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Sergio Ramos verlässt Real Madrid: Es gibt nur Verlierer durch den Abschied der Ikone

Tino Harth-Brinkmann

Update 18/06/2021 um 10:18 GMT+2 Uhr

Nach 16 Jahren im Verein verlässt Sergio Ramos Real Madrid, nachdem sich beide Seiten nicht auf eine Vertragsverlängerung einigen konnten. Unterschiedliche Gehaltsvorstellungen sollen den Ausschlag gegeben haben. Sowohl Real als auch Ramos gaben dabei kein besonders gutes Bild ab, auch wenn beide Parteien auf der Pressekonferenz Lobeslieder aufeinander sangen.

Sergio Ramos verlässt Real Madrid

Fotocredit: Getty Images

Im dunkelblauen Anzug, mit Krawatte und akkurat zurückgebundenen Haaren saß Sergio Ramos in der ersten Reihe und verfolgte sichtlich angefasst das Tribut-Video, das seine glorreichen Momente im Trikot von Real Madrid in den letzten 16 Jahren einfing.
Anschließend lauschte er den Dankesworten von Präsident Florentino Pérez, ehe er selbst an das Podium trat, um seinem langjährigen Klub für die Zeit zu danken.
Schon nach wenigen Sekunden konnte Ramos die Tränen nicht mehr zurückhalten, als er seine Abschiedsworte an den Verein, mit dem er 22 Titel, darunter viermal die Champions League und fünfmal die spanische Liga, gewonnen hatte, richtete.
"Es ist der Moment gekommen, einer der schwersten in meinem Leben. Man ist nie bereit, um sich von Real Madrid zu verabschieden", erklärte ein ergriffener Ramos bei seiner Abschiedspressekonferenz am Donnerstag. Seinen Dank richtete der 35-Jährige an den ganzen Verein, die Mitarbeiter, seine Mitspieler und die Fans. Am Ende posierte er noch zwischen den in seiner Ära gewonnen Trophäen.
Es war ein emotionaler Abschied, nachdem sich Spieler und Verein nicht auf eine Vertragsverlängerung einigen konnten. Es war aber auch ein Abschied, der sich hätte vermeiden lassen und bei dem beide Seiten kein gutes Bild abgaben. Denn grundsätzlich hätten sich Real und Ramos eine Fortsetzung der Zusammenarbeit vorstellen können, letztlich scheiterte der Deal einzig am Gehalt.

Ramos dachte schon mehrfach über Wechsel nach

Deshalb kommt es nun zur endgültigen Trennung, nachdem Ramos schon in der Vergangenheit mehrfach mit einem Wechsel geliebäugelt hatte, sich dann aber doch wieder zu Real bekannte. Immer sollen dabei finanzielle Aspekte der Antreiber gewesen sein. 2015 flirtete der Spanier mit Manchester United - wohl auch, um Real zu einem verbesserten Vertragsangebot zu bewegen.
"Ich habe einen Moment lang daran gedacht, eine Luft-Veränderung vorzunehmen", bestätigte Ramos damals selbst. Unter anderem von United-Legende Rio Ferdinand kam im Anschluss der Vorwurf: "Er hat United nur benutzt, um einen besseren Vertrag bei Real zu erhalten."
Auch 2019 dachte Ramos über einen Abgang nach. Aus China gab es eine lukrative Offerte. Aufgrund der negativen Reaktionen seitens der Fans und der Medien ruderte Ramos auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz zurück und erklärte großspurig: "Ich würde auch umsonst für Real spielen."

Ramos rückt nicht von Vertragsforderungen ab

Dass er dies nicht tun wird, zeigten die aktuellen Verhandlungen. Ramos soll nicht bereit gewesen sein, den Königlichen entgegenzukommen, wie es zuvor mit Luka Modric ein anderer Routinier bei seiner Vertragsverlängerung vormachte. Stattdessen pochten er und sein Bruder und Berater René auf einen Zweijahresvertrag. Um das durchzusetzen, streuten sie – wie schon bei den Beispielen in der Vergangenheit – Gerüchte. Über die gesamte Saison hinweg zog sich der Vertragspoker, irgendwann waren die Fronten verhärtet.
Auf der Abschieds-PK erklärte Ramos dann, er hätte schließlich doch einen Einjahresvertrag unterzeichnen wollen. "Ich habe dem Angebot zugesagt, dann wurde mir mitgeteilt, dass die Frist abgelaufen ist", berichtete der Innenverteidiger. Er habe jedoch nichts von einer Frist gewusst und sei "sehr überrascht" gewesen: "Ich wollte Real Madrid nie verlassen."
Ob Ramos' Einlenken wirklich zu spät kam oder ob es doch einen anderen Grund gab, bleibt offen. Letztlich entschlossen sich die Real-Verantwortlichen dazu, einen Schlussstrich zu ziehen. Das war möglich, weil Ramos inzwischen in Madrid nicht mehr unverzichtbar ist. Und der spanische Rekordnationalspieler hatte mit verschiedenen Aktionen seinen Anteil daran, dass er diesen Status bei seinem Klub und auch bei den Fans einbüßte.

