Außerordentliches leisten würden. Jetzt stehen wir vor einem harten Duell gegen Deutschland, doch wir haben bewiesen, dass Italien nicht Catenaccio ist", sagte Conte.
Unfair ging Italien dabei nur selten zu Werke. Die Squadra Azzurra hat zwar nun 13 Gelbe Karten gesammelt - Höchstwert der EM. Mit Thiago Motta ist aber nur einer fürs Viertelfinale am Samstag gesperrt. Neun weitere vorbelastete Spieler kamen glimpflich davon.
Dafür ist De Rossi angeschlagen - er humpelte nach 54 Minuten vom Feld. Nationaltrainer Conte: "Gegen Deutschland brauchen wir Spieler, die nicht nur bei 100, sondern bei 120 Prozent sind."
Bonucci sagte:
Wir sind eine geschlossene Einheit. Gegen den Weltmeister brauchen wir jetzt 23 Männer und 23 Träumer.

3.) Perfekte Symbiose im Sturm

Èder und Graziano Pellè hatten vor dem Turnier nur wenige auf der Rechnung. Doch Italien hat seit jeher ein Faible für Spielsysteme mit zwei klassischen Angreifern - so auch bei der EM 2016.
Éder und Pellè ergänzen sich dabei ganz prima: Pellè ist als wuchtiger Mittelstürmer Zielspieler für hohe Bälle und Flanken in den Strafraum, kann zudem die Innenverteidiger mit dem Rücken zum Tor beschäftigen und Bälle ablegen. Und: Pellè steht auch in der Nachspielzeit noch goldrichtig - siehe beim 2:0 (90.+1), mit dem er das Spiel wie schon gegen Belgien zumachte.
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Graziano Pellè - Italy v Spain - Euro 2016

Fotocredit: AFP

Éder dagegen lässt sich als Konterwaffe einsetzen; atemberaubend, wie schnell er beispielsweise an Gerard Piqué vorbei ging und beinahe schon früher für das 2:0 gesorgt hätte (55.). Hätte de Gea nicht (bis aufs 1:0) wieder großartig gehalten - Italien hätte schon früher feiern können.
Ob's gegen Deutschland so auch klappt? Conte weiß, dass sich Italien nochmal steigern muss:
Wir spielen jetzt gegen das beste Team dieser EM und müssen dafür auch unser Bestes leisten. Wir haben das 1:4 vom März nicht vergessen. Wir brauchen eine titanische Leistung.
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