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Opinion
FußballWM

WM 2018 in Russland: Darum nerven Ronaldo, Messi, Lewandowki und Neymar

Sigi Heinrich

Update 26/06/2018 um 15:31 GMT+2 Uhr

Eurosport-Kommentator Sigi Heinrich ist genervt, die Superstars bei der Fußball-WM in Russland gehen ihm gewaltig auf den Senkel. Sportliche Gründe spielen dabei nur eine untergeordnete Rolle, es sind die Schauspieleinlagen und Ego-Shows der Ronaldos, Messis, Neymars und Lewandowskis, die Heinrich in seinem Eurosport-Blog aufs Korn nimmt. Also alles schlecht bei der WM? Nein. Es gibt Lichtblicke.

Lewandowski, Ronaldo und Neymar (v.l.n.r.)

Fotocredit: Getty Images

Es nervt. Gelinde gesagt. Natürlich ist ein Schauspiel etwas Wunderbares. Man schluchzt auf Kommando und küsst sich, wenn das Drehbuch es so vorsieht. Die Protagonisten auf der Bühne fallen theatralisch auf die Knie oder sinken gar wie vom Blitz getroffen zu Boden. Sie winden sich, greifen sich ans Herz und sterben tausend Tode, ehe der Beifall des Publikums sie wieder zum Leben erweckt.
Vorhang auf. Nein. Vorhang zu, wenn die Schauspieler nebenbei noch Fußball spielen. Unwürdig ist das alles. Und so miserabel dargeboten, dass ich, wäre ich im Schauspielhaus in Hamburg oder in den Münchner Kammerspielen, mein Geld zurückverlangen würde. Einer der Hauptdarsteller heißt Neymar. Ist Brasilianer und angeblich einer der besten Kicker der Welt. Er nervt ganz besonders, weil er jede Körperberührung eines Gegenspielers als Majestätsbeleidigung sieht.

Neymar mit eigenem Coiffeur

Und wehe der Unparteiische erkennt das nicht an, dann ist Land unter. Es könnte ja die Frisur verrutschen, was Wahnsinn wäre, denn Neymar hat seinen eigenen Coiffeur einfliegen lassen. Dann sieht er rot und baut ein neues Feindbild auf. Klar steht er unter Strom. Stehen wir alle auch jeden Tag.
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Neymar

Fotocredit: Getty Images

Bis zu einem gewissen Grad könnte man versuchen, ihn zu verstehen, weil er vermutlich fest in dem Glauben spielt, nur er könne Brasilien retten. Die anderen zehn Kollegen sind ja bloß auf dem Feld, weil er sonst keinen fände, der mit ihm Pässe spielt. Das hat alles dazu geführt, dass Neymar glanzlos spielt und das Tor, das er bisher auf eine glänzende Vorlage von Douglas Costa hin erzielte, war kaum zu verhindern.

Ronaldo wie ein wildgewordener Gockel

Die sogenannten Superstars dieser Weltmeisterschaft werden ihrem Ruf vor allem durch ihr selbstverliebtes Auftreten gerecht. Gut, Ronaldo hat bereits vier Tore erzielt, aber auch einen Elfmeter verschossen und Glück, dass er - Ronaldo-Bonus - noch mitspielen darf, denn eine Rote Karte wäre im Spiel gegen den Iran berechtigt gewesen.
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Cristiano Ronaldo (Portugal)

Fotocredit: Imago

Stattdessen führt er den Zeigefinger an die Stirn, erklärt damit vor aller Welt, das alle unrecht haben, nur er nicht und führt sich auf wie ein wildgewordener Gockel. Er lächelt süffisant, zeigt seine Muckis (bemerkenswert!) und fühlt sich eigentlich immer missverstanden, denn auch er denkt, nur er, Christian Ronaldo, kann Portugal zum Sieg führen. Hat er vergessen, dass Portugal quasi ohne ihn Europameister wurde? Seine sportlichen Qualitäten stehen außer Frage, sein Auftreten hat mit Vorbildwirkung nichts gemein und nervt total.

Das wird Lewandowski Sympathien kosten

Derweil übernimmt ein anderer, der bisher völlig blass blieb, in seinem Team das Kommando und erlaubt großzügig, dass der Trainer der argentinischen Auswahl, Jorge Sampaoli, weiter arbeiten darf. Mit ihm und den anderen. Wie nett von Lionel Messi. An ihm wird klar, wie ein sogenannter Superstar eine Mannschaft auch in den Abgrund ziehen kann. Messi hat nicht die genialen Mitspieler wie in Barcelona und schon ist die Messe gesungen. Alle sollen für ihn spielen, denn nur er, so denkt er wohl, kann Argentinien führen.
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Robert Lewandowski

Fotocredit: Getty Images

Ein grundlegender Fehler, den auch die Polen mit Robert Lewandowski machten. Der Bayern-Stürmer beschwerte sich jetzt gar über die mangelnde Qualität seiner Mitspieler. Das ist auch ziemlich einmalig und wird ihm in seiner Heimat viele Sympathien kosten. Und so nebenbei: Die Abwanderungsgedanken eines Neymar, Ronaldo und Lewandowski bei ihren Klubs erfahren durch ihr Auftreten sicher keinen Schub. Im Gegenteil. Die Preise für Schauspieler und Nestbeschmutzer sind im Keller.

Deutschland ohne Superstar

Vielleicht finde ich deshalb Teams so sympathisch, die mannschaftlich überzeugen. Ich bin ein Fan der Kolumbianer geworden. Superkicker wie James, Falcao und Cuadrado bilden eine Gemeinschaft. Wunderbar. Keiner beansprucht die Hauptrolle für sich. Auch bei Uruguay fügen sich Suárez und Cavani großartig in die Mannschaft ein.
Und Deutschland? Wir haben auch keinen Superstar mehr. Zum Glück. Das Kollektiv wird und kann es richten. Jeder ist irgendwie ersetzbar. Na ja, fast jeder jedenfalls. Das macht die DFB-Auswahl flexibler und für den Gegner weniger durchschaubar. Sollen die anderen ihre Mätzchen weiter fortführen. Am Ende kommt man hoffentlich mit sportlicher Leistung weiter und nicht mit den großen, im Fußball unangebrachten Theatereinlagen, die ja auch nicht nötig sind. Denn das Spiel an sich ist Schauspiel genug.
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