Schlechtestes Manchester United aller Zeiten? Darum geht nichts mehr
Manchester United befindet sich in der Premier League im Sinkflug. Der stolze englische Rekordmeister ist nur noch Mittelmaß. Die Suche nach den Gründen für die Misere läuft auf Hochtouren, doch selbst erfahrene Spieler wie David de Gea tun sich extrem schwer mit der Problemanalyse. Der mediale Reflex, die Schuld dem Trainer zuzuschieben, greift viel zu kurz. Denn die Lage ist viel komplizierter.
Manchester United: Solskjaer mit Pogba (li.) und Rojo (re.)
Fotocredit: Getty Images
Wer die Homepage von Manchester United besucht, stößt relativ schnell auf eine Einladung. "Walk in the footsteps of greatness", heißt es da. Damit bewirbt der Klub seine Stadion-Tour im Old Trafford, zu der auch der Besuch des Vereinsmuseums gehört. Zyniker würden nun darauf hinweisen, dass es diese Greatness, diese Größe also, bei United tatsächlich nur noch im Museum zu bestaunen gibt.
Das Gesicht, das die Mannschaft in der laufenden Saison zeigt, passt tatsächlich so gar nicht zu den 20 englischen Meisterschaften, den 12 FA-Cup-Titeln oder fünf Europapokal-Erfolgen, die die Red Devils in ihrer glorreichen Geschichte angesammelt haben.
Stattdessen dümpelt die Auswahl von Teammanager Ole Gunnar Solskjær nach acht Spieltagen auf einem inakzeptablen 12. Tabellenplatz vor sich hin. Der Abstand auf den ersten Abstiegsplatz beträgt mickrige zwei Zähler, der Rückstand auf einen Europapokal-Rang deren fünf, der zum Ligaprimus Liverpool gar schon 15. Schlechter war der Klub seit 30 Jahren nicht in die Saison gestartet.
Premier League
"Stück Scheiße": Ex-BVB-Star packt über Streit mit Mourinho aus
11/10/2025 um 13:32 Uhr
Der ehemalige englische Nationalspieler Alan Shearer sprach vom "schlechtesten ManUnited-Team, das ich seit vielen Jahren gesehen habe". Britische Medien warfen die Frage auf, ob es sich aktuell sogar um das schlechteste Manchester United aller Zeiten handelt.
Solskjær vom Helden zum Krisenmanager
Eine endgültige Antwort darauf gibt es nicht, eine schmerzhafte Landung auf dem Hosenboden sind die vergangenen Wochen allemal. Vor allem für Solskjær, ist der 46-Jährige doch selbst Zeitzeuge aus sehr viel besseren Tagen. Von 1996 bis 2007 spielte der Norweger für Manchester, es war eine unfassbar ertragreiche Zeit.
/origin-imgresizer.eurosport.com/2019/09/27/2684991-55522130-2560-1440.png)
Ole Gunnar Solskjaer
Fotocredit: Getty Images
Die Krönung fand am 26. Mai 1999 in Barcelona statt, als United den FC Bayern im Champions-League-Finale dank zweier Tore in der Nachspielzeit mit 2:1 in die Knie zwang. Solskjær selbst gelang der Siegtreffer. Heute ist er nicht mehr als Held gefragt, sondern als Krisenmanager seines Klubs.
Viele Experten in England glauben, dass er seinen Posten räumen muss, wenn er am kommenden Wochenende das Liga-Heimspiel gegen den aktuellen Tabellenführer FC Liverpool (Sonntag ab 17:30 Uhr im Liveticker bei Eurosport.de) verliert.
Solskjær-Nachfolger werden schon gehandelt
Mit Massimiliano Allegri, Arsène Wenger und Mauricio Pochettino gibt es laut Medienberichten in Italien und England gleich drei prominente Kandidaten für die Nachfolge. Allegri, so heißt es in der "Sun", sie sogar schon dabei, englisch zu lernen.
Aber: Ist die Talfahrt überhaupt Solskjær anzukreiden, ist der Trainer verantwortlich für die blutleeren Vorstellungen, die fürchterliche Ausbeute von nur neun Toren in acht Partien? Nein, sagt Eurosport-Experte Paul Parker, der von 1991 bis 1996 selbst das teuflische Trikot des Traditionsklubs aus Manchester trug:
Parker zufolge ist die Misere vielmehr den Spielern anzulasten, der Vereinsführung - und auch José Mourinho. "Ich habe damals gesagt, dass der Verein Mourinho entlassen sollte, weil er viele Spieler niedergemacht hat - in der Hoffnung, dass dies die anderen im Kader dazu motivieren würde, genau dem zu entgehen."
Mourinhos autoritärer Stil habe alle Bereiche des Klubs auf negative Art durchdrungen, von den Profis bis zu den Büroangestellten.
"Manchester United ist wie ein Haus ohne Dach"
Parker geht sogar soweit, davon zu sprechen, dass der Portugiese das Team von Manchester United "zerstört" habe. Die Ära Mourinho im Old Trafford endete letztlich damit, dass der Rekordmeister den Portugiesen im Dezember 2018 entließ. Die Nachfolge trat Solskjær an, zunächst auf Interimsbasis, ab März 2019 als Chefcoach.
