FC Barcelona - Das angekratzte Denkmal von Gerard Piqué: Titel, Pfiffe und Emotionen
Gerard Piqué gab in der vergangenen Woche, mitten in der Saison, überraschend sein Karriereende bekannt. Am Samstag spielte er letztmals für den FC Barcelona im Camp Nou. Er geht aufgrund seiner sportlichen Erfolge in die Geschichtsbücher ein. Zum Schluss seiner Laufbahn sorgte er aber für Unruhe. Wie er vom Gefeierten zum Gescholtenen wurde - und dennoch ein emotionaler Abschied gelang.
Gerard Piqué hat seine Karriere überraschend beendet
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Vor knapp drei Wochen machten in der 78. Minute Pfiffe im altehrwürdigen Camp Nou die Runde. Nicht etwa aufgrund der Leistung des FC Barcelona, die Blaugrana führten zu jenem Zeitpunkt komfortabel 3:0 gegen den FC Villarreal.
Der Grund für die Unmutsbekundungen war die Hereinnahme von Gerard Piqué. Pfiffe gegen einen Spieler, der eine erfolgreiche Epoche mitgeprägt hat, mit beeindruckenden 30 Titeln eigentlich zur Ikone avanciert war, sich zudem Welt- und Europameister nennen darf? Überraschend, zumindest auf den ersten Blick.
In der jüngeren Vergangenheit wurde das Verhältnis zwischen dem Innenverteidiger und den eigenen Fans angekratzt. Die bisweilen fragwürdigen Nebentätigkeiten als Geschäftsmann für seine selbstgegründete Investmentgruppe Kosmos Global Holding, die Trennung von Musik-Superstar Shakira, all die damit verbundenen Nebengeräusche und die schwindenden Leistungen trugen zu dem Zerwürfnis bei.
Zudem wurde Piqué medial regelmäßig mit vereinsinternen Intrigen gegen Mitspieler oder Trainer in Verbindung gebracht, ein Vertragsleak der Zeitung "Mundo", aus dem das immense Gehalt des Routiniers (obwohl der Verein hochverschuldet ist) hervorging, tat schließlich sein Übriges.
Xavi legte Piqué Wechsel nahe
Doch nicht nur die Beziehung zu den Fans wurde schlechter, auch mit seinem Trainer und ehemaligen Teamkollegen Xavi wurde es zuletzt immer schwieriger. Dieser hatte Piqué laut spanischen Medienberichten wegen mangelnder Physis und den zahlreichen Verstrickungen neben dem Platz schon im Sommer einen Vereinswechsel ans Herz gelegt.
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Xavi (l.) und Gerard Piqué
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Xavi bestätigte entsprechende Gespräche und verriet, dass ihm die damalige Situation bis heute bedrückt. "Als ich letzten Sommer mit ihm gesprochen habe, war das einer der schwierigsten Tage meiner Karriere", sagte er.
Spekulationen über Andorra-Engagement
Piqué blieb – und verbrachte den Großteil der aktuellen Saison auf der Bank. Der Verlust des Leistungsträger-Status in Kombination mit den enormen Bezügen schien von seinem Arbeitgeber nicht länger geduldet zu werden, Barcelona wollte seinen Top-Verdiener loswerden. Spekuliert wurde über einen Wechsel zum FC Andorra. Piqués Holding ist seit 2018 Eigentümer des Zweitligisten, Piqué selbst der Präsident.
Doch dazu sollte es nicht kommen, der 35-Jährige gab kürzlich überraschend sein Karriereende bekannt. "In den vergangenen Wochen wurde viel über mich geredet – jetzt rede ich selbst", leitete er sein Statement ein.
Im Anschluss bedankte er sich bei den Fans und ließ seine Reise mit Barça, die in der Jugend begann und nach einem vierjährigen Intermezzo bei Manchester United im Jahr 2008 fortgesetzt wurde, Revue passieren. Seine Ankündigung: Das Heimspiel gegen Almería wird der letzte Auftritt im blau-roten Dress.
Piqué-Rücktritt eine "unerwartete Bombe"
Die unvermittelte Rücktrittserklärung löste in der spanischen Presselandschaft ein mittelschweres Erdbeben aus. Die "Marca" schrieb von einer "unerwarteten Bombe" und bezeichnete Piqués Entscheidung als "schockierende Nachricht", die "Mundo Deportivo" ging sogar noch einen Schritt weiter und zeilte: "Eine der schockierendsten Sportnachrichten der letzten Zeit". Piqué sei eine "Legende, die immer tat, worauf sie Lust hatte."
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Gerard Piqué
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Am Samstag stieg der Piqué-Abschied schließlich im Camp Nou, Xavi wischte seine Differenzen mit dem Ex-Nationalspieler beiseite und ließ ihn von Beginn an auflaufen. Piqué löste seine letzte Aufgabe als Barcelona-Profi souverän, ehe er beim Spielstand von 2:0 in der 85. Minute ausgewechselt wurde.
Wer auch nur ansatzweise abermalige Pfiffe erwartet hatte, wurde eines Besseren belehrt. Alle Zuschauer erhoben sich von ihren Sitzen, applaudierten frenetisch. Nach der Partie, als Piqué sich unter Tränen das Mikrofon schnappte, um ein paar warme Worte an die Menge zu richten, verließ niemand das Stadion. Eine Art Versöhnung.
Piqué: "Ich bin hier geboren und werde hier sterben"
"Manchmal bedeutet Liebe, loszulassen. Ich weiß, dass ich bald wieder hier sein werde", sagte Piqué und schob nach: "Ich bin hier geboren und werde hier sterben." Coach Xavi sprach im Nachgang auf der Pressekonferenz von einer "magischen Nacht".
"Er konnte sich von den Fans verabschieden, die ihn lieben. Das wird er mit ins Grab nehmen", erklärte Xavi weiter. Er führte aus: "Er ist eine Legende bei diesem historischen Verein und er hat sich die Liebe der Fans verdient."
Mit 616 Pflichtspielen rangiert Piqué hinter Lionel Messi, Xavi, Sergio Busquets und Andres Iniesta auf dem fünften Platz der Barça-Rekordspielerliste.
Zwichen Tiki-Taka und Absturz
Er war Protagonist der legendären Tiki-Taka-Truppe, die zwischen 2009 und 2015 dreimal die Champions League in die Mittelmeer-Metropole holte, auch den späteren Absturz, der im 2:8 vor zwei Jahren gegen den FC Bayern im Viertelfinale der Königsklasse seinen Anfang nahm und im zweimaligen Champions-League-Aus in Serie gipfelte, bekam der Altmeister hautnah mit.
Piqué zählt unbestritten aus sportlicher Sicht zu den größten Spielern der jüngeren Barcelona-Geschichte, das Ende seiner großen Karriere hätte er sich – trotz des versöhnlichen Abschiedsspiels – aber womöglich anders vorgestellt. Das fiktive Denkmal hat Risse bekommen.
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Quelle: Perform
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