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Nach WM-Aus: DFB-Präsident Reinhard Grindel fordert "gravierende Veränderungen"

Eurosport
VonEurosport

Update 09/07/2018 um 15:39 GMT+2 Uhr

DFB-Präsident Reinhard Grindel hat "gravierende Veränderungen" im personellen Bereich des Betreuerstabs der deutschen Nationalmannschaft angekündigt. "Ich weiß sehr wohl, dass eine Trennung von dem einen oder anderen Mitarbeiter schmerzlich und schwer sein wird, weil Jogi Löw ein zutiefst loyaler Mensch mit einer hohen sozialen Kompetenz ist." Dennoch seien Maßnahmen nach dem WM-Aus erforderlich.

Uneins mit den Schiedsrichter-Bossen: Reinhard Grindel

Fotocredit: SID

Grindel erklärt im kicker-Interview:
Die Signale aus der Mannschaft und von Oliver Bierhoff sagen mir, dass es personelle Entscheidungen geben muss.
Grindel weiter: "Denn es geht um gravierende Veränderungen, möglicherweise im Team, beim Team hinter dem Team, auch bei einzelnen Abläufen, die die Darstellung der Mannschaft in der Öffentlichkeit betreffen. Darüber werden wir Ende August mit dem Präsidium intensiv diskutieren und dann hoffentlich Weichen stellen, die uns zu alter Stärke führen." Was genau schiefgelaufen sei, müssten Bundestrainer Joachim Löw und Nationalmannschaftsdirektor Bierhoff beantworten.
Das Team hinter dem Team, noch 2014 beim WM-Triumph in Brasilien im Quartier Campo Bahia als Erfolgsfaktor gefeiert, steht offenbar vor einschneidenden Maßnahmen. Grindel:
Man darf die Abläufe 2014 nun auch nicht glorifizieren. Der WM-Titel hat vielleicht manches überdeckt, was in Brasilien und auch im Campo Bahia nicht optimal war.

Causa Özil/Gündogan findet kein Ende

Im politischen Berlin herrscht längst die Sorge, dass dies zumindest in puncto Integrationskraft des A-Teams nicht mehr möglich sein wird. "Der Umgang mit der Causa Özil/Gündogan hat das Potenzial zu gefährden, was diese Nationalmannschaft in den letzten Jahren zu Recht auch verkörpert hat: Integration kann gelingen. Auch oder vor allem im Sport", sagte Freitag auf SID-Anfrage.
Die Angelegenheit sei laut der SPD-Politikerin "dermaßen verfahren, dass es nur noch Verlierer geben kann: Özil, Verband und die Gesellschaft". Die SPD-Politikerin kritisierte in diesem Zusammenhang Grindel und Bierhoff. "'Wenn jemand nach einem Rückweg sucht, soll man helfen'", zitierte Freitag Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier: "Ob der DFB Özil gerade eine Brücke baut, über die beide zu gehen bereit sind, erscheint mir zumindest zweifelhaft."
Sie halte es für "fatal, dass die Kommunikation zurzeit einseitig über die Medien läuft. Ein Spieler, der schweigt, ein Verband, dessen Spitze redet und sich auch noch missverstanden fühlt". Damit bezog sich Freitag auf Nationalmannschaftsdirektor Bierhoff, der zuletzt wegen Äußerungen bezüglich Özil in einem Interview mit der Welt zurückgerudert war.
Heftige Kritik am DFB übte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, dem die Sündenbock-Rolle von Özil sehr missfällt. "Auf die Idee, dass ein Foto mit Erdogan an der Niederlage gegen den Fußball-Giganten Südkorea Schuld sein soll, können auch nur DFB-Funktionäre nach drei Wochen Nachdenken kommen", twitterte Laschet.
Gerüchte, der seit Wochen schweigende und derzeit im Urlaub weilende Mesut Özil wolle sich, wie am Sonntag von Grindel vehement gefordert, nun doch öffentlich äußern, ließen sich am Montag nicht erhärten. Das Management des Spielers wollte sich auf SID-Anfrage zunächst nicht äußern.
Ohnehin sehen auch ehemalige hochrangige Funktionäre des weltweit größten Sportfachverbandes noch immer vor allem den DFB selbst gefordert. "Das Krisenmanagement der DFB-Spitze nach dem WM-Aus war kein gutes, das gilt insbesondere für die Causa Özil", sagte der ehemalige DFB-Vize Rainer Milkoreit dem SID. Es werde sehr schwer werden, sagte der Präsident des Nordostdeutschen Fußballverbandes (NOFV), "unbeschadet aus dieser Nummer herauszukommen – das gilt für Mesut Özil ebenso wie für Oliver Bierhoff".