Real-Defensive steht auch ohne Ramos sicher

Das fußte in erster Linie auf seinen finanziellen Forderungen. Daneben sorgte er aber auch für Verwunderung, als er auf einen verfrühten Einsatz in der Nationalmannschaft drängte und so einen erneuten Aufbruch seiner Verletzung riskierte. Gleiches galt auch für die Spiele in der Super Copa gegen Athletic Bilbao oder in der Champions League gegen den FC Chelsea, als Ramos vorschnell von Verletzungen zurückkehrte und nicht immer auf der Höhe wirkte.
Insgesamt absolvierte der 35-Jährige aufgrund von sieben Verletzungspausen in dieser Saison nur 21 von 52 möglichen Spielen. In seiner Abwesenheit überzeugten gerade im Saisonendspurt Nacho Fernández und Éder Militao gemeinsam oder an der Seite von Raphaël Varane.
Mit 28 Gegentoren stellte Real die zweitbeste Defensive der Liga. Nur einmal in den vergangenen zehn Jahren (Saison 19/20, 25 Gegentore) kassierte das Weiße Ballett weniger Treffer. Somit sieht sich Real gewappnet, einen Ramos-Abgang zu verkraften, zumal mit David Alaba bereits ein hochkarätiger Neuzugang, der auch in der Innenverteidigung spielen kann, verpflichtet wurde. Gut möglich, dass der Österreicher, der am liebsten im Mittelfeld auflaufen würde, auch in Madrid im Abwehrzentrum ran muss. Sein Transfer bietet zumindest einen guten Anlass, um einen leichten Umbruch in der Abwehr herbeizuführen.

Reals Personalplanungen: Ein zweischneidiges Schwert

Mit seiner Sturheit in den Verhandlungen riskierte Ramos bewusst, dass sein Legendenstatus in Madrid einen Riss bekommt und dass er seine Karriere bei einem anderen Klub beenden wird. Das muss er sich ankreiden lassen. Gleichzeitig gab Real aber ebenfalls keine gute Figur ab. Es schien nicht immer so, als würden sich die Bosse der Königlichen ernsthaft um eine Verlängerung bemühen. Zu oft wurde das Thema aufgeschoben.
Vor allem da gleichzeitig über Rekord-Transfers wie den von Kylian Mbappé oder Erling Haaland spekuliert wurde, ist das Thema Gehaltsverzicht bei Ramos aufgrund der prekären finanziellen Situation des Klubs ein zweischneidiges Schwert. Deshalb soll Ramos seinen Mitspielern auch dazu geraten haben, nicht auf Gehalt zu verzichten, da die Einsparungen nur in einen Mbappé-Transfer fließen würden.
Und so drehten sich die Verhandlungen zwischen Klub und Spieler weiter im Kreis. Die Aussagen von Präsident Florentino Pérez ließen dabei schon vor einigen Wochen erahnen, dass es zur Trennung kommen könnte. "Ich mag ihn sehr, aber wir sind in einer sehr schlechten Situation. Wir müssen realistisch sein. Es geht uns sehr schlecht. Aber ich sage damit nicht, dass Ramos nicht bleiben könnte", so der Real-Boss im April. Es kam aber so, weil keiner rechtzeitig von seiner Position abrückte.
Wenn am Ende tatsächlich beide Parteien nur zehn Prozent des Gehalts auseinanderlagen, kann man es aber fast schon als Armutszeugnis ansehen, dass keine Einigung erzielt wurde. Die Situation wirft sowohl auf Real als auch auf Ramos einen Schatten. Das lässt sich auch nicht durch die gegenseitigen Lobeshymnen zum Abschied überdecken.

PSG, City, United oder zurück zum Jugendklub?

Für Ramos geht es nun darum, einen neuen Klub zu finden, der seine astronomischen Gehaltsvorstellungen erfüllen kann. Denn ein Karriereende soll keine Option sein. Dabei muss der 180-fache spanische Nationalspieler nun abwägen, wie wichtig ihm die sportliche Erfolgsperspektive in Relation zu den finanziellen Gegebenheiten ist.
Lose Gerüchte führten in den letzten Wochen unter anderem zu Paris Saint-Germain und den beiden Klubs aus Manchester. Diese Spekulationen dürften nun weiter an Fahrt aufnehmen. Neben den ganz großen Namen fällt aber auch ein weiterer – der des FC Sevilla. Die Rückkehr zu seinem Jugendklub würde aus fußballromantischer Sicht eine schönes Ende darstellen. Fraglich ist nur, ob der amtierende Europa-League-Sieger den Ansprüchen von Ramos gerecht werden kann.
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