Mit 32 von möglichen 36 Punkten aus den ersten zwölf Partien legte der Skandinavier den besten Start hin, der jemals einem Trainer mit seinem Team in der Liga gelang. "Ole hat sein Bestes getan, um alle wieder zusammenzubringen. Der Feel-Good-Faktor kehrte ein wenig zurück", sagt Parker.
Doch auch das helfe nur bedingt, da die Klub-Bosse keinem klaren Plan folgen würden, um United wieder auf die Beine zu bringen: "Manchester United ist wie ein Haus ohne Dach. Die Leute, die die Verantwortung haben, kümmern sich nicht richtig darum. Nun ist Wind aufgekommen und das Haus fängt an zu wackeln."
Gründe für die Misere? De Gea ratlos
Nichtsdestotrotz hat Solskjær einen qualitativ hochwertig besetzten Kader und es ist ein Rätsel, weshalb sich mit Ausnahmekickern wie Paul Pogba, Anthony Martial oder Marcus Rashford derzeit kein Erfolg einstellen will.
/origin-imgresizer.eurosport.com/2019/10/15/2696768-55757670-2560-1440.jpg)
David de Gea (Manchester United)
Fotocredit: Getty Images
Selbst Torhüter David de Gea tut sich schwer, die Probleme zu benennen. Nach der jüngsten 0:1-Pleite in der Premier League bei Newcastle United bekannte der Spanier im "Sky Sports"-Interview:
Solskjær bemühte sich unterdessen, seinen Profis moralisch den Rücken zu stärken: "Diese Jungs geben alles für dieses Trikot, aber wir haben jetzt eine schwere Aufgabe vor uns, um in die Top 6, geschweige denn die Top 4 zu kommen."
Parker bemängelt fehlenden Teamgeist
Parker wiederum spricht den United-Stars ab, dass sie alles geben. Es fehle an Teamgeist, nicht die Mannschaft stehe im Vordergrund, sondern persönliche Ziele und Belange. Der 55-Jährige fällt ein hartes Urteil:
Daneben sehen die britischen Medien auch taktische Defizite als Ursache für die Krise. Rashford etwa, fordert die "Sun", müsse viel häufiger auf Linksaußen agieren und nicht in der zentralen Spitze, wie von Solskjær bevorzugt.
Dennoch ist der 21-Jährige mit drei Treffern und zwei Assists noch der gefährlichste Mann einer insgesamt harmlosen United-Offensive.
Can und Mandzukic im Visier?
Wesentlich mehr Kritik zieht Kollege Pogba auf sich. Der Franzose kam 2016 für die damalige Rekordablöse von 105 Millionen Euro von Juventus Turin, kann in dieser Saison aber nicht überzeugen und wartet noch auf den ersten Torerfolg in der Meisterschaft.
Kein Wunder, dass der Verein sich die Frage gefallen lassen muss, ob der Verkauf der beiden Offensiv-Stars Romelu Lukaku und Alexis Sánchez im Sommer wirklich eine gute Idee war? Beide heuerten bei Juventus Turin an. Solskjær hat dazu eine klare Meinung und erklärte gegenüber "Sky Sports":
Unabhängig davon arbeitet man in Manchester hinter den Kulissen offenbar bereits daran, einen Umbruch herbeizuführen. Im Winter sollen erste Neuzugänge verpflichtet werden.
Die Juventus-Profis Emre Can und Mario Mandzukic gelten ebenso als Kandidaten wie das Leicester-Duo James Maddison und Ben Chilwell. Glaubt man dem Portal "The Athletic" hat United sogar sogenannte "spying firms" (Spionagefirmen) beauftragt, die potenzielle Transfers auf Schwachstellen abklopfen sollen.
Ohne de Gea und Pogba gegen Liverpool
Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass eine gewisse Hilflosigkeit herrscht bei den Roten. Da passt es ins Bild, dass Keeper de Gea vor dem Clash mit Liverpool angeschlagen ist und die Partie verpassen wird.
Der 28-Jährige musste in der 60. Minute des EM-Qualifikationsspiels gegen Schweden (1:1) mit Schmerzen im Abduktionsmuskel ausgewechselt werden.
Eine weitere Hiobsbotschaft für Solskjær, denn die Abwehr - acht Gegentore in neun Partien - ist so ziemlich das Einzige, was bei den "Red Devils" in dieser Premier-League-Saison funktioniert. Überdies fehlt auch Pogba, der seit längerem mit einer Knöchelblessur kämpft, verletzungsbedingt.
Nein, Ole Gunnar Solskjær ist nicht zu beneiden im Moment - und es war allen Beteiligten wohl noch nie so deutlich wie jetzt, wie groß diese "footsteps of greatness" in Manchester wirklich sind...
Ähnliche Themen
Werbung
Werbung
/origin-imgresizer.eurosport.com/2024/12/22/image-98b602cb-ae46-4c06-8857-c6197f655aaf-68-310-310.jpeg)