Bierhoffs Zuständigkeitsbereich

Die Zuständigkeiten machte der DFB-Boss nochmals klar. "Für die Mitarbeiter im Team hinter dem Team ist Oliver Bierhoff zuständig. Was die Assistenztrainer angeht, das Scouting oder beispielsweise die medizinische Abteilung, wird sich Oliver natürlich immer entscheidend mit Jogi Löw abstimmen", so Grindel, der deutlich macht, dass der Betreuerstab möglicherweise zu groß ist: "Gerade, was auch das vertrauliche Miteinander innerhalb der Mannschaft und den Austausch zwischen Mannschaft und Trainern angeht, ist weniger manchmal mehr."
Man müsse "unsere Spielidee überprüfen und uns enger zwischen A- und U-Mannschaften abstimmen", so der DFB-Präsident. Man müsse sich fragen, "ob bei der Ausbildung der Nachwuchsspieler zu Spielerpersönlichkeiten alles richtig läuft. Müssen wir sie zu mehr Eigenverantwortung, mehr Selbstständigkeit bewegen? Das gehört in die Gesamtanalyse, am besten mit der Bundesliga", sinnierte Grindel.
Einen Interessenskonflikt von Bierhoff über seine Bindung an die Agentur "Projekt b", die viele namhafte Trainer berät, sieht Grindel nicht. "Sein Verhältnis zu dem Unternehmen ist ausführlich mit unserer Ethikkommission besprochen worden. Er hat sein Engagement dort aufgegeben, damit ist sichergestellt, dass hier kein Interessenkonflikt besteht", betonte der 56-Jährige.

Sponsoren stehen hinter DFB

Konsequenzen aus den Reihen seiner Großsponsoren hat der DFB unterdessen offenbar nicht zu fürchten. "Es ist nicht unsere Aufgabe, die Aussagen des DFB zu bewerten", sagte adidas-Sprecher Oliver Brüggen und betonte: Wir stehen zum DFB, in guten wie in schlechten Zeiten."
Die Commerzbank ließ verlauten: "Unabhängig von einzelnen Spielern steht für die Commerzbank immer die gesamte Mannschaft im Fokus. Wir bleiben als Premium-Partner weiterhin an der Seite der Nationalmannschaft und freuen uns auf die neuen sportlichen Herausforderungen." Der scheidende Partner Mercedes Benz wollte sich nicht äußern.

DFB will Europameisterschaft 2024

Der Vergabe der EURO 2024 komme laut Grindel eine ganz gewichtige Bedeutung zu, "weil sie uns in die Lage versetzen würde, eine neue Geschichte zu erzählen. Eine Generation 24 zu entwickeln. Auf ein Leuchtturmprojekt hinzuarbeiten, von dem wir wissen, dass es für alle Vereine gut ist, weil wir in den Jahren 2006 und 2014 die mit Abstand größte Zahl von Neueintritten von Kindern und Jugendlichen in unsere Vereine hatten". Deswegen müssen man umso härter "an unserem großen Ziel arbeiten, die EURO 2024 nach Deutschland zu holen".
Seinen Führungsstil will der DFB-Chef nicht ändern: "Man muss sagen, worauf es ankommt und nicht sagen, was ankommt." Es sei wichtig, den sportlich wesentlich Verantwortlichen grundsätzlich "ein hohes Maß an Vertrauen zu schenken. Ich habe keinen Anlass, mich im Umgang mit den beiden zu verändern", so Grindel.
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