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EM 2024 - Die Rolle von Thomas Müller im deutschen Kader: Schmiermitteln zwischen Rappern und Jodlern

Thomas Gaber

Update 16/05/2024 um 18:54 GMT+2 Uhr

Im Gegensatz zu Mats Hummels gehört mit Thomas Müller ein "alter Hase" zum deutschen EM-Kader. Julian Nagelsmann schätzt die fußballerischen Fähigkeiten des Bayern-Stars, definiert Müller aber vor allem über dessen Qualitäten im zwischenmenschlichen Bereich, die der Bundestrainer als unabdingbar für eine erfolgreiche Heim-EM ansieht. In einem Punkt liegt Nagelsmann aber nicht ganz richtig.

Nagelsmann über Müller: "Er ist der Connector"

Oma Lotti, ein Bäcker, eine Dachdeckerin, Lufthansa-Bodenpersonal und sogar ein "Star" aus einer Daily Soap - der DFB hat sich mächtig ins Zeug gelegt für seine unkonventionelle Verkündungskampagne hinsichtlich des deutschen EM-Kaders.
Mit einem haben die schlauen Marketingköpfe des Verbandes jedoch nicht gerechnet. Thomas Müller, größter "Schelm" im deutschen Fußball, nominierte sich via Instagram-Video einfach mal selbst.
Der DFB sah sich zu einer Reaktion gezwungen und ließ mitteilen, dass Müller eigenmächtig gehandelt habe. Es wäre ein fatales Eigentor des Weltmeisters von 2014 gewesen, wenn er im offiziellen Aufgebot gefehlt hätte. Tut er aber nicht - Müller wurde im Gegensatz zu Mats Hummels in den Kader berufen.
Mit seiner Selfmade-Aktion traf Müller ins Schwarze, seine Frohnatur machte ihn schlussendlich zum EM-Fahrer.

Nagelsmann berichtet von "sehr lustigen Nachrichten"

"Er hat mir sehr lustige Nachrichten geschrieben", verriet Bundestrainer Julian Nagelsmann auf der Pressekonferenz zur Kader-Nominierung und gab eine Anekdote zum besten.
"Er hat sich beklagt über den Schiedsrichter (im CL-Spiel bei Real Madrid, Anm. d. Red.). Da habe ich gesagt: 'Das war ich, ich wollte, dass ihr Bayernspieler früher zur Nationalmannschaft kommt.' Dann meinte er, dass Bayern München sein eigenes Ausscheiden finanziert hat, woraufhin ich gesagt habe, dass es mein eigenes Geld war. Das war ganz witzig und genau das, was wir auch während der EM brauchen."
Mehrfach betonte Nagelsmann die Gefahr eines Lagerkollers und wie wichtig ihm Harmonie im Team sei. "Wir sind im Idealfall sechs Wochen zusammen. Die besten Spieler bilden nicht zwangsläufig die beste Mannschaft. Es geht um Wesenszüge, Charaktere, 1000 Komponenten. Deshalb haben wir den Kader so zusammengestellt", sagte der Bundestrainer.
Wegen seiner Bedenken, es könnten sich störende Disbalancen ergeben, verzichtet Nagelsmann auf Spieler wie Hummels und Leon Goretzka, die andere Ansprüche stellen würden als beispielsweise die fünf Akteure vom VfB Stuttgart.

Thomas Müller ist der "Connector"

Müller kommt eine Schlüsselrolle zu, wenn es darum geht, etwaige negative Strömungen innerhalb der Mannschaft zu erkennen und dem entgegenzuwirken.
"Thomas hat den Blick für das große Ganze. Einer, der selbstlos bewertet, wie die Dinge laufen. Er ist - im Neudeutschen würde man ein 'Connector' sagen. Jemand, der sehr viele Gruppen verbinden kann. Er kann mit den Rappern in der Mannschaft, aber auch mit denen, die jodeln. Thomas ist aber auch Connector zu den Fans und den Medien. Ein Schmiermittel zu vielen Protagonisten, die dazu beitragen können, dass wir erfolgreich sind", sagte Nagelsmann und bezeichnete Müller als "verlängerten Arm des Trainerteams".
Den hat ein Trainer in der Regel auf dem Platz. Das trifft auf Müller jedoch nicht zu. "Er ist keiner, der die Spiele ständig von Anfang an bestreiten wird, sondern später reinkommt, so wie es zuletzt auch bei Bayern häufig der Fall war", teilte Nagelsmann mit.
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Der Bundestrainer und sein verlängerter Arm: Julian Nagelsmann mit Thomas Müller

Fotocredit: Getty Images

Müllers maue Bilanz als Joker

Der Bundestrainer wehrte sich dagegen, Müller nur als "Gute-Laune-Onkel" zu beschreiben und verwies auf dessen fußballerische Qualitäten.
"Er hat eine große Aktivität, wenn er reinkommt. Es gibt Spieler, die brauchen erstmal 20 Minuten für ihren Rhythmus, aber dann ist das Spiel vorbei. Thomas ist sofort 'on fire', er braucht keine große Anlaufzeit. Er hat immer Aktionen und besondere Momente. Dieser Begriff 'typisches Müller-Tor' kommt ja nicht von ungefähr", unterstrich Nagelsmann.
Allerdings sind Müllers besondere Momente als Joker in letzter Zeit ziemlich rar geworden. In den Spielzeiten 2022/23 und 2023/24 lieferte er für den FC Bayern in 28 Spielen als Einwechselspieler vier Torvorlagen und erzielte einen Treffer.
Zwei der fünf Scorerpunkte gelangen Müller in dieser Bundesligasaison beim 8:0 gegen neun Darmstädter. Die Bilanz in diesem Zeitraum in der Nationalmannschaft: Sieben Joker-Einsätze, null Tore, null Vorlagen.
Beim Champions-League-K.o. in Madrid (1:2) vergeudeten die Bayern eine ihrer zahlreichen Kontermöglichkeiten, weil Müller nach der Balleroberung im Mittelkreis einen schlampigen Pass auf Jamal Musiala spielte - in einer Vier-gegen-Zwei-Überzahlsituation.
Mit der Teilnahme an der Heim-EM krönt Müller seine einzigartige Karriere. "Wir wollen Fußball-Deutschland bestmöglich präsentieren", sagte Nagelsmann. Müller wird seinen Teil dazu beitragen - weniger als Spieler, mehr als Connector.
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Nagelsmann schwärmt von Kroos: Körperlich "wie Stahl"